Monatelanges Warten auf Geld: Digitalplattform für BAföG frustriert

Auch nach über einem Jahr seit der Einführung der Plattform BAföG-Digital gibt es massive Probleme mit der Antragsbearbeