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Grünen-Finanzexperte fordert Aufklärung zu Hessens Derivatehandel

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Frankfurter Wertpapierbörse

Foto: über dts Nachrichtenagentur

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Lesedauer: 3 Min.

Der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick hat „eine richtig knackige Aufarbeitung“ der hessischen Milliardenverluste aus Derivategeschäften gefordert.
„Das ist eine Größenordnung von Milliarden, fast wie bei Cum-Ex oder Wirecard. Da muss eine richtig knackige Aufarbeitung geleistet werden“, sagte er der „Frankfurter Rundschau“ (Samstagsausgabe).

Hat sich Hessen unabhängige Expertise eingeholt?

Der hessische Rechnungshof hatte in dieser Woche bekannt gegeben, dass Hessen durch die langjährige Festlegung von Zinsen mehr als vier Milliarden Euro zu viel zahlt. Der Ex-Abgeordnete Schick, der heute als Vorstand der Organisation „Bürgerbewegung Finanzwende“ tätig ist, sagte:
„Solch eine Konstruktion ist in keinem Fall, den ich kenne, vom Kunden ausgegangen, sondern immer von den Derivatehändlern der Banken. Es gab ein Beratungsmandat mit der Helaba. Hat man sich blind auf die verlassen? Mich würde interessieren, ob Hessen sich unabhängige Expertise eingeholt hat, zum Beispiel von Experten der Bundesfinanzagentur.“

Viele Gebietskörperschaften durch Derivate in finanzielle Schwierigkeiten geraten

Schick sagte, dass schon viele Gebietskörperschaften durch derartige Geschäfte in finanzielle Schwierigkeiten geraten seien.
„Vor diesem Hintergrund handelt jeder grob fahrlässig, der sich naiv auf solche Geschäfte einlässt. Hessen ist für mich ein weiterer Fall in der langen Kette von Opfern von Derivategeschäften“, sagte er der „Frankfurter Rundschau“.
Und weiter: „Ich halte es für unverantwortlich, solche Geschäfte in dieser Größenordnung und mit einer solch langen Laufzeit ohne unabhängige Beratung abzuschließen.“

Bouffier: „Wir müssen heute davon ausgehen, dass er sich große Sorgen machte“

Ende März war der 54-jährige hessische Finanzminister Thomas Schäfer (damals CDU),  ein verheirateter Familienvater, an einer Bahnstrecke bei Hochheim tot aufgefunden worden. Ermittler gingen von einem Suizid aus. Spekulationen zogen eine Verbindung zum verlustreichen Derivate-Geschäft Hessens.
Kurz nach dem Tod Schäfer’s meldete sich Ministerpräsident Volker Bouffier zu Wort und erklärte gegenüber der „Bild“-Zeitung: „Wir müssen heute davon ausgehen, dass er sich große Sorgen machte. Große Sorgen vor allen Dingen darum, ob es gelingen könne, die riesigen Erwartungen in der Bevölkerung – insbesondere der finanziellen Hilfen – zu erfüllen. Ich muss davon ausgehen, dass ihn diese Sorgen erdrückt haben. Er fand offensichtlich keinen Ausweg mehr.“

Schäfer: „Wir haben nicht spekuliert, sondern für Planungssicherheit gesorgt“

Andere spekulierten, dass die Tat mit der finanziellen Belastung durch die Corona-Krise, ihre Auswirkungen auf die weltweiten Aktienmärkten, aber auch dem Zustand des hessischen Staatshaushaltes samt Derivate-Geschäft zu tun haben könnte.
„Wir haben nicht spekuliert, sondern für Planungssicherheit gesorgt“, hatte Schäfer im Jahr 2018 gegenüber der „Welt“ erklärt, nachdem diese ihn auf Zinsderivate angesprochen hatte, die vonseiten der Schuldenverwaltung des hessischen Finanzministeriums im Jahr 2011 angeschafft worden waren. (dts/er)

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