Gesichert rechtsextremistisch?
Gerichtsurteil offen, doch Beratungen über Folgen der AfD-Einstufung laufen schon
Nach der Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ durch den Verfassungsschutz, die noch Gegenstand eines Gerichtsverfahrens ist, bereiten sich Bund und Länder auf mögliche Konsequenzen vor. Eine neue Arbeitsgruppe soll einheitliche Rahmenbedingungen schaffen, insbesondere für Beamte und Waffenbesitzer.

Bund und Länder beraten über eine einheitliche Strategie im Umgang mit der AfD.
Foto: Maja Hitij/Getty Images
In Kürze:
- Bund und Länder koordinieren Vorgehen beim Umgang mit der AfD.
- Hintergrund: Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ durch den Verfassungsschutz
- Eine Arbeitsgruppe soll einheitliche Richtlinien für Beamte und Waffenbesitzer entwickeln.
Einem Bericht des „Tagesspiegel“ zufolge wollen Bund und Länder ihr Vorgehen beim Umgang mit der AfD koordinieren. Grund dafür ist die Einstufung der Partei als „gesichert rechtsextremistisch“, die das Bundesamt für Verfassungsschutz Anfang Mai verkündet hatte. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll sich nun mit möglichen Konsequenzen befassen.
Derzeit führt der Bundesverfassungsschutz die Partei weiterhin als „Verdachtsfall“. Der Inlandsgeheimdienst hatte gegenüber der AfD eine Stillhaltezusage abgegeben, nachdem diese vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen die Hochstufung geklagt hatte. Nun wollen sich Bund und Länder offenbar für den Fall vorbereiten, dass das Gericht die Einstufung des Verfassungsschutzes billigen sollte. Die Einstufung als Verdachtsfall hatte das Oberverwaltungsgericht für das Land NRW im Mai 2024 als rechtmäßig beurteilt. Für die Annahme einer erwiesen extremistischen Bestrebung bedarf es jedoch noch gewichtigerer Anhaltspunkte als für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen.
Bund und Länder wollen sich auf Gerichtsentscheidung zur AfD vorbereiten
Wie der „Tagesspiegel“ aus Länderkreisen erfahren haben will, soll sich die Arbeitsgruppe bereits in der Vorwoche konstituiert haben. Dazu hätten sich Spitzenbeamte auf Arbeitsebene getroffen. Die Gruppe wolle „zeitnah weiterarbeiten“, hieß es weiter.
Ziel des Vorstoßes ist es offenbar, sich auf einheitliche Rahmenbedingungen für den Umgang mit Mitgliedern der Partei für den Fall einer Bestätigung der Einstufung durch das Gericht zu verständigen. So gehe es unter anderem um Auswirkungen einer Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ auf Beamte oder Waffenbesitzer.
Bund und Länder sollten dabei Richtlinien an die Hand bekommen, an denen sie sich orientieren könnten. Auf Länderseite zeigte man sich dem Bericht zufolge „teils positiv überrascht“ über eine „konstruktive und offene Haltung des Bundesinnenministeriums“ mit Blick auf die Problematik.
Verfassungsschutzeinstufung für Beamte und Waffenbesitzer bedeutsam
Im Juli hatte der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Michael Ebling, angedeutet, AfD-Mitglieder grundsätzlich nicht mehr in den Staatsdienst aufnehmen zu wollen. Um das sicherzustellen, sollten „alle Bewerberinnen und Bewerber erklären, dass sie keiner extremistischen Organisation angehören oder in den letzten fünf Jahren angehört haben“.
Bereits 2022 hatte das Innenministerium in Sachsen-Anhalt eine groß angelegte Aktion gestartet, um Waffenbesitzkarten von AfD-Mitgliedern zu widerrufen. Anlass war die Einstufung des Landesverbandes als „gesichert rechtsextremistisch“ durch den Landesverfassungsschutz.
Dabei stützte man sich auf die Annahme der Regel-Unzuverlässigkeit, die Paragraf 5 des Waffengesetzes bei Personen vorsieht, die einer entsprechenden Vereinigung angehören. Allerdings begründet auch die Zugehörigkeit zu einer als gesichert extremistisch eingestuften Organisation keinen Automatismus bezüglich einer Nichteignung für das Beamtenverhältnis oder die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit.
Einzelfallprüfung muss immer möglich bleiben
In allen Fällen ist eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls durchzuführen. Beamte oder Waffenbesitzer, die einer solchen Vereinigung angehören, müssen die Möglichkeit haben, ihre jederzeit gewährleistete Verfassungstreue oder waffenrechtliche Zuverlässigkeit glaubhaft zu machen.
Anfang Mai hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD auf Bundesebene als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Dabei stützte sich das Amt auf ein Gutachten, das ursprünglich nicht zur Veröffentlichung bestimmt war. Allerdings hatte eine Quelle es an „Cicero“ geleakt. Mittlerweile ist es frei im Netz verfügbar.
Im Kern sehen die Verfassungsschützer bei der Partei Bestrebungen, die gegen die Menschenwürde und gegen die rechtliche Gleichheit aller Staatsangehörigen gerichtet seien. Dabei stützen sie sich auf Aussagen von Funktionsträgern auf allen Parteiebenen, die einen „ethnisch-kulturellen Volksbegriff“ erkennen ließen. An diesen würden sich, so die Überzeugung des Verfassungsschutzes, diskriminierende politische Zielsetzungen knüpfen.
Zudem würden in der AfD pauschalisierende und herabwürdigende Begriffe gegenüber Geflüchteten und Muslimen verwendet. Diese seien mit konkreten, gegen die gleichberechtigte Religionsausübung von Muslimen gerichteten Forderungen verbunden.
Laut Staats- und Völkerrechtsjurist Dietrich Murswiek steht die Einstufung auf wackeligen Beinen. Gegenüber „Libratus“ erklärte er, es sei entscheidend, „ob daraus der Plan hervorgeht, Demokratie, Rechtsstaat oder die Menschenwürde abzuschaffen. Diese Zielsetzung darf der Verfassungsschutz nicht einfach unterstellen, wenn jemand rhetorisch über die Stränge schlägt. Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es nicht, die soziale Ordnung zu schützen, sondern die freiheitlich-demokratische Grundordnung, also den Kern der Verfassung. Das ist ein Unterschied.“
Die Frage, ob die Parteien, die derzeit in Regierungsverantwortung stehen, über dieses Verfahren einen lästigen politischen Gegner beseitigen wollen, muss gestattet sein. Laut neuesten Umfragen ist die AfD bundesstärkste Kraft, erstmals klar vor der Union. Der Verfassungsschutz untersteht dem Innenministerium. Der Bundesinnenminister ernennt auch den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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