Eindämmung der Corona-Pandemie: Italien ergreift drastische Maßnahmen – In Deutschland fühlt sich keiner verantwortlich

„Kommt ein Corona-Zug nach Deutschland, fühlt sich niemand verantwortlich“ – lautet der Titel eines Artikels der "Welt", in dem die Zuständigkeit der Behörden hinterfragt wird. Diskutiert wird auch bei "Focus" über die Reaktionen der deutschen Regierung, wenn das Worst-Case-Sze­na­rio wirklich eintritt.
Von 25. Februar 2020

Welche Behörde würde in Deutschland eigentlich entscheiden, ob der Zugverkehr eingestellt wird oder andere Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus notwendig sind? Dieser Frage ging die „Welt“ nach, nachdem in Österreich der Bahnverkehr nach Italien kurzzeitig gestoppt wurde, weil zwei deutsche Passagiere mit Fieber und Husten auffielen. Ein DB-Sprecher hatte dem Blatt gesagt:

Die Entscheidung über Maßnahmen zur Eindämmung des Virus obliegt den Behörden.“

In Österreich hatte das Innenministerium entschieden. Bei einer Anfrage der „Welt“ beim deutschen Bundesinnenministerium wird dagegen auf die Kollegen des Verkehrsministeriums weiter verwiesen.

Doch dort lässt man die „Welt“-Anfrage am Montag unbeantwortet, unter welchen Voraussetzungen der Bahnverkehr in ein Nachbarland wegen des Coronavirus eingestellt oder unterbrochen werden könnte. Können einzelne Länder Beschränkungen erlassen oder handelt man auf europäischer Ebene? Auch diese Frage blieb offen.

Der „Focus“ stellt eine ähnliche Frage in Bezug auf die Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung:

Wie würden die Behörden reagieren, wenn die Corona-Welle auch zu uns schwappt?“

Die Epidemie hat Europa erreicht, was nun?

Laut Gesundheitsminister Jens Spahn ist das realistischer als angenommen. „Die Corona-Epidemie ist als Epidemie in Europa angekommen“, sagte Spahn (CDU) am Montag in Berlin.

Deshalb müssen wir damit rechnen, dass sie sich auch in Deutschland ausbreiten kann.“

„Wir bleiben aufmerksam, bereiten uns auf alles vor – reagieren aber angemessen und verhältnismäßig“, so der Gesundheitsminister weiter.

„Focus“ bewertet die Aussage Spahns wie folgt: „Konkret bedeutet das, dass Deutschland mit seiner Eindämmungsstrategie weitermacht wie bisher. Infizierte werden isoliert, klinisch behandelt und Kontaktpersonen ermittelt, um die Infektionskette abzubrechen.“

„Focus“ befragte Frank Roselieb vom Institut für Krisenforschung der Universität Kiel zu den Maßnahmen in Deutschland. Roselieb findet es unwahrscheinlich, dass in Deutschland „Dörfer und Städte wie derzeit in Italien abgeriegelt werden“. Frühwarnsysteme und der Katastrophenschutz seien hierzulande ganz anders und vor allem besser organisiert als in Italien oder China, so das Blatt weiter.

Es ist eine Illusion, zu glauben, dass große Städte in Europa vollends abgeriegelt werden können“, sagt der Krisenforscher im Gespräch mit Focus.

Um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern, greift die italienische Regierung hart durch. Elf Orte südöstlich von Mailand stehen unter Quarantäne.

Roselieb erklärt Focus: „Ich schätze, dass die Quarantänen in Italien höchstens fünf bis zehn Tage durchgehalten werden.“

Norditalien ist binnen kurzer Zeit zum größten Herd des neuartigen Coronavirus in Europa geworden. Dort wurde bislang bei knapp 230 Menschen eine Infektion mit dem Erreger der Lungenkrankheit Covid-19 nachgewiesen, sieben Infizierte starben. Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten sieht derzeit ein „mittleres bis hohes“ Risiko, dass sich das Virus auch in anderen EU-Ländern ausbreiten könnte.

