Krieg in der Ukraine: So ist die Lage

Die russische Armee zieht sich aus der Region um Kiew zurück. Die nachrückende ukrainische Armee entdeckt in einem Ort Dutzende tote Zivilisten. Präsident Selenskyj erwartet russische Angriffe anderswo.
Titelbild
Ein zerstörter russischer Panzer in der Nähe von Kiew. 30. März 2022.Foto: RONALDO SCHEMIDT/AFP via Getty Images
Epoch Times3. April 2022

Gut fünf Wochen nach dem russischen Einmarsch hat die ukrainische Armee nach eigenen Angaben wieder die volle militärische Kontrolle über die Region um die Hauptstadt Kiew erlangt.

„Irpin, Butscha und Hostomel und das gesamte Gebiet Kiew – vom Feind befreit“, schrieb die stellvertretende Verteidigungsministerin Anna Maljar am Samstagabend auf Twitter. In Butscha stießen ukrainische Truppen auf Szenen des Grauens. Vom Rückzug der Russen im Nordwesten der Metropole berichtete auch Präsidentenberater Olexij Arestowytsch. Um Kiew seien mehr als 30 Dörfer zurückerobert worden, sagte er.

Kiew: Viele tote Zivilisten in Butscha

Ukrainische Truppen entdeckten in der zurückeroberten Stadt Butscha nordwestlich von Kiew Dutzende tote Zivilisten. Viele von ihnen seien von russischen Soldaten erschossen worden, twitterte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak. „Sie waren nicht beim Militär, sie hatten keine Waffen, sie stellten keine Bedrohung dar“, schrieb er. „Wie viele derartige Fälle ereignen sich gerade in den besetzten Gebieten?“

Auf einem Foto, das Podoljak in seinem Tweet teilte, waren erschossene Männer zu sehen, bei einem von ihnen waren die Hände auf dem Rücken gefesselt. Die Echtheit des Bildes konnte nicht unabhängig geprüft werden. Auch weitere Berichte ukrainischer Medien über vermeintliche Gräueltaten russischer Soldaten konnten nicht unabhängig überprüft oder bestätigt waren. Unterdessen wurden rund 280 Zivilisten in Butscha in einem Massengrab beerdigt. Die Leichen konnten während der russischen Besatzungszeit nicht beigesetzt werden, verlautete nach Angaben der „Ukrajinksa Prawda“ aus der Verwaltung.

Stadtrat: Brände nach Luftangriff in Odessa

Auf die ukrainische Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer hat es nach Behördenangaben einen Luftangriff gegeben. Wie der Stadtrat im Nachrichtenkanal Telegram mitteilte, entstanden in „einigen Gebieten“ Brände. Ukrainische Medien veröffentlichten Fotos, auf denen Rauch über Odessa zu sehen war. Es soll demnach keine Verletzten gegeben haben. Dem Stadtrat zufolge wurden „einige Raketen“ von der Luftabwehr abgefangen. Am Morgen wurde Luftalarm ausgelöst. Unklar war zunächst, ob es sich um Beschuss durch russische Kampfflugzeuge oder um Raketen handelte.

Selenskyj erwartet weitere russische Angriffe

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet nun heftige russische Angriffe im Osten und Süden. „Was ist das Ziel der russischen Armee? Sie wollen sowohl den Donbass als auch den Süden der Ukraine erobern“, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft in der Nacht zum Sonntag.

„Und was ist unser Ziel? Wir wollen uns, unsere Freiheit, unser Land und unsere Menschen schützen.“ Um den russischen Plänen entgegenzuwirken, werde die Abwehr der ukrainischen Streitkräfte in östlicher Richtung verstärkt. „Und das wohl wissend, dass der Feind Reserven hat, um den Druck zu verstärken.“

US-Geheimdienstexperten vermuteten im Gespräch mit dem Sender CNN, dass Russlands Präsident Wladimir Putin einen Erfolg im Osten der Ukraine bis spätestens Anfang Mai anstrebt, um diesen bei der Siegesparade zum 9. Mai – zu den jährlichen Feiern zum Ende des Zweiten Weltkriegs – öffentlichkeitswirksam zu feiern.

