Merz: Die ganze Welt lacht über Deutschlands „subventionierte Arbeitslosigkeit“

CDU-Chef Friedrich Merz hat bei seiner Aschermittwochsrede im thüringischen Apolda beinahe jede Partei attackiert – vor allem die AfD, von der sich die CDU seiner Meinung nach „ganz fundamental“ unterscheide.
«Aus meiner Sicht gibt es keine Veranlassung, jetzt noch einmal die Notlage zu erklären», sagt CDU-Chef Friedrich Merz.
CDU-Chef Friedrich Merz gab sich in Apolda kampflustig – besonders gegen die AfD (Archivbild).Foto: Bernd Weißbrod/dpa
Von 15. Februar 2024

Zum Finale des politischen Aschermittwochs hatte die CDU am 14. Februar in die Vereinsbrauerei im thüringischen Apolda eingeladen. Keine leichte Aufgabe für Friedrich Merz: Der CDU-Bundesvorsitzende, mutmaßliche Spitzenkandidat der Union und damit womöglich der nächste Kanzler, kritisierte die Ampelregierung und die zweitgrößte Oppositionspartei AfD scharf. Denn in Thüringen hat der AfD-Landeschef Björn Höcke Ambitionen, im September das Amt des Ministerpräsidenten zu erobern.

Schon nach wenigen Minuten kam Merz darauf zu sprechen. Aus seiner Sicht werde die Landtagswahl auf ein Duell zwischen dem CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt und „einem Herrn Höcke“ hinauslaufen. Spätestens nach den Ereignissen in Israel vom 7. Oktober 2023 sei klar, dass die AfD „für den Abstieg von Deutschland“ stehe. „Nicht für den wirtschaftlichen Abstieg allein, sondern vor allem für den moralischen Abstieg für Deutschland“, ergänzte der Oppositionsführer.

Im Einklang mit dem Erbe Konrad Adenauers werde es die CDU aber „nie wieder zulassen, dass Nationalismus und Chauvinismus und Antisemitismus in diesem Land salonfähig werden“. Das wäre „eine Schande für Deutschland“.

Einwanderung und Staatsbürgerschaftsrecht

Zu den „Grundwerten unserer Gesellschaft“ gehöre auch „Toleranz und Respekt vor denjenigen, die vielleicht erst später nach Deutschland gekommen sind und hier auf Dauer leben wollen“. Das unterscheide die CDU „ganz fundamental“ von der AfD.

Wir wollen ein Land, in dem es eine Politik gibt, die zu den Menschen passt. Die AfD möchte ein Land, in dem es nur Menschen gibt, die zu ihrer Politik passen.“

Kurz darauf kritisiert Merz die „Einwanderungspolitik der Bundesregierung“ selbst als „eine Katastrophe für unser Land“. Nicht nur die Städte, Gemeinden und Landkreise seien überfordert. Es verändere sich „etwas im Miteinander der Gesellschaft“:

Es ist eben nicht so, dass alle diejenigen, die kommen, integrationsfähig und integrationsbereit sind. Viele wollen es überhaupt nicht! Sie wollen nicht, dass sie in dieses Land integriert werden, sondern sie wollen zum Teil sogar aus religiösen Gründen ein anderes Land.“

Doch das sei mit der CDU „nicht zu machen“, sagte Merz. Dass die Regierungskoalition es ermögliche, Menschen schon nach drei oder fünf Jahren die Staatsbürgerschaft zu gewähren, sei „ein schwerer strategischer Fehler für die Innenpolitik“, so Merz. Deutschland benötige zwar „Einwanderung in den Arbeitsmarkt, aber wir brauchen keine zusätzliche Einwanderung in die sozialen Sicherungssysteme“.

