Das dritte Jahr in Folge ohne Wirtschaftswachstum?
Kein Wachstum im Frühjahr erwartet: Zollstreit bremst – Bundesbank erwartet Stagnation
Zum Jahresauftakt gab es für die deutsche Wirtschaft einen kleinen Lichtblick. Doch das Strohfeuer könnte bereits wieder erloschen sein: Die Bundesbank erwartet für das zweite Quartal Stagnation.

Der deutsche Maschinenbau hat weltweit einen exzellenten Ruf.
Foto: Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild/dpa
Nach einem Mini-Wachstum zu Jahresbeginn sieht die Bundesbank Deutschland vor schwierigen Zeiten. „Im zweiten Quartal könnte die deutsche Wirtschaft in etwa auf der Stelle treten“, prognostiziert die Notenbank in ihrem jüngsten Monatsbericht. „Vielfältige Belastungsfaktoren bestehen fort, und mit der verschärften Zollpolitik der US-Regierung kommt zusätzlicher Gegenwind hinzu.“
Doch es gibt Hoffnungsschimmer: Die Stimmung in der heimischen Wirtschaft hat sich im Mai verbessert. Das Ifo-Geschäftsklima legte den fünften Monat in Folge zu und erreichte mit 87,5 Punkten den höchsten Wert seit Juni 2024.
„Die zuletzt stark gestiegene Unsicherheit unter den Unternehmen hat etwas abgenommen“, ordnete Ifo-Präsident Clemens Fuest das Ergebnis der jüngsten Umfrage seines Instituts unter etwa 9.000 Unternehmen ein. „Die deutsche Wirtschaft fasst langsam wieder Tritt.“
Nach Einschätzung von Christoph Swonke, Analyst bei der DZ Bank, verbesserte sich die Stimmung der Unternehmen auch durch „die Aussichten auf eine stärkere Staatsnachfrage aufgrund des Infrastrukturpakets und der höheren Verteidigungsausgaben den Geschäftserwartungen Auftrieb gegeben haben“. Bis die Investitionen wirken, werde es allerdings noch dauern.
Das dritte Jahr in Folge ohne Wirtschaftswachstum?
Höhere Zölle auf Einfuhren in die USA sind eine zusätzliche Belastung für Deutschlands Exporteure, die aktuell mit schwacher Nachfrage auf den Weltmärkten zu kämpfen haben. Das Erstarken des Euro infolge der US-Handelspolitik verteuert zudem Produkte von Firmen aus dem Euroraum auf den Weltmärkten tendenziell.
Das könnte in der Folge die Ausfuhren von Waren „Made in Germany“ und damit das hiesige Wirtschaftswachstum dämpfen.
Im ersten Quartal ist die deutsche Wirtschaft einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes zufolge um 0,2 Prozent zum Vorquartal gewachsen. Morgen veröffentlichen die Wiesbadener Statistiker Details. Etliche Prognosen gehen für das Gesamtjahr 2025 von einer Stagnation der deutschen Wirtschaft aus. Es wäre das dritte Jahr in Folge ohne Wirtschaftswachstum.
Planungsunsicherheit und Zurückhaltung bei Investitionen
Nach Einschätzung der Bundesbank könnten die Bauinvestitionen in Deutschland im Frühjahr stagnieren, die Nachfrage nach Bauleistungen sei „noch nicht so gefestigt, dass schon kurzfristig Impulse zu erwarten“ seien.
Dagegen könnte im zweiten Quartal wie in den ersten Monaten des Jahres der private Konsum für etwas Auftrieb sorgen, so die Bundesbank-Volkswirte. Jüngsten Umfragen zufolge hat sich Verbraucherstimmung zuletzt aufgehellt.
Impulse für die Konjunktur – voraussichtlich jedoch erst ab 2026 – erwartet die Bundesbank durch geplante Maßnahmen der neuen Bundesregierung: geringere Energiekosten und Unternehmenssteuern, flexibleres Arbeitsrecht, weniger Bürokratie.
„Aufgrund der relativ guten Ausgangslage der Staatsfinanzen sind vorübergehend deutlich höhere Defizite gut zu verkraften“, bekräftigt die Bundesbank. Bund und Länder sollten sich jedoch darauf einstellen, dass die gesamtstaatlichen Defizite im weiteren Verlauf wieder erheblich sinken müssen.
Stimmung der Unternehmen hellt sich etwas auf
Unternehmen in Deutschland haben optimistischere Erwartungen an die Zukunft, während die Firmen mit der aktuellen Lage weniger zufrieden waren, wie das Münchner Ifo-Institut am Donnerstag mitteilte. Der Index für das Geschäftsklima kletterte von 86,9 Punkten im April auf 87,5 Punkte im Mai.
Die aktuelle Lage bewerteten Unternehmen mit 86,1 Punkten allerdings 0,3 Punkte schlechter als im Vormonat. Die Erwartungen stiegen um 1,5 Punkte auf 88,9 Punkte.
„Die gestiegene Bereitschaft der USA, Kompromisse einzugehen, ist vermutlich der Grund hinter der Verbesserung der Erwartungen“, erklärte Dirk Schumacher, Chefvolkswirt der staatlichen Förderbank KfW.
Auch laut dem ING-Analysten Carsten Brzeski werden die negativen Aussichten des Zollstreits kurzfristig weiter die positiven Aspekte des Sondervermögens überwiegen.
Hoffnung in wichtigen Branchen
Im Verarbeitenden Gewerbe stieg der Index nach einem Rückschritt im Vormonat wieder deutlich an. Die Firmen „korrigierten insbesondere die Erwartungen merklich nach oben“, wie das Ifo mitteilte. Aber auch ihre aktuelle Lage bewerteten die Firmen besser. Besonders stark war der Aufschwung in der Nahrungsmittelindustrie.
Im Bereich der Dienstleistungen setzte sich der Trend des Aprils insgesamt fort. Die Firmen bewerteten ihre aktuelle Lage etwas schlechter, die Erwartungen aber stiegen an. Auch im Handelsbereich und im Bauhauptgewerbe war die Stimmung besser – dort legten beide Teilbereiche des Index jeweils zu.
Der Maschinenbau wertet die jüngsten Exportdaten der Branche als Zeichen für eine Stabilisierung: Im März lagen die Ausfuhren nominal mit 17,9 Milliarden Euro um 1,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Die Branche hatte zuvor bereits von steigenden Auftragszahlen berichtet.
„Der März lässt hoffen, dass sich der Abwärtstrend etwas abschwächt – von Entwarnung kann aber keine Rede sein“, kommentierte der Chefvolkswirt des Branchenverbandes VDMA, Johannes Gernandt. (dpa/afp/red)
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