Ein Jahr nach Erdbeben – Gedenken an Zehntausende Tote

Vor einem Jahr erschütterten schwere Erdbeben die Türkei und das Nachbarland Syrien, Zehntausende Menschen starben. Mehr als eine halbe Million Menschen leben bis heute in Notunterkünften.
Die Geschwister Arzu (l) und Mehmet stehen in den Trümmern der Altstadt von Antakya. Beide waren bei dem Beben vor einem Jahr verschüttet worden.
Die Geschwister Arzu (l) und Mehmet stehen in den Trümmern der Altstadt von Antakya. Beide waren bei dem Beben vor einem Jahr verschüttet worden.Foto: Boris Roessler/dpa
Epoch Times6. Februar 2024

Ein Jahr nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und Nordsyrien haben die Menschen heute der Zehntausenden Toten gedacht. In der am stärksten betroffenen südosttürkischen Provinz Hatay erinnerten Anwohner um 4.17 Uhr (Ortszeit) an die Opfer – just zu jenem Zeitpunkt, an dem das erste schwere Beben die Region vor einem Jahr erschüttert hatte.

In der Stadt Antakya riefen Menschen im Chor: „Hört jemand unsere Stimmen?“ – den Satz hatten auch Retter vor einem Jahr gerufen, als sie tagelang nach Verschütteten suchten. Heute steht er dafür, dass sich viele Überlebende in der Region ignoriert und ihrem Schicksal überlassen fühlen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wird in der ebenfalls vom Beben getroffenen Provinz Kahramanmaras erwartet.

Am 6. Februar hatte am frühen Morgen ein Beben der Stärke 7,7 den Südosten der Türkei getroffen, ein weiteres Beben der Stärke 7,6 folgte am Nachmittag desselben Tages. Allein in der Türkei kamen nach Regierungsangaben mehr als 53.000 Menschen ums Leben. Genaue Angaben zu den Opfern aus dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Nachbarland Syrien sind schwer zu ermitteln. Beobachtern zufolge starben dort mehr als 6000 Menschen.

Nach den schweren Erdbeben hat die Katastrophenschutzbehörde Afad zudem fast 60.000 Beben registriert. Das teilte die Behörde mit. Es wurden keine Angaben dazu gemacht, ob es sich dabei um Nachbeben handelte. Kurz nach der Katastrophe war bereits von Tausenden Nachbeben die Rede.

Menschen aus der ganzen Türkei nach Antakya gereist

In Antakya entzündeten Menschen Kerzen auf den Ruinen der zerstörten Gebäude in Gedenken an die dort Getöteten und warfen rote Nelken in den Fluss der Stadt. Menschen aus dem ganzen Land waren zum Jahrestag in die Region gereist, wie etwa der 43-jährige Ali. Mehrere seiner Verwandten seien in einem Wohnhaus im Zentrum Antakyas ums Leben gekommen. Zum Jahrestag sei er darum aus Istanbul angereist.

Präsident Erdogan hatte versprochen, die Region schnell wieder aufzubauen. Doch die Menschen vor Ort leiden noch immer stark unter den Folgen des Bebens. Sie klagen über fehlende Hilfen, wie etwa Lebensmittel- oder Kleiderspenden. In einem Containerdorf in Karacay erzählen die Bewohner, sie seien abhängig von der Unterstützung internationaler Hilfsorganisationen. Auch die Wasserversorgung bricht immer wieder ab, berichten Menschen aus der Kleinstadt Kirikhan.

Bei der Gedenkfeier in Antakya wurde die Regierung immer wieder ausgebuht. Gesundheitsminister Fahrettin Koca von der regierenden AK-Partei hielt seine Rede begleitet von lauten Pfiffen. Auch Provinzbürgermeister Lütfü Savas von der – auf Landesebene größten Oppositionspartei – CHP wurde im Chor zum Rücktritt aufgefordert. Teilweise wurden die Regierungsverantwortlichen als „Mörder“ bezeichnet, die zur Rechenschaft gezogen werden müssten.

700.000 Menschen nach Erdbeben in Containern untergebracht

In der Türkei sind offiziellen Angaben zufolge fast 700.000 Menschen in Containern untergebracht. Auch wenn Ankara offiziell angibt, dass Zeltstädte aufgelöst wurden, lebt noch eine unbekannte Anzahl von Menschen in Zelten. Jedes dritte Kind, das in der Erdbebenregion in der Türkei obdachlos geworden sei, lebt nach Angaben von Save the Children noch heute in einer Notunterkunft. Die Kinderrechtsorganisation weist zudem darauf hin, dass sowohl in der Türkei als auch in Syrien die Kinder mit Ängsten und psychischen Problemen zu kämpfen haben.

Wegen der großen Zerstörung sind viele Menschen in der Region arbeitslos und somit mittellos geworden. Gleichzeitig boomt der Bausektor vor Ort und zieht zahlreiche Arbeitskräfte aus dem ganzen Land in die Region. Erdogan war am Wochenende in die Region gereist und weihte öffentlichkeitswirksam neue Gebäude ein. Zum Jahrestag wird er erneut in die Region reisen.

Der Präsident und seine Regierung waren nach dem Beben zunächst scharf kritisiert worden. Etwa wurden ihnen Fehler beim Krisenmanagement vorgeworfen. Zudem gerieten sogenannte Schwarzbauten in den Fokus, die illegal errichtet und dann später von der Regierung legalisiert worden waren. Erdogans Beliebtheit hatte das keinen Abbruch getan, er war im Mai vergangenen Jahres nach 20 Jahren an der Macht als Präsident wiedergewählt worden. Ende März stehen Kommunalwahlen an. (dpa)



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