Politischer Aschermittwoch in der Vereinsbrauerei Apolda: Das Publikum quittierte beinahe jede Äußerung von CDU-Parteichef mit Applaus. Foto: Bildschirmfoto/YouTube/CDU

Politischer Aschermittwoch 2024 in der Vereinsbrauerei Apolda: Das Publikum quittierte beinahe jede Äußerung von CDU-Parteichef Friedrich Merz mit Applaus. Foto: Bildschirmfoto/YouTube/CDU

Bürgergeld als „subventionierte Arbeitslosigkeit“

Später sprach sich Merz dafür aus, zunächst jenen 2,6 Millionen arbeitslosen Menschen „eine faire und anständige Chance“ zu geben, „in den Arbeitsmarkt zurückzukehren“, anstatt „in großem Umfang Einwanderung in den Arbeitsmarkt zu propagieren“, wie es die Ampelregierung mache. Man werde die Betroffenen aber „veranlassen müssen, das aus eigenen ökonomischen Gründen auch zu tun“, kündigte Merz an.

Mittlerweile lache jedenfalls „die ganze Welt über Deutschland, was wir da machen mit diesem Schwachsinn, der sich Bürgergeld nennt“. Es handele sich um „subventionierte Arbeitslosigkeit“:

Wer sich für sein Leben entschlossen hat, nicht zu arbeiten, der darf das tun. […] Der kann sagen, ich höre morgen auf. Aber er kann nicht sagen, ich gehe übermorgen zum Amt und erwarte, dass das Volk, dass die Gemeinschaft der Versicherten mich von diesem Tag an dann auch in meinem Lebensunterhalt unterstützt und finanziert.“

Das Bürgergeld werde die CDU also „grundlegend korrigieren“, versprach der CDU-Chef. Auch das neue Staatsbürgerschaftsrecht, das Heizungsgesetz und einen „übergriffigen Staat“ werde man „rückgängig machen“.

FDP in der Zwickmühle

Er frage sich, warum die FDP überhaupt noch in der Ampel mitmache. Die Partei werde sich entscheiden müssen: „Bleibt sie drin, ist sie beim nächsten Mal draußen. Geht sie raus, hat sie eine kleine Chance, zu überleben.“ Und „einen Tod“ werde die FDP sterben müssen, wenn sie so weitermache. „Dann ist es vorbei mit dem Liberalismus dieser Partei“, stellte Merz fest.

Genau deshalb müsse die CDU „bei der nächsten Bundestagswahl so stark werden, dass gegen uns oder ohne uns gar nicht erst regiert werden“ könne. Bei der Europawahl am 9. Juni gelte es zudem zu verhindern, dass „die deutschen Grünen“ nicht „wieder so stark werden, wie sie beim letzten Mal geworden sind“. Er habe nichts dagegen, dass die Grünen ständig fragten, wie die Menschen leben wollten. „Aber können wir vielleicht auch noch mal die Frage stellen, wovon wir eigentlich leben wollen?“ Lauter Applaus der CDU-Anhänger erklang.

„Das Volk muss das Gefühl haben, dass es anständig und fair gemacht wird“

Kritik übte Merz auch angesichts des kurzfristig abgesagten Aschermittwoch-Auftritts der Grünen in Biberach. Zwar müssten derartige Veranstaltungen „stattfinden können“. Doch wenn die Grünen „mit den Landwirten so“ umgingen, wie sie das „in den letzten Monaten gemacht“ hätten, dann dürften sie sich „über den anhaltenden Protest der Landwirte nicht wundern“. Er empfahl, „das mit dem Agrardiesel“ zurückzunehmen und Subventionskürzungen besser gleich „für alle“ auszusprechen: „Das Volk muss das Gefühl haben, dass es anständig und fair gemacht wird“, so Merz.

Dennoch werde die CDU „den Teufel tun, uns allen Optionen zu verschließen und damit jeden Handlungsspielraum zu nehmen“, konterte Merz in Richtung von CSU-Chef Markus Söder, der die von Merz angedachte Bündnisoption mit den Grünen am Vormittag auf seiner eigenen Aschermittwochsrede kritisiert hatte.

Weil es bei der Bundestagswahl 2025 „vielleicht“ nur die beiden Optionen SPD und Grüne geben werde, müsse man „im breiten Spektrum der politischen Mitte miteinander kooperationsfähig und möglicherweise auch koalitionsfähig bleiben“, mahnte Merz – auch wenn das „keine schönen Aussichten“ bedeute. Der Oppositionsführer hatte sich erst vor wenigen Wochen in einem Newsletter offen für Koalitionsgespräche im Bund mit den Grünen gezeigt.