Hunderten gelingt Flucht aus umkämpften Städten

Hunderten Menschen gelang nach Angaben der Regierung in Kiew die Flucht aus umkämpften Städten. So hätten 765 Zivilisten mit eigenen Fahrzeugen die Hafenstadt Mariupol im Südosten verlassen, teilte Vize-Regierungschefin Irina Wereschtschuk via Telegram mit.

Fast 500 Zivilisten seien aus der Stadt Berdjansk geflohen. Ziel der Menschen aus beiden Städten sei Saporischschja. Zudem seien in Berdjansk zehn Busse gestartet. Am Sonntag solle die Evakuierung dort fortgesetzt werden, sagte Wereschtschuk.

Für Sonntag plante das russische Militär einen Fluchtkorridor für ausländische Staatsbürger aus dem umkämpften Mariupol und der von Russen besetzten Hafenstadt Berdjansk, ebenfalls am Asowschen Meer. Die Ausländer, überwiegend Besatzungsmitglieder von blockierten Frachtschiffen in den beiden Häfen, könnten auf dem Landweg entweder über die Krim oder in ukrainisches Gebiet in Sicherheit gelangen.

Chefunterhändler: Selenskyj-Putin-Treffen möglich

Nach wochenlangen Verhandlungen zwischen Vertretern Russlands und der Ukraine zur Beendigung des Kriegs zeichnen sich aus Sicht Kiews erste positive Signale ab. Der ukrainische Chefunterhändler David Arachamija sprach im Staatsfernsehen von einem möglicherweise baldigen Treffen Selenskyjs mit Kremlchef Putin.

Sollte es zustandekommen, werde es wohl in der Türkei abgehalten, entweder in Ankara oder Istanbul. Selenskyj hat wiederholt ein direktes Gespräch mit Putin gefordert. Der Kreml lehnt dies bisher mit dem Hinweis darauf ab, dass Putin eine konkrete Grundlage – im Sinne abgeschlossener Vorverhandlungen – für diese Zusammenkunft fordert.

London sagt Ukraine weitere Unterstützung zu

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat vom britischen Premier Boris Johnson, die Zusage für weitere Unterstützung im Kampf gegen die russische Armee erhalte. „Eine sehr spürbare Unterstützung“, sagte Selenskyj dazu. „Wir haben uns über eine neue Unterstützung für die Verteidigung der Ukraine unterhalten, ein neues Paket“, fasste der ukrainische Staatschef das Gespräch mit Johnson zusammen. Details nannte er aber nicht.

Aus der Downing Street verlautete, dass Johnson „Unterstützung für die Verteidigungsbemühungen zugesagt“ habe.

Moskau: Militärflugplatz in dem Gebiet Poltawa attackiert

Das russische Militär griff nach eigener Darstellung in der Ukraine einen Militärflugplatz im zentral gelegenen Gebiet Poltawa an. Dabei seien Kampfhubschrauber und Flugzeuge zerstört worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Außerdem seien Depots für Treibstoff und Waffen getroffen worden.

In der Nähe der Bahnhöfe in Losowa und Pawlohrad seien zudem gepanzerte Fahrzeuge, Munition und Treibstofftanks zerstört worden. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Polens Vize-Regierungschef offen für amerikanische Atomwaffen

Polens Vize-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski sagte, er sei angesichts des Kriegs offen für eine Stationierung amerikanischer Atomwaffen in seinem Land. „Wenn die Amerikaner uns bitten würden, US-Atomwaffen in Polen einzulagern, so wären wir dafür aufgeschlossen. Es würde die Abschreckung gegenüber Moskau deutlich verstärken“, sagte er der „Welt am Sonntag“.

Das wird heute wichtig

Die diplomatischen Bemühungen um eine Beendigung des Kriegs werden auf internationaler Ebene fortgesetzt. (dpa/red)



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