„China will kein Weltmacht-Monopol“: Freundliche Beruhigungstaktik bei harter Linie

Freundliche Beruhigungstaktik bei harter Linie: Anlässlich seines ersten Staatsbesuchs in den USA gab Xi Jinping dem Wall Street Journal ein schriftliches Interview.
Titelbild
Mal nicht Obama und Michell, sondern Xi Jinping und Peng Liyuan. Die beiden kamen am 22. September in den USA zum ersten offiziellen Staatsbesuch an.Foto: MARK RALSTON/AFP/Getty Images
Von und 25. September 2015

Zwölf Fragen zu allen brennenden China-Themen beantworteten Xi und seine Ghostwriter mit viel schöner Diplomatie – Frieden und Kooperationsbereitschaft wurden betont.

Wer zwischen den Zeilen las, erkannte, dass Chinas Präsident hart bleibt bezüglich des Spratly-Inselstreits mit der USA, ernste Bedrängnis durch die Wirtschaftskrise spürt, und interne Feinde seine wichtigsten Reformen verhindern. Nach außen beruhigte Xi in alle Richtungen und spielte den Fels in der Brandung. Eine Analyse.

Frieden und Kooperationsbereitschaft

Gleich zu Beginn meinte Xi, dass China nicht die Absicht habe, ein Weltmacht-Monopol zu errichten (oder das der USA abzuändern, wie die Frage unterstellte): Die Weltordnung bestehe aus vielen Ländern und nicht dem Monopol eines einzelnen. „Ich glaube nicht, dass irgendein Land die globale Regierungsstruktur auf sich ausgerichtet erneuern kann. Solch ein Vorgehen würde dem Trend der Zeit widersprechen“, so Xi. Eine gerechtere und effektivere internationale Struktur sei im Sinne aller Länder. „China und die USA teilen in dieser Hinsicht viele Interessen und sollten zur Verbesserung der globalen Regierungsstrukturen zusammenarbeiten.“ Natürlich gebe es „ein paar Differenzen“, aber die gäbe es ja auch „zwischen Familienmitgliedern“.

Hinsichtlich des Atomabkommens mit dem Iran und der Nordkoreas schließt sich Xi Amerikas Außenpolitik an.

Warum Inselbau im Südchinesischen Meer?

Die Spratlys seien in der Geschichte schon immer chinesisches Territorium gewesen, so Xi. Dafür gebe es historische und juristische Beweise. Chinas Aktivitäten auf einigen der Inseln und Riffe störten oder zielten auf kein anderes Land ab. Man solle sie „nicht überinterpretieren“. Die Einrichtungen wurden gebaut, „um die Arbeits- und Lebensbedingungen“ des dortigen Personals zu verbessern, Dienstleistungen anbieten und Freiheit und Sicherheit im Südchinesischen Meer aufrechtzuerhalten. (Merke: „Wir bleiben rein friedlich bei unserer expansiven Politik.“)

Thema Nr.2: Internetspionage

„China nimmt das Thema Cybersicherheit sehr ernst. China ist selbst auch Opfer von Hackerangriffen.“

Tja, was sagt man dazu?

„Die chinesische Regierung stiehlt auf keine Art Businessgeheimnisse, noch ermutigt oder unterstützt sie Unternehmen, solche Praktiken anzuwenden.“ Sowohl Datendiebstahl als auch Angriffe auf Regierungsnetzwerke seien illegal und sollten nach dem Gesetz und internationalen Konventionen bestraft werden, so Xi. In dieser Hinsicht wolle man mit den USA noch enger zusammenarbeiten.

„Reine Theorie“, sagen chinesische Beobachter.

Chinas Militärstrategie

Kritisch war auch der Punkt „militärische Aufrüstung“. China habe in Asien durch mehrere Militäraktionen die USA beunruhigt. „Können Sie bitte Chinas Absicht hinter solchen Aktionen erklären?“ fragte das WSJ.

