Deutsche Bahn: Überlegungen zum Fernverkehr

Die Bahn hat ihr Angebot im Fernverkehr in der Krise bereits um ein Viertel auf jetzt 75 Prozent reduziert. Nach internen Einschätzungen der Bahn würden bei einer weiteren Kappung auf rund 60 Prozent zwei Dutzend Städte in Deutschland nicht mehr von Zügen angefahren werden können.
Titelbild
Arbeiter stehen auf den S-Bahnschienen kurz vor dem Bahnhof Warschauer Straße, Berlin.Foto: Soeren Stache/zb/dpa
Epoch Times3. Mai 2020

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat sich gegen eine weitere Reduzierung des Streckenangebots der Bahn ausgesprochen. Scheuer sagte „Bild am Sonntag“: „Hier geht Verfügbarkeit vor Wirtschaftlichkeit. Die Deutsche Bahn ist für unser Land ohne Zweifel systemrelevant und Teil der Daseinsvorsorge. Dass dies nicht zum Nulltarif möglich ist, ist allen Beteiligten von Beginn an bewusst.“

Geht es nach den Arbeitnehmer-Vertretern sollen auch die Bahnchefs einen Sparbeitrag in der Coronakrise leisten. Klaus-Dieter Hommel, Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, verlangt Gehaltskürzungen bei den Top-Managern. Hommel sagte „Bild am Sonntag“: „Bevor die Arbeitnehmer der Deutschen Bahn AG die Zeche der Krise zahlen, sind Vorstände, Führungskräfte und Aufsichtsräte aufgefordert, auf einen Teil ihres Einkommens zu verzichten.“

Mehr Verspätungen als angestrebt

Fernzüge in Deutschland verspäten sich immer häufiger wegen Fahrzeugstörungen. Probleme mit den Zügen führten im vergangenen Jahr zu 471.000 Verspätungsminuten, wie der Bahnbeauftragte der Bundesregierung, Enak Ferlemann, auf eine Anfrage der Grünen antwortete. Das entsprach 13 Prozent der gesamten Verspätungsdauer. Der Anteil stieg in den vergangenen Jahren stetig. 2015 waren es noch 328.000 Verspätungsminuten, der Anteil lag bei 9 Prozent. Mitgezählt wird auch, wenn liegen gebliebene Züge von Konkurrenten die Deutsche Bahn ausbremsen.

Die Bahn war 2019 zwar pünktlicher als im Vorjahr. Es gab aber immer noch mehr Verspätungen als angestrebt: 24,1 Prozent der Intercity und ICE kamen zu spät. Dieses Jahr sollen es höchstens 22 Prozent sein. Dabei werden nur die Züge gezählt, die mindestens sechs Minuten zu spät kommen.

„Leider gibt es bei der Pünktlichkeit immer noch keine signifikanten Verbesserungen“, kritisierte der Grünen-Verkehrspolitiker Matthias Gastel. Das Management müsse die Probleme mit dem Fuhrpark in den Griff bekommen. „Es gibt nicht nur zu wenige Züge. Diese stehen dann auch zu lange in den Werkstätten herum und warten darauf, gewartet zu werden, statt Fahrgäste zu befördern.“

ICE-Züge immer länger in der Werkstatt

Nach der Antwort Ferlemanns, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, bleiben ICE-Züge immer länger in der Werkstatt. Waren es 2015 im Schnitt noch 17,1 Stunden pro Aufenthalt, stieg die Dauer bis zum vergangenen Jahr auf 23,5 Stunden.

Die Bahn verweist unter anderem auf das hohe Alter der Züge; die ICE der ersten Generation etwa sind im Schnitt 29 Jahre alt. 40 Jahre sollen sie nach der Kalkulation durchhalten.

Auch bei neuen Zügen brauchen die Mitarbeiter in den Werkstätten erst mal mehr Zeit – um Erfahrung zu gewinnen. „Derzeit wird alle drei Wochen ein neuer ICE4 geliefert“, hob die Bahn hervor. Dies und die wachsende Erfahrung in den Werkstätten werde die Standzeiten senken.

Die Bahn investiert bis 2026 rund zwölf Milliarden Euro in ihre Fahrzeugflotte. Die Hälfte der Summe entfällt auf den Großauftrag für den ICE4, der seit 2017 ausgeliefert wird. Hinzu kommen neue Eurocity-Züge, Doppelstock-Intercitys und weitere Hochgeschwindigkeitszüge, für die der Auftrag noch nicht vergeben ist.

Regionalzüge zu 94,3 Prozent pünktlich

Regionalzüge der Bahn waren im vergangenen Jahr nur geringfügig pünktlicher als im Vorjahr. 94,3 Prozent der Regios erreichten ihren Bahnhof spätestens 5 Minuten und 59 Sekunden nach der Fahrplanzeit.

Am pünktlichsten waren sie in Berlin (97,8 Prozent), wobei die S-Bahn eingerechnet ist. Am meisten Warten mussten Fahrgäste in Bremen (90,4 Prozent). In Flächenländern kamen Kunden in Sachsen (96,5 Prozent) am besten weg. Die meiste Geduld brauchten hier die Hessen (91,5 Prozent).

„Das Netz ist vielerorts überlastet“, erklärte Gastel. Er betonte: „Deutschland ist ausreichend mit Straßen erschlossen. Jetzt muss die Zeit der Bahn kommen.“ (dpa/dts/ks)



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