Klingbeil will Heizungsgesetz „sozial abfedern“ – FDP vor Bewährungsprobe

Das Heizungsgesetz soll laut SPD und Grünen trotz des Graichen-Rücktritts planmäßig verabschiedet werden. Neben der FDP übt jetzt auch das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung Kritik.
Das Heizungsgesetz gilt als wichtiger Baustein des Vorhabens, Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu machen.
Das Heizungsgesetz gilt als wichtiger Baustein des Vorhabens, Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu machen.Foto: Moritz Frankenberg/dpa
Von 23. Mai 2023

Verbände und Praktiker hoffen nach dem Rücktritt von Staatssekretär Patrick Graichen auf eine neue Debatte zur geplanten Novelle zum Gebäudeenergiegesetz (GEG). SPD und Grüne wollen das sogenannte Heizungsgesetz jedoch wie vorgesehen noch vor der parlamentarischen Sommerpause durchdrücken. Dies erklärte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil am Sonntag, 21. Mai, in der ARD.

Das umstrittene Gesetz solle auch wie geplant Anfang 2024 in Kraft treten, fordert Klingbeil. Auf diese Weise sollten die Bürger „Klarheit“ bekommen. Ab nächstem Jahr soll möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent klimaneutral betrieben werden. Neben wenigen Ausnahmen, die von der Entwicklung der Wasserstofftechnologie abhängen, würden nur Modelle mit Wärmepumpen die Anforderungen erfüllen.

Für eine Lebensdauer von maximal 30 Jahren wäre ein Weiterbetrieb oder eine Reparatur bestehender Öl- oder Gasheizungen zulässig.

SPD will nur noch Details am Heizungsgesetz verändern

Allerdings will der SPD-Chef noch einige Nachbesserungen an der Vorlage vornehmen lassen. Unter anderem sei ihm wichtig, Mieter vor Preisexplosionen durch die Modernisierungsumlage zu schützen. Dem ZDF zufolge solle es nach dem Willen der SPD auch soziale Staffelungen und Übergangsfristen geben. Dies solle sicherstellen, dass „niemand zurückgelassen wird, dass alle mitgenommen werden auf diesem Weg“.

Demgegenüber hatte Bundeskanzler Olaf Scholz erklärt, dass die meisten Bedenken gegen das Heizungsgesetz im Wesentlichen ausgeräumt seien. Gegenüber ntv und RTL äußerte er, diese bezögen sich auf einen „gar nicht zur Veröffentlichung gedachten Rohentwurf“. Im aktuellen Gesetzesentwurf sei gewährleistet, dass „niemand wirtschaftlich und sozial überfordert wird“.

Fraktionschef Rolf Mützenich zeigt sich jedoch „genervt“ von Forderungen der FDP nach einer Verschiebung des Gesetzgebungsprozesses. Nach dem Rücktritt Graichens will sie Verbänden und Experten noch einmal die Gelegenheit geben, ihre Bedenken zu artikulieren. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Graichen hätten, so der Vorwurf, einen direkten Dialog mit den Betroffenen verweigert.

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Göring-Eckardt will höhere Förderungen statt Ausnahmen

Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt fordert Bundeskanzler Scholz deshalb dazu auf, ein Machtwort zu sprechen. Gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe äußerte sie am Samstag, ein „Klimakanzler“ sei „schwer zu erkennen“. Scholz dürfe es sich „nicht leicht machen“. Das Heizungsgesetz sei „kein Spezialthema von Robert Habeck oder den Bündnisgrünen“, sondern ein gemeinsames „Großprojekt“.

Allerdings befürwortet auch Göring-Eckardt weitere Maßnahmen zur sozialen Abfederung der geplanten Maßnahmen. Wie der „Spiegel“ berichtet, schwebt ihr eine nach Einkommen gestaffelte Förderung des Umstiegs auf klimafreundliche Heizungen vor.

Niemand dürfe „gezwungen werden, sein Haus zu verkaufen“, erklärte die Politikerin. Auch dürfe es für Mieter keine großen Belastungen geben:

Deswegen wollen wir die neue Heizung bis zu 80 Prozent fördern – und nicht wie im aktuellen Entwurf vorgesehen nur zu maximal 50 Prozent.“

FDP könnte Nachdenkpause für Heizungsgesetz erzwingen

Bundesverkehrsminister Volker Wissing forderte hingegen einen Aufschub. Das Heizungsgesetz zeige, „was es bedeutet, wenn man mit dem Kopf durch die Wand versucht, Klimaschutz zu betreiben“. Man verliere dabei die Bevölkerung. Das Gesetz müsse jetzt „sorgfältig überarbeitet“ werden.

Sein Parteikollege Wolfgang Kubicki kritisierte Göring-Eckardts Forderungen an den Kanzler, die Debatte zu beenden. Gegenüber den Funke-Medien erhebt er Vorwürfe gegenüber den Grünen. Diese versuchten mithilfe des Kanzlers, „ihre klimapolitischen Forderungen nicht nur gegen die Freien Demokraten, sondern auch gegen die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung durchzusetzen“.

In einer Koalition habe man jedoch nur gemeinsam gesetzgeberische Mehrheiten. Deshalb liefe ein Machtwort des Kanzlers „hier ins Leere, weshalb Olaf Scholz vernünftigerweise darauf auch verzichtet“. Der FDP bleibt jedoch nur noch wenig Zeit, sich gegen ein Einbringen des Gesetzesentwurfs in den Bundestag noch in dieser Woche zu stellen.

PIK will Steuerung über den Emissionshandel

Unerwartete Kritik am geplanten Heizungsgesetz kommt derweil vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Dessen Direktor Ottmar Edenhofer erklärte gegenüber dem „Nordschleswiger“, eine Politik mit dem Kopf durch die Wand sei wenig zielführend:

Meine Empfehlung an die Ampel wäre es daher, kurz durchzuatmen, einen Schritt zurückzutreten und einen neuen Anlauf für die Heizungswende zu nehmen.“

Statt den Gesetzentwurf mit der Brechstange durchbringen zu wollen, solle die Regierung besser bestehende Mechanismen nutzen. Über den Weg des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) könnte das Kabinett eine Obergrenze für Emissionen festlegen.

Damit würde das Heizen mit Gas schrittweise, aber deutlich teurer. Der Preisanstieg ließe sich deckeln. Früher oder später würden die Bürger aber von selbst auf klimafreundlichere Alternativen umsteigen. Die Regierung müsste die Kosten jedoch klar kommunizieren. Edenhofers Fazit:

Den nationalen Emissionshandel mit Emissionsobergrenzen sofort arbeiten zu lassen, ist klüger als die Verbots- und Gebotspolitik.“

(Mit Material von AFP)



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