Auch hier blieb Xi allgemein: Chinas Militärstrategie sei eine Verteidigungsstrategie. Aufrüstung bedeute nicht, dass man „militärische Abenteuer“ suche, das käme China niemals in den Sinn, ebenso wie ein Streben nach Hegemonie. Die Geschichte werde dies auch in Zukunft zeigen. Kleine Seitenhiebe auf die USA: „China hat keine Militärbasen in Asien und keine Truppen außerhalb unserer Grenzen stationiert.“ /

„China steuert mehr Soldaten zur UN-Friedenstruppe bei, als jedes andere ständige Mitglied des Sicherheitsrats.“

Er verwies auf die geplante Verkleinerung des Heers um 300.000 Mann.

Verantwortung im Asien-Pazifik-Raum

Hier kam Xi wieder auf die USA zu sprechen:

Der Asien-Pazifik-Raum sollte der verstärkten Zusammenarbeit der USA und Chinas dienen und nicht als Arena zum Kampf um Vorherrschaft. Unsere Haltung ist: Wir begrüßen alles, was zu regionalem Frieden und Stabilität beiträgt und lehnen ab, was immer zu Konflikt oder Unruhe führt.“

Xis Botschaft auch hier wieder Frieden und Zusammenarbeit. Die Frage ist nur, ob die Zukunft so harmonisch wie gewünscht verläuft! In China gibt es Kräfte, die gegen die angestrebte Harmonie arbeiten und Probleme kreieren, wie den Senkaku-Inselstreit, der von Xis Gegnern vom Zaun gebrochen wurde, siehe HIER.

Wirtschaft

Hier sagte Xi Dinge, die er nicht mal in chinesischen Medien gesagt hatte (da hatte er bisher immer Premier Li vorgeschickt). Das WSJ äußerte, Investoren aus aller Welt, seien besorgt, dass Chinas Wirtschaft „schächer sei, als die offiziellen Zahlen zeigen“.

Xi beruhigte: Chinas Wachstum sei immer noch eines der schnellsten in der ganzen Welt, ein Wachstum von 7 Prozent sei völlig ausreichend und die Wirtschaft immer noch im grünen Bereich.

„Vor der Hintergrund einer globalen Rezession haben viele Länder Schwierigkeiten. Auch die chinesische Wirtschaft steht unter Druck. Doch es ist ein Problem auf dem Weg des Fortschritts. Ich möchte besonders betonen, dass egal was passiert, China fest entschlossen bleibt, seine Reform an allen Fronten zu vertiefen und gleichzeitig sich weiter für die Außenwelt zu öffnen.

Zwischen den Zeilen: „Meine Gegner stören Reformen …“

Dass Xi vor der Welt seinen Reformwillen bekunden muss, ist ein starkes Stück und zeigt, dass die Bremsklötze für Chinas wirtschaftlichen Fortschritt bestimmte Interessengruppen innerhalb des Landes sind. So versucht zum Beispiel die von Ex-Staatschef Jiang Zemin gesteuerte Finanzbranche, so weiterzumachen wie bisher: Eine kleine Gruppe macht den großen Reibach und die Gewinnverteilung bleibt so monopolisiert und unfair, wie bisher. Xis obiges Zitat war ein „Ihr stört!“ in Richtung Jiang-Fraktion und zeigt, dass er vor großen Hindernissen aus den eigenen Reihen steht.

Kapitalflucht

Weil im Moment viele chinesische und ausländische Unternehmen Kapital aus China abziehen, versucht Xi, sie vom Bleiben zu überzeugen: Man müsse die Dinge langfristig betrachten. „Jedes Schiff, wie groß es auch ist, wird gelegentlich bei Wellengang schwanken“. Entscheidend sei, dass die Richtung stimme und genug Treibstoff vorhanden sei – und das sei bei Chinas Wirtschaft gegeben. Kluge Investoren würden sicher so entscheiden wie jene 300 US-Unternehmen, die laut der Industrie und Handelskammer Shanghai, weiter in China investieren wollten …

Ein Staatschef, der öffentlich derart wirbt, muss ernsthaft besorgt zu sein, dass Investoren sein Land verlassen. Xi braucht dringend Unternehmer die bleiben – deshalb nutzt er die Gelegenheit, elegant „bitte bleibt!“ zu sagen.

