Grundsteuer-Urteil: Eigentümer haben wenig Chancen auf Anfechtung
Der Bundesfinanzhof hat die Neuregelung der Grundsteuer bestätigt – und damit die Erfolgsaussichten von Eigentümern stark geschmälert, gegen angesetzte Grundsteuerwerte vorzugehen. Pauschale Bodenrichtwerte und Nettokaltmieten bleiben zulässig, auch wenn sie im Einzelfall zu deutlichen Abweichungen führen.

Der Bundesfinanzhof sieht keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Archivbild)
Foto: Peter Kneffel/dpa
In Kürze:
- BFH bestätigt Pauschalwerte bei Mieten und Bodenrichtwerten.
- Typisierung im Massenverfahren ausdrücklich erlaubt
- Konsequenzen für Eigentümer: Anfechtungen kaum noch aussichtsreich
- Kommunale Hebesätze entscheiden über die tatsächliche Belastung.
Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Neufassung der Grundsteuer hat die Aussichten von Grundeigentümern gemindert, erfolgreich den für ihre Immobilien angenommenen Grundsteuerwert anzufechten. Am Mittwoch, 10.12., hatte der Bundesfinanzhof in drei anhängigen Fällen die Urteile der Finanzgerichte bestätigt, gegen die Grundstückseigentümer diese angerufen hatten.
In allen Verfahren lautete das Urteil des zuständigen BFH-Senats, dass die angefochtenen Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwerts zum 1. Januar 2022 rechtmäßig seien. Eine Verletzung der Kläger in ihren Rechten habe nicht stattgefunden. Die mündliche Verhandlung zu dem Verfahren hatte bereits am 12.11. stattgefunden. Gegenstand des Verfahrens war die bundesweite Regelung, die sich elf Bundesländer zu eigen gemacht hatten. Über die Rechtmäßigkeit der Grundsteuerfestsetzungsverfahren in anderen Bundesländern sind derzeit noch Verfahren anhängig.
BFH: „Überbewertungen im Einzelfall zumutbar“
Im Kern machte der BFH deutlich, dass er die Annahme von Pauschalwerten bei Mieten und Bodenrichtwerten für zulässig hält. Diese seien auch dann zumutbar, wenn sie im Einzelfall zu Überbewertungen führen könnten. Bei der Bestimmung des Grundsteuerwerts bleiben Bodenrichtwerte und Nettokaltmieten damit maßgeblich, individuelle Besonderheiten könnten nur unter klar im Gesetz definierten Umständen zum Tragen kommen.
Die Kläger hatten vor allem den Rückgriff auf pauschale Durchschnittswerte für verfassungswidrig gehalten – insbesondere im Bereich der Nettokaltmieten und Bodenrichtwerte. Aus Sicht der Kläger würden diese in vielen Fällen den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht. Dies führe zu Ungleichbehandlungen, die nicht mehr mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes vereinbar wären.
Verbände wie der Eigentümerverband Haus & Grund gingen auch davon aus, dass die Finanzämter die Mieteinnahmen in vielen Fällen zu hoch angesetzt hätten. Dies treffe beispielsweise auf Wohnungen in einfachen Wohngegenden zu – eine solche hatte einer der Kläger besessen.
Im Massenverfahren absolute Genauigkeit nicht machbar
Die Kläger wehrten sich auch gegen die pauschale Bemessung des Bodenrichtwerts eines zu bewertenden Grundstücks nach einem Durchschnittswert in einer bestimmten Bodenrichtwertzone. In einigen Fällen habe die Abweichung zwischen diesem und dem realen Wert 30 Prozent nach oben oder unten betragen.
Der BFH sah jedoch auch eine solche Abweichung grundsätzlich als erlaubt an. Er vertrat den Standpunkt, dass der Gesetzgeber im konkreten steuerrechtlichen Kontext auch typisieren und pauschalisieren dürfe. In einem Massenverfahren, das etwa 36 Millionen Grundstücke betreffe, sei absolute Genauigkeit weder realistisch noch notwendig.
Aus Sicht der Bundesfinanzrichter ist entscheidend, dass der Gesetzgeber ein Modell bestimme, das im Durchschnitt zu einem realitätsnahen Ergebnis gelange. Dies sei im Hinblick auf die Ausgestaltung des Ertragswertverfahrens in verfassungskonformer Weise geschehen. Das Bewertungssystem folge konzeptionell einer Verkehrswertorientierung. Es sei darauf angelegt, im Wege einer Durchschnittsbetrachtung den „objektiviert-realen Grundstückswert“ innerhalb eines Korridors des gemeinen Werts annäherungsweise zutreffend zu erfassen.
Nettokaltmieten: BFH hält Differenzierung nach Gemeinden statt Stadtteilen für statthaft
Die vom Gesetzgeber gewählten Bewertungsvorschriften seien, so heißt es weiter, „grundsätzlich geeignet, den mit der Steuer verfolgten Belastungsgrund in der Relation realitätsgerecht abzubilden“. Belastungsgrund für die neue Grundsteuer sei nach dessen Willen „das Innehaben von Grundbesitz und die dadurch vermittelte Möglichkeit einer ertragbringenden Nutzung“.
Die Gutachterausschüsse hätten die Bodenrichtwerte aus der Kaufpreissammlung und damit aus Marktdaten abgeleitet. Eine solche Vorgehensweise habe sich bereits im Rahmen der Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer bewährt.
Auch an den landesweit pauschalierten Nettokaltmieten nahm der BFH keinen Anstoß. Grundlage seien aus dem Mikrozensus erlangte Daten über deren Höhe pro Quadratmeter. Dabei finde eine Differenzierung nach Mietniveaustufen statt – die für eine gesamte Gemeinde festgelegt seien. Dass dabei nicht weiter zwischen Stadtteilen differenziert werde, beanstandet der Bundesfinanzhof nicht.
Bundesverfassungsgericht hielt Altregelung zur Grundsteuer für verfassungswidrig
Auch die kompetenzrechtlichen Einwände der Kläger wies er zurück. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes gehe nicht dadurch verloren, dass er seine Gestaltungsspielräume nach Art. 105 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vollständig ausübe. Auch Praktikabilität und Automatisierung der Bewertung seien legitime Ziele des Gesetzgebers. Er habe damit der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts entsprechen wollen, einen erneuten „Bewertungsstau“ zu vermeiden.
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2018 die bis dahin geltende Regelung als verfassungswidrig aufgehoben. Die Grundsteuer bemaß sich damals vor allem auf der Grundlage der Einheitswerte Ost und West. Deren Referenzgrößen stammten aus den Jahren 1935 und 1964. Die dadurch bewirkten Ungleichheiten zwischen eigentlich vergleichbaren Grundstücken waren nach der Rechtsmeinung des BVerfG nicht mehr hinnehmbar.
Für Eigentümer bedeutet das Urteil des BFH, dass das Bundesmodell zur Ermittlung der Grundsteuerwerte damit rechtlich abgesichert ist. Erfolgsaussichten von Verfahren werden geringer. Dies bedeutet, dass Eigentümer es akzeptieren müssen, dass ihre Immobilien im Bereich der Grundsteuer nicht individuell bewertet werden.
Auch wenn aus der Politik die Zusicherung kam, dass die Grundsteuerreform in Summe „aufkommensneutral“ sein soll, bedeutet dies nicht, dass individuelle Belastungen gleich blieben. Manche zahlen künftig mehr, andere weniger – diese Belastungsverschiebungen sind nach Überzeugung des BFH hinzunehmen. Zum tatsächlich entscheidenden Faktor über die finale Höhe der Steuer werden die kommunalen Hebesätze.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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