Auto-Gipfel: VW-Chef Blume warnt vor Scheitern der E-Auto-Ziele der Regierung

E-Autos müssen billiger werden, die Ladepunkte fehlen und die Energiekosten für die Hersteller sind zu hoch. Kanzler Scholz lädt zum Gipfeltreffen ins Kanzleramt.
Ein Elektroauto an einer Schnellladesäule: Die Reparatur von E-Autos ist deutlich teurer als von Verbrenneraustos.
Ein Elektroauto an einer Schnellladesäule. Nicht nur E-Autos, sondern auch ihre Reparatur ist deutlich teurer als von Verbrennerautos.Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Epoch Times27. November 2023

Volkswagen-Konzernchef Oliver Blume hat vor dem Auto-Gipfel im Kanzleramt vor einem Scheitern der Elektroauto-Ziele der Bundesregierung gewarnt.  „Der Hochlauf der Elektromobilität in Deutschland und Europa geht langsamer, als es noch vor einigen Jahren erwartet wurde“, sagte der VW-Vorstandsvorsitzende der „Augsburger Allgemeinen“ vom Montag.

Verantwortlich für die Entwicklung seien vor allem schlechtere Rahmenbedingungen wie der hohe Strompreis, ausgelaufene Kaufanreize und fehlende Ladesäulen.

Die Ladesäulen fehlen

„Wir brauchen eine besser ausgebaute Ladeinfrastruktur, vor allem in den Städten“, sagte Blume. Gerade dort lebten viele potenzielle Kunden, die keine private Ladestation betreiben könnten. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur müsse deshalb eine „Gemeinschaftsaufgabe für Politik und Wirtschaft“ sein.

Angesichts der Haushaltslage des Bundes forderte Blume die Regierung auf, die Förderpolitik zu überdenken: „Es ist nicht zwingend nötig, in bestehende Finanztöpfe zu greifen. Mit intelligenten Steueranreizen lässt sich viel erreichen.“

Auch Opel-Chef Florian Huettl forderte in der „Augsburger Allgemeinen“ eine deutliche Beschleunigung des Ladenetz-Ausbaus. „Um das Ziel der Bundesregierung von einer Million öffentlich zugänglichen Ladepunkten bis 2030 zu erreichen, brauchen wir zehnmal mehr neue Ladepunkte“, sagte Huettl. „Gerade in vielen ländlichen Gemeinden sowie für ‚Laternenparker‘ in Städten besteht ein großer Nachholbedarf“, erklärte der Opel-Chef. Hier müssten sich Bund, Länder und Kommunen einbringen.

Auch die Ladekosten sind laut des Chefs des Rüsselsheimer Autobauers entscheidend für den Umstieg auf Batterieautos. „Strom an Ladepunkten muss bezahlbar sein“, mahnte Huettl. „Die Hersteller investieren bereits massiv in die Elektromobilität, daher warne ich vor weiteren Belastungen unserer Industrie“, betonte er. „Wir stehen mit unseren Standorten in einem internationalen Wettbewerb – Deutschland und Europa drohen dabei den Anschluss zu verlieren.“

Strompreise: „Wir sind global nicht wettbewerbsfähig“

VW-Chef Blume forderte auch wettbewerbsfähige Strompreise für die Autobauer. „Wichtige Industrien in Deutschland wie die Chemie oder die Stahlerzeugung brauchen wirtschaftliche Energiepreise“, betonte er. „Aktuell sind wir hier im globalen Maßstab nicht wettbewerbsfähig“, warnte Blume. Der VW-Chef sprach dafür aus, „den Energiepreis als Impuls kurzfristig durch politische Maßnahmen abzusenken“.

Auf lange Sicht brauche es ein durchdachtes Konzept, die Kosten der Herstellung nachhaltig zu senken. „Kein Staat kann es sich leisten, auf Dauer einen Industriestrompreis zu subventionieren“, betonte Blume.

Verkehrsminister kontert

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sieht beim Ausbau der Elektromobilität auch die Autoindustrie in der Pflicht. „Dazu brauchen wir eine engagierte Automobilindustrie, die mit uns an einem Strang zieht und neben der Auslieferung von E-Fahrzeugen auch einen Beitrag zum vorausschauenden Ausbau der Ladeinfrastruktur leistet“, sagte Wissing vor dem Auto-Gipfel im Bundeskanzleramt am Montag dem „Handelsblatt“.