Warum Eingriff bei Börsencrash?

Passend dazu die nächste Frage: Warum versprach Xi zu Beginn seiner Amtszeit einen großen Reformplan und mehr freie Marktwirtschaft, um jetzt genau das Gegenteil zu tun, wie Rettungsmaßnahmen beim Börsencrash zeigten?

Xi erklärte: Normalerweise greife die Regierung nicht ins Börsengeschehen ein, aber diesmal sei es keine normale Sache gewesen. Man habe ein System-Risiko vermeiden und die Angstwelle an der Börse beruhigen wollen. Ähnliches hätten doch auch Länder mit reiferer Marktwirtschaften getan …

Zur Beruhigung sagte er: Die Börse sei jetzt stabilisiert und der Aktienmarkt befinde sich in einer „Selbstregulierungsphase“, wo der Staat nicht noch mal eingreifen werde. Interessant war der Satz:

Ein Hauptziel von Chinas Reformen ist, den Finanzmarkt zu entwickeln. Das ändert sich nicht durch die aktuellen Marktturbulenzen.“ Mit weiteren Veränderungen im Finanzsektor ist also zu rechnen. (Da der Börsencrash von Xis Gegnern verursacht wurde, sagt er einen Feinden hiermit „Zieht euch warm an!“.)

Yuan-Wechselkurs und US-Anleihen

Bezüglich des Yuan-Wechselkurses werde die Reform noch weiter in Richtung Marktwirtschaft gehen, versprach Xi. Eine weitere überraschende Senkung werde es nicht noch mal geben. (Ob das realistisch ist? Auch Li Keqiang versprach schon Ähnliches und es kam anders.)

Auch bei der Senkung der Dollarreserven wandte Xi Beruhigungstaktik an: Es sei normal, dass die Dollarreserven reduziert würden. China sei immer noch Weltmeister in puncto Dollar-Devisen.

Überraschend war, Xi Einladung an ausländische NGOs, in China „gemäß der Gesetze“ eine positive Rolle in der Gesellschaft zu spielen. Dies werde von ihm Regierung unterstützt.

Korruptionskampf

Zum Schluss fragte das WSJ, ob die Antikorruptions-Kampagne Chinas Wirtschaftsleben negativ beeinflusse? (Dies wird von Xis Gegnern behauptet, die selbst Zielscheibe der Kampagne sind.) Xi nannte den Kampf gegen Korruption eine internationale Aufgabe. In China geschehe dies wie überall nach dem Willen des Volkes und sorge im Endeffekt für eine bessere Businessumgebung.

Er betonte noch mal seine Null-Toleranz-Politik. „Ich habe einmal gesagt, der Kampf gegen die Korruption endet niemals. Unsere Null-Toleranz wird sich nie ändern, genau wie unsere Entschlossenheit, Mut und Ernsthaftigkeit, mit der wir Strafen verhängen, um die Partei von Korruption zu säubern.“

(Hier signalisiert Xi, dass er nicht ruhen wird, bis er das Ziel der Antikorruptions-Kampagne erreicht hat und den greisen Ex-Diktator Jiang Zemin hinter Gitter gebracht hat, der noch immer versucht, hinter den Kulissen in Chinas Politik einzugreifen. Es dürfte kein Zufall sein, dass Xi deshalb in einer Rede in Seattle die USA um „Unterstützung im Korruptionskampf“ bat. Einen Ex-Staatschef zu verurteilen hat schließlich weltpolitische Dimension.)

Fazit: Viel Theorie, wenig Praxis.

Xi betont Frieden und Zusammenarbeit, um den USA entgegen zu kommen. Xi präsentiert Chinas Unnachgiebigkeit in weicher Verpackung.

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