In der EU vorerst keine Grenzkontrollen – Krisentreffen einberufen

Nach Angaben der EU-Kommission wären vorübergehende Grenzkontrollen wegen des Virus grundsätzlich möglich. Die Brüsseler Behörde hält es bislang aber nicht für nötig, aufgrund der Epidemie systematische Grenzkontrollen einzuführen.

Es ist auch fraglich, wie wirkungsvoll solche Sperren überhaupt wären, solange andere Verkehrsmittel Italien weiter ansteuern, so die „Welt“.

An Flughäfen mit Verbindungen nach China gibt es bisher schon Informations- und Warnhinweise für Passagiere über die Symptome der Coronaviruserkrankung, schreibt die Welt. Direktflüge aus China landen auch noch auf deutschen Flughäfen.

Italiens Gesundheitsminister Roberto Speranza berief für Dienstagnachmittag ein Krisentreffen mit seinen Kollegen aus den Nachbarländern ein. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte seine Teilnahme zu. Spahn schloss zugleich weitere Schutzmaßnahmen in Deutschland nicht aus, sollte sich das Virus hierzulande weiter ausbreiten. Das Robert-Koch-Institut testet derzeit die im Zuge der Grippeüberwachung eingesandten Proben auf das Coronavirus.

Trotz der wachsenden Sorge vor dem Virus planen die 26 Staaten des Schengenraums nach Angaben der EU vorerst keine systematischen Grenzkontrollen. Die Grenzen zu Italien blieben zunächst weiter offen. Das Auswärtige Amt empfahl allen Italien-Reisenden nur, die Nachrichten zu verfolgen und sich in seiner Krisenvorsorgeliste einzutragen.

Coronavirus Deutschland: Virologe fordert strengere Prüfungen

Der Virologe Alexander Kekulé forderte anlässlich des Ausbruchs in Norditalien großflächig „jeden Fall“ in Europa zu testen, der „schwere Atemwegsinfektionen“ habe. Dies hatte der Virologe nach eigenen Angaben den europäischen Gesundheitsministern bereits vor zwei Wochen vorgeschlagen. „Darauf haben sich die Minister nicht geeinigt, und jetzt haben wir den Fall in Italien.“

Unterdessen kritisierte er auch die Einschätzung von Gesundheitsminister Jens Spahn und seiner Behörden zur Gefährlichkeit des Coronavirus.

Vor allem ist es so, dass seine Behörden ja immer noch das Coronavirus harmloser als die Grippe darstellen“, so der Virologe.

Das Virus sei für denjenigen, der die Infektion bekomme „zehnmal gefährlicher“ als die Grippe, so Kekulé.

Beim Coronavirus seien im Gegensatz zur Grippe auch die Risikogruppen noch unbekannt. „Das ist eine ganz andere Situation“, so Kekulé. Man habe keinen Impfstoff für den Coronavirus und „deshalb sehe ich das überhaupt nicht, warum man das bisher so auf die leichte Schulter genommen hat“.

Frank Roselieb vom Institut für Krisenforschung der Universität Kiel erklärte „Focus“, welche Maßnahmen bei einer Krisenbewältigung in Frage kämen. Deutschland würde Roselieb zufolge im Falle einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus anders als in Italien handeln. Die Krisenbewältigung würde erst einmal auf kommunaler Ebene beginnen, so Roselieb. „Technisches Hilfswerk und die Feuerwehren würden helfen, Hygieneschleusen und eine Quarantäne aufzubauen“, fuhr der Krisenforscher weiter.

„Anstatt ganze Städte abzuriegeln, würden Infizierte im Pandemiefall dezentral beispielsweise in ehemaligen Bundeswehrkasernen isoliert. Um die Versorgung der Menschen in diesen Notfalllazaretten würden sich ehrenamtliche Organisationen kümmern“, zitiert Focus den Krisenforscher.

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