„Aktuell sind in Deutschland rund 100.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte in Betrieb. Das sind doppelt so viele wie noch vor zwei Jahren“, sagte Wissing. Auch sei die insgesamt abrufbare Ladeleistung von zwei auf 4,3 Gigawatt gestiegen. „Bereits im September haben wir den Aufbau des Deutschlandnetzes mit rund 9000 neuen Ultra-Schnellladepunkten gestartet. Noch im Dezember eröffnet der erste neue Standort“, sagte der Minister.

Kaum E-Autos für unter 30.000 Euro

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will heute mit der Autobranche über den weiteren Ausbau der Elektromobilität auf deutschen Straßen beraten. Zu dem Spitzentreffen in Berlin werden Vertreter von Herstellern und Zulieferern, Gewerkschaften und Betriebsräten sowie auch von Energiebranche, Wissenschaft und Umweltverbänden erwartet. Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung kritisiert, dass die Transportwirtschaft nicht ins Kanzleramt eingeladen worden sei. Ein Drittel des Kohlendioxidausstoßes im Verkehr werde so ausgeblendet.

Thema des Austauschs soll sein, wie das Ziel von 15 Millionen Elektro-Pkw bis 2030 zu erreichen und ein weiterer Markthochlauf batteriegetriebener Modelle zu unterstützen ist.

Die Bundesregierung hatte deutlich gemacht, dass E-Fahrzeuge konkurrenzfähig sein und den Durchbruch auf dem Markt schaffen sollten. Im Blick stehen dafür auch die Reichweiten und günstigere Preise. Derzeit sind in Deutschland gut eine Million reine Elektro-Autos zugelassen – bei insgesamt mehr als 48 Millionen Pkw.

Viele hielten sich bei E-Autos noch zurück, erläuterte der ADAC. „Unsicherheiten über schwankende Strompreise, kaum bezahlbare Fahrzeuge, lange Lieferzeiten und teils fehlende Lademöglichkeiten tragen dazu bei.“ In Deutschland bekomme die Kundschaft nur drei Modelle für weniger als 30.000 Euro, kritisierte der Club.

Wer ein reines E-Auto für die private Nutzung kauft oder least, kann einen Umweltbonus von Staat und Herstellern bekommen. Dieses Jahr beträgt die Förderung noch bis zu 6.750 Euro, nächstes Jahr bis zu 4.500 Euro. Der ADAC rief dazu auf, die Förderung trotz Haushaltslücken fortzusetzen.

Das Wirtschaftsministerium wies unterdessen darauf hin, dass sich der Markt am Ende natürlich selbst tragen müsse. Staatliche Kaufprämien als Anschubfinanzierung seien immer so konzipiert worden, dass sie allmählich auslaufen.

Klimazuschlag für Verbrenner?

Der Präsident des Umweltbundesamts (UBA), Dirk Messner, sprach sich für eine Reform der Kfz-Steuer aus. „Klimaschädliche Pkw sollten künftig bei der Neuzulassung mit einem Klimazuschlag belegt werden. Dadurch werden klimaschonende Pkw attraktiver“, sagte Messner am Wochenende dpa. „Das eingenommene Geld kann beispielsweise für Kaufprämien für E-Pkw eingesetzt werden und muss dann nicht aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen.“

Hilfreich wäre dem UBA-Chef zufolge auch, das private Fahren mit dem Dienstwagen nicht mehr steuerlich zu begünstigen. „Auch das Dieselprivileg, also die steuerliche Bevorzugung von Diesel, sollte fallen.“

Für 15 Millionen E-Autos bis 2030 sei eine „Kraftanstrengung“ notwendig, erklärte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Doch diese lohne sich. „Wenn wir die Klimaziele im Verkehrssektor nicht schaffen, wird es teuer.“ Dann müsse Deutschland auf EU-Ebene Verschmutzungsrechte nachkaufen. „Das kann schnell in die Milliarden gehen.“

Das Treffen wird von der aktuellen Haushaltskrise infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds überschattet. Sowohl Zuschüsse zum Kauf von E-Autos als auch Unternehmenshilfen etwa beim Strompreis oder für die Ansiedelung von Chip-Fabriken stehen auf der Kippe. (afp/dpa/ks)



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