Auswärtiges Amt sieht durch Verbotsverfahren gegen pro-kurdische Oppositionspartei Rechtsstaatlichkeit in Gefahr

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Der türkische Abgeordnete der linken politischen Partei, der Demokratischen Volkspartei Omer Faruk Gergerlioglu (C), reagiert, als er von Abgeordneten umgeben ist, die nach einer Abstimmung im türkischen Parlament in Ankara am 17. März 2021 Plakate hochhalten und applaudieren.Foto: ADEM ALTAN / AFP über Getty Images
Epoch Times19. März 2021

Nach der Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die pro-kurdische Oppositionspartei HDP in der Türkei hat die Bundesregierung deutliche Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit in dem Land zum Ausdruck gebracht.

„Der Fall der HDP wirft erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit auf“, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Donnerstag in Berlin. Auch der Entzug des Mandats für den HDP-Abgeordneten Ömer Faruk Gergerlioglu und das strafrechtliche Vorgehen gegen zahlreiche weitere Abgeordnete und Mitglieder der HDP „reihen sich in eine Entwicklung ein, die die rechtsstaatlichen Abläufe in der Türkei in Frage stellt“.

Das Auswärtige Amt erinnerte die Regierung in Ankara daran, dass ein Parteiverbot „in einer Demokratie nur das allerletzte Mittel sein“ könne. Eine Demokratie brauche Meinungsvielfalt, dazu gehöre auch eine lebendige Opposition. „Die Bundesregierung erwartet von der Türkei die Einhaltung höchster demokratischer und rechtsstaatlicher Standards, zu denen sich auch die Türkei als Mitglied des Europarats und EU-Beitrittskandidat verpflichtet hat.“

Die türkische Generalstaatsanwaltschaft hatte am Mittwoch einen Verbotsantrag gegen die HDP beim Verfassungsgericht des Landes wegen „terroristischer Aktivitäten“ eingereicht. Die zweitgrößte, linksgerichtete Oppositionspartei des Landes ist seit Jahren im Visier der islamisch-nationalistischen – der Muslimbruderschaft zugewandten – Regierung.

Die Verbotspläne hatte die HDP am Mittwoch als „politischen Putsch“ angeprangert und politischen Widerstand angekündigt. Auch die USA kritisierten das Vorgehen der türkischen Behörden, ebenso wie eine Reihe von Bundestagsabgeordneten der Linken und der Grünen.

Roth und Özdemir: Berlin darf „autokratischer werdende Türkei nicht länger schönreden“

Nach der Beantragung des Verbots der pro-kurdischen Partei (HDP) in der Türkei haben die Grünen-Bundestagsabgeordneten Claudia Roth und Cem Özdemir mehr Unterstützung für die türkische Opposition gefordert. „Es wird Zeit, dass die immer autokratischer werdende Türkei in Berlin nicht länger schöngeredet wird“, schrieben die beiden Politiker am Donnerstag in einer Erklärung. Ankara brauche „eine klare Haltung, die auch Sanktionen nicht mehr ausschließt“.

Mit dem HDP-Verbotsantrag habe der Versuch von Präsident Recep Tayyip Erdogan, die Demokratie in der Türkei abzuschaffen, eine „neue Qualität erreicht“. „Die HDP ist unsere Partnerin für eine friedliche, demokratische Türkei“, erklärten Roth und Özdemir. „Wir erwarten von allen, die die Hoffnung auf diese Türkei nicht aufgeben wollen, dass sie sich mit der HDP solidarisieren.“

Die Bundesregierung und die EU müssten gemeinsam mit der US-Regierung „endlich Klartext mit Erdogan sprechen“, forderten die Grünen-Politiker.

EU verurteilt Verbotsverfahren gegen pro-kurdische Partei HDP in der Türkei

Die EU hat sich „zutiefst besorgt“ über Pläne zum Verbot der pro-kurdischen Partei HDP in der Türkei gezeigt. „Die Schließung der zweitgrößten Oppositionspartei würde die Rechte von Millionen Wählern in der Türkei verletzen“, erklärten der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und Erweiterungskommissar Oliver Varhelyi am Donnerstag. „Dies verstärkt die Besorgnis der EU über Rückschritte bei den Grundrechten in der Türkei.“

Die türkische Generalstaatsanwaltschaft hatte am Mittwoch einen Verbotsantrag gegen die HDP beim Verfassungsgericht wegen „terroristischer Aktivitäten“ eingereicht. Präsident Recep Tayyip Erdogan beschuldigt die zweitgrößte, linksgerichtete Oppositionspartei des Landes regelmäßig, der politische Arm der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu sein, die im Südosten des Landes und im Nordirak gegen die türkische Armee kämpft.

Borrell und Varhelyi forderten die türkische Regierung „dringend“ auf, „ihre demokratischen Kernverpflichtungen zu respektieren“. Als EU-Beitrittskandidat und Mitglied des Europarates müsse die Türkei den „Respekt von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit“ gewährleisten. Das Vorgehen gegen die HDP untergrabe „die Glaubwürdigkeit des erklärten Engagements der türkischen Regierung für Reformen“.

Auch den Entzug des Mandats für den HDP-Abgeordneten Ömer Faruk Gergerlioglu kritisierte die EU. Er war in einem umstrittenen Verfahren wegen einer Äußerungen auf sozialen Medien verurteilt worden.

Nach jahrelangem Druck auf die Opposition in der Türkei hatte Staatsanwalt Bekir Sahin beim Verfassungsgericht des Landes am Mittwoch das Verbot der HDP beantragt. Demnach wirft die Staatsanwaltschaft der HDP „terroristische“ Aktivitäten vor.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan beschuldigt die HDP regelmäßig, der politische Arm der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu sein, die im Südosten des Landes und im Nordirak gegen die türkische Armee kämpft. Die HDP weist die Vorwürfe immer wieder zurück. Das Auswärtige Amt forderte die HDP nun auch auf, sich klar von der PKK abzugrenzen. (afp)



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