CDU-Parteichef Friedrich Merz zog das Publikum des Politischen Aschermittwochs 2024 in Apolda beinahe eine Stunde lang in seinen Bann. Foto: Bildschirmfoto/YouTube/CDU

CDU-Parteichef Friedrich Merz zog das Publikum des Politischen Aschermittwochs 2024 in Apolda beinahe eine Stunde lang in seinen Bann. Foto: Bildschirmfoto/YouTube/CDU

Freiheit, Wohlstand, Arbeit – erst dann Frieden

Wenn die Menschen Freiheit, Frieden, Wohlstand und Sozialpolitik erhalten wollten, so Merz, dann werde „das nicht mit weniger Anstrengung und mit weniger Arbeit gehen“. Das über allem stehende Thema sei für ihn allerdings die „Bewahrung unserer Freiheit, nicht des Friedens zuerst“. Es gehe ihm um die Freiheit, „hier zu sein, ohne dass da draußen irgendwelche Volkspolizisten stehen, die das beobachten“. „Frieden gibt’s auf jedem Friedhof“, witzelte der 68-Jährige.

Das zweite entscheidende Thema sei für ihn „die Sicherung unseres Wohlstandes“. Als Vorbedingung nennt Merz den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Zukunftsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme und „überhaupt den Klimawandel und die damit einhergehende Transformation unserer Volkswirtschaft finanzieren“ zu können. Deutschland benötige wieder mehr Investitionen, mutige Unternehmer und leistungsfähige Arbeitnehmer.

Umsteuern bei Atomkraft und Wehrpflicht

Zum Auftakt seiner beinahe einstündigen Rede hatte Merz auch ein wenig Kritik an der eigenen Partei geübt: Der Ausstieg aus der Atomkraft sei ebenso wie das Aussetzen der Wehrpflicht „ein schwerer Fehler“ gewesen. Nun aber sei die Partei zu Korrekturen bereit. Dazu habe sie „zwei Jahre hart“ an ihrem neuen Grundsatzprogramm gearbeitet, das am 7. und 8. Mai auf dem Bundesparteitag verabschiedet werden solle. Eine „prägende Person“ dabei sei der Thüringer CDU-Landes- und Fraktionschef Mario Voigt gewesen, lobte der Bundesparteivorsitzende.

Den Mitschnitt des politischen Aschermittwochs aus Apolda mit Friedrich Merz, Mario Voigt und Thomas Gottweiss, dem energiepolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Thüringen, ist in voller Länge im Netz abrufbar (Video auf „YouTube“).

AfD in Thüringen mit Abstand stärkste Partei

Die jüngste aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA hatte vor genau einem Monat verdeutlicht, dass die AfD in Thüringen mit 31,0 Prozent die größten Chancen hat, stärkste Kraft zu werden. Die Union lag elf Prozentpunkte dahinter.

Die Partei des amtierenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) hätte mit 15,0 Prozent kaum noch Chancen, zumal Friedrich Merz sie bei seiner Aufzählung der „demokratischen Parteien“ ebenso unterschlagen hatte wie die AfD. Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erwähnte Merz nicht, obwohl 17 Prozent der INSA-Befragten angegeben hatten, sich für diese Partei zu entscheiden. SPD (6,0 Prozent) und Grüne (5,0) müssen um den Einzug ins Landesparlament bangen. Für die FDP sah es Mitte Januar 2024 mit 3,0 Prozent ganz düster aus.

Wahlkalender 2024

Das Superwahljahr 2024 hatte am 11. Februar mit der Teilwiederholungswahl des Bundestags im Land Berlin begonnen. Nun geht es in Thüringen am 26. Mai mit Kommunalwahlen weiter.

Am 9. Juni findet nicht nur die Wahl zu einem neuen EU-Parlament statt, sondern auch Kommunalwahlen in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, im Saarland, in Sachsen und in Sachsen-Anhalt.

Im September wird dann die Frage entschieden, wer sich für eine jeweils neue Landesregierung in Sachsen, Thüringen und Brandenburg zusammentun wird.



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