Medienboykott gegen die AfD: Wie Talkshows ihren Auftrag verfehlen

Im Jahr 2022 hatten AfD-Politiker nur zweimal die Chance, ihre Positionen in öffentlich-rechtlichen Talkshows kundzutun. Dieses Jahr bisher noch kein einziges Mal. Deutlich unterrepräsentiert – gemessen an den aktuellen Umfragewerten.
Die Bundessprecher Tino Chrupalla und Alice Weidel feiern zehn Jahre AfD.
Deutlich unterrepräsentiert in deutschen Talkshows: Die AfD-Politiker Tino Chrupalla und Alice Weidel. Doch die Umfrageergebnisse sind hoch.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 11. April 2023

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Die öffentlich-rechtlichen Talkshows wie Markus Lanz, Sandra Maischberger und Maybrit Illner bevorzugen bestimmte politische Parteien mehr als andere. Das ergab eine Datenanalyse der „Jungen Freiheit“.

So haben die Sendungen von ARD und ZDF auch im ersten Quartal 2023 systematisch die AfD ausgeschlossen – trotz eines 10,3-Prozent-Ergebnisses bei der Bundestagswahl. Bei vielen Umfragen in den vergangenen Monaten erzielte die Partei teilweise deutlich bessere Ergebnisse.

Die anderen im Bundestag vertretenen Parteien erhielten von Januar bis März von Lanz, Maischberger, Illner und Co. insgesamt 137 Auftritte. Besonders die Grünen und die Linken waren im Vergleich zu ihrem letzten Wahlergebnis deutlich überrepräsentiert.

AfD: „Boykott ist ungeheuerlich“

Die „Junge Freiheit“ sprach nach der Analyse mit der AfD-Chefin Alice Weidel. Sie bezeichnete diesen „gezielten und fortgesetzten Boykott der zweitstärksten Oppositionspartei [nach CDU/CSU] in Deutschland“ als „ungeheuerlich“. Die öffentlich-rechtlichen Sender seien zur politischen Neutralität und Ausgewogenheit verpflichtet.

Die AfD ist in allen deutschen Parlamenten vertreten. Laut aktuellen Umfragen erreicht die Alternative für Deutschland 14 bis 17 Prozent der Stimmen. Ihre Partei unter diesen Umständen derart auszugrenzen, sei laut Weidel ein „manipulativer Eingriff in die politische Meinungsbildung der Zuschauer“.

Als gravierendes Beispiel nennt Weidel die ARD-Sendung „Hart aber fair“. Der mit der „Fridays For Future“-Ikone Luisa Neubauer liierte Louis Klamroth übernahm die Sendung ab Januar dieses Jahres.

Seitdem sei laut der AfD-Chefin kein einziger AfD-Politiker dort eingeladen worden. Dafür trat in jeder zweiten Folge ein Vertreter der Linken auf. Also „eine Partei, die nicht einmal mit halb so vielen Abgeordneten im Bundestag vertreten ist wie die Alternative für Deutschland und die in den Umfragen mit der Fünf-Prozent-Hürde kämpft“, stellte Weidel fest.

Die AfD sieht dies als Ungleichbehandlung ihrer Partei, als einen Angriff auf die „Chancengleichheit im parteipolitischen Wettbewerb“, aber auch auf die „demokratische Kultur“ im Land.

AfD

137 Parteiauftritte in deutschen Talkshows im 1. Quartal 2023. Foto: mf/Epoch Times, Daten: Junge Freiheit

Journalistischer Auftrag

Politische Talkshows haben einen journalistischen Auftrag: eine öffentliche Debatte fördern, politische Themen und Entwicklungen diskutieren. Die Moderatoren sollen die Gäste dazu anregen, ihre Meinungen zu äußern und zu begründen, sowie kritische Fragen zu stellen, um eine tiefere Analyse der Themen zu ermöglichen.

Ihr Ziel soll es sein, den Zuschauern ein breiteres Verständnis für politische Ereignisse und Perspektiven zu vermitteln, kontroverse Standpunkte abzuwägen und einen Austausch darüber zu fördern.

Eine weitere wichtige Funktion politischer Talkshows ist es, Politikern verschiedener Parteien die Gelegenheit zu geben, ihre Standpunkte und Pläne zu präsentieren und sich kritischen Fragen und Herausforderungen durch andere Gäste zu stellen.

Dabei sollte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen verschiedenen politischen Meinungen und Positionen gewahrt werden. Es ist wichtig, dass politische Talkshows eine breite Meinungsvielfalt präsentieren und ausgewogene Debatten führen, unabhängig von der politischen Orientierung der Gäste.

Im vergangenen Jahr luden die Politik-Talkshows laut „De24Live“ insgesamt 463 Mal Politiker der im Bundestag vertretenden Parteien ein. Davon entfielen 125 auf CDU und CSU, 129 auf die SPD, 100 auf die Grünen, 73 auf die FDP, 34 auf die Linkspartei und gerade einmal 2 auf die AfD.

Tino Chrupalla durfte laut „Weltwoche“ einmal zu Markus Lanz ins ZDF, ebenfalls im letzten Jahr gastierte Alice Weidel einmal bei Maischberger im Ersten. Das waren die einzigen Auftritte von AfD-Politikern in öffentlich-rechtlichen Talkshows seit der Bundestagswahl im September 2021. Eine repräsentative Verteilung sieht anders aus.

Warum Talkshows die AfD meiden

Es gibt mehrere Gründe, warum AfD-Politiker in Talkshows selten vertreten sind. Die AfD wird von vielen für ihre Aussagen und Forderungen kritisiert, die als rassistisch, nationalistisch oder menschenfeindlich betrachtet werden.

Bei näherer Betrachtung stehen sie jedoch lediglich der Politik der Bundesregierung sehr kritisch gegenüber. Das zeigte sich bei mehreren aktuellen Themen. Einige Talkshow-Moderatoren und Redaktionen haben sich deshalb dazu entschieden, AfD-Politiker weitestgehend auszuschließen.

Ein weiterer Faktor ist für manche der impulsive Auftritts-Stil mancher AfD-Politiker, der häufig provokative Aussagen enthält. Dies kann für Moderatoren und andere Gäste unangenehm sein und dazu führen, dass AfD-Politiker seltener eingeladen werden.

Beispielsweise sagte Maybrit Illner laut „Turi2“ kürzlich, dass sie in ihrer Talkshow „immer auf der Suche nach besten Lösungen für ein Problem“ ist. „Da ist die Position ‚es gibt das Problem gar nicht!‘ eher nicht hilfreich.“

Sie kündigte an, künftig auch die AfD wieder in ihre Sendung einzuladen, „wenn es Sinn macht“. Eine „unproduktive Debatte, wer wann was gesagt hat und von wem widerlegt wurde“, will sie jedoch vermeiden.

Die „Rheinische Post“ bezeichnete das Verhalten der Talkshows kürzlich als „Cancel Culture im Fernsehen“. Laut der Redakteurin Julia Rathke solle die AfD trotz anderer Meinungen dennoch in Talkshows zu Wort kommen. Immerhin habe beim Thema Corona eine laute Mehrheit der AfD deutliche Kritik an staatlich verfügten Corona-Einschränkungen geübt – und damit auch die Kritik eines Teils der Bevölkerung vertreten. Ähnlich sieht es nun auch beim Ukraine-Krieg aus.



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