DEB-Generalsekretär und Sportdirektor Franz Reindl zieht Bilanz

Sportdirektor Reindl will mit der WM 2010 den Zuschauern in Deutschland Eishockey der Spitzenklasse präsentieren und mit dem Team eine couragierte und engagierte Leistung zeigen, um die Menschen zu begeistern.
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Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images
Von 11. Januar 2010

Nach Ablauf des vergangenen Jahres, vor allem nach der erfolgreichen IIHF U20 Division I-Weltmeisterschaft, blickt der Generalsekretär und Sportdirektor des Deutschen Eishockey Bundes, Franz Reindl, noch einmal in einem Interview zurück.

Epoch Times: Herr Reindl, welches Resümee ziehen Sie für das Jahr 2009?

Reindl: Alles, was wir 2009 an Höhen und Tiefen erlebt haben, wurde durch den tragischen Tod unseres Nationaltorhüters Robert Müller überschattet, der uns alle tief getroffen und mit großer Trauer erfüllt hat. Sportlich gesehen war es für den DEB insgesamt ein sehr lehrreiches Jahr.

Das 1. Halbjahr war, bis auf die enorm wichtige und erfolgreiche Olympiaqualifikation der Herren-Nationalmannschaft, überwiegend negativ. Die Frauen haben sich nicht für Olympia qualifiziert, die U20 ist abgestiegen und die Nationalmannschaft hatte eine schlechte WM 2009.

Das 2. Halbjahr wiederum brachte mit dem unerwarteten Gewinn des Deutschland Cup in München und dem souveränen, sofortigen Wiederaufstieg unserer U20-Nationalmannschaft, aber auch mit einer neuformierten Frauen-Nationalmannschaft eine absolut positive Trendwende für den Deutschen Eishockey-Bund.

Bei den Herren haben wir somit, was die Nationalmannschaft betrifft, im Anschluss an die erfolgreichen WM-Teilnahmen 2006, 2007 und 2008, im Februar 2009 unser großes Ziel des Jahres, die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2010 in Vancouver, erreicht.

Im November haben wir den Deutschland Cup in München gewonnen, das war nach der nicht so erfreulichen WM 2009 für viele sehr unerwartet. 2009 war sportlich und emotional eine Achterbahnfahrt, allerdings alles innerhalb eines langfristigen Aufwärtstrends.

Epoch Times: Sie haben es angesprochen, die WM 2009 war wohl der Tiefpunkt des Jahres für Sie.

Reindl: Ja, das war ein Rückschlag für uns, der so nicht zu erwarten war. Nach dieser Enttäuschung sind wir aber nicht in Panik verfallen, sondern haben nach internen Analysen und Diskussionen an unserem Trainerteam festgehalten und unseren Mehrjahresplan nicht aus den Augen verloren.

Marco Sturm (r.) von der Deutschen Nationalmannschaft hier in Aktion mit dem japanischen Torwart Naoya Kikuchi während der IIHF-Weltmeisterschaft.Marco Sturm (r.) von der Deutschen Nationalmannschaft hier in Aktion mit dem japanischen Torwart Naoya Kikuchi während der IIHF-Weltmeisterschaft.Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Wir haben uns selber aus dem zwischenzeitlichen Tief gezogen und uns nicht von der Kritik, die von allen Seiten einschlug, aus der Bahn werfen lassen. Dass wir auf dem richtigen Weg waren und sind, hat zuletzt der Deutschland Cup gezeigt. Ein anderes Beispiel ist die Tatsache, dass derzeit elf deutsche Spieler einen NHL-Vertrag haben und in Nordamerika spielen.

Epoch Times: Das Jahr 2009 war für die Nachwuchsmannschaften nicht erfolgreich, die U20 und U18 Auswahlmannschaften waren in die Division I abgestiegen…

Reindl: Auf den ersten Blick wirkt das natürlich hart, insbesondere weil alles zusammen kam. Man muss das aber differenziert betrachten. Die U20-Nationalmannschaft ist seit Jahren eine sogenannte Fahrstuhlmannschaft und stark abhängig von den Spielstärken der entsprechenden Jahrgänge. Die Ergebnisse gegen die großen Eishockeynationen werden von Jahr zu Jahr besser.

Inzwischen ist die U20 wieder in die Eliteklasse aufgestiegen und wir hoffen, bei der kommenden WM den Erhalt in der Top Division zu schaffen. Der beeindruckende und souveräne Aufstieg der U20-Auswahl vor ein paar Wochen war ein großer Schritt für uns.

Im Weltkonzert bewegen wir uns hier in etwa auf Platz 9, also besser als die Nationalmannschaft. Unsere U18-Auswahl hat in den vergangenen acht Jahren Top-Ergebnisse erzielt und Mannschaften wie die Slowakei oder die Tschechische Republik hinter sich gelassen, die ihrerseits den Gang in die Zweitklassigkeit antreten mussten.

Der Abstieg heuer war sehr, sehr unglücklich. Im Weltniveau bewegen wir uns hier um Platz 6, das ist ausgezeichnet. Man muss auch beachten, dass an den Nachwuchs-Weltmeisterschaften nur zehn Teams teilnehmen und der Spielmodus ein anderer ist – man muss zu den besten acht Mannschaften der Welt gehören, um nicht abzusteigen, d. h. 20 Prozent der Teilnehmer steigen jeweils ab. Die Leistungsdichte an der Spitze ist insgesamt extrem hoch.

Epoch Times: Bei der Frauen-Nationalmannschaft findet nach der verpassten Qualifikation für Olympia 2010 auch ein ziemlicher Umbruch statt.

Reindl: Bei den Frauen haben wir einen radikalen Schnitt gemacht und neue Ziele gesetzt. Wir bauen auf unsere jungen Nachwuchstalente aus der U18-Mannschaft und führen diese sehr früh in die A-Mannschaft ein. Das langfristige Ziel ist, mit der neuen jungen Generation die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2014 in Sotschi zu schaffen. Die ersten positiven Ergebnisse haben wir früher als erwartet bereits dieses Jahr erzielt mit Siegen gegen die Mannschaften aus der Slowakei, der Schweiz und China, die allesamt in Vancouver mitspielen.

Epoch Times: Welche Ziele haben Sie für das Jahr 2010?

Reindl: Im Februar kommt das erste sportliche Highlight für die Herren-Nationalmannschaft, die Olympischen Spiele in Vancouver. Wir sind in unserer Gruppe mit Schweden, Finnland und Weißrussland sicherlich der Außenseiter, aber wir können in Kanada unbeschwert spielen und durch gute, kämpferische Leistungen vielleicht eine Überraschung schaffen und vor allem Werbung für das nächste anstehende Top-Event machen, die IIHF-Weltmeisterschaft 2010 in Deutschland. Davor hat die U18-Nationalmannschaft im April bei der Division I-Weltmeisterschaft als klar gestecktes Ziel den Wiederaufstieg in die Top Division.

Epoch Times: Was erwarten Sie sich speziell von der IIHF-Weltmeisterschaft in Deutschland?

Reindl: Mit dem Eröffnungsspiel vor der Weltrekordkulisse von über 76.000 Zuschauern in der Arena auf Schalke werden wir Eishockey in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses holen, das wird ein großartiges Erlebnis.

Dazu möchten wir in den international herausragenden Spielorten Köln und Mannheim den Zuschauern Eishockey der Spitzenklasse präsentieren und mit unserem Team eine couragierte und engagierte Leistung zeigen, um die Menschen zu begeistern. Wir wollen bei der WM natürlich auch etwas reißen, wie man so schön sagt. Ich bin überzeugt, dass wir 2010 den Trend der letzten Monate weiterführen werden.

Epoch Times: Haben Sie sonst noch weitere Wünsche?

Reindl: Ich wünsche mir, dass die Institutionen des deutschen Eishockeys – DEB, DEL, ESBG und Landeseissportverbände in Zukunft noch enger zusammenarbeiten und ein gemeinsames, übergeordnetes Ziel verfolgen: die Förderung des nationalen Eishockeysports. Dies ist eine besondere Herausforderung für unser Präsidium mit Uwe Harnos an der Spitze.

Wir haben 2009 zusammen einiges erreichen können, ein positives Beispiel war etwa die kurzfristige Zusage der ESBG zur Ausführung des DEB-Pokals, um die U20-Nationalmannschaft besser auf die Division I-WM vorbereiten zu können. Das hat sich im Nachhinein als eine wichtige Maßnahme für den geglückten Wiederaufstieg herausgestellt.

Es gibt aber sicherlich noch vieles, was verbessert werden kann und muss. Dennoch blicke ich positiv in die unmittelbare Zukunft. Ich wünsche allen ein gutes Jahr 2010, das in jeglicher Hinsicht ein großartiges Jahr für das gesamte deutsche Eishockey werden möge.

Das Interview führte Steffen Andritzke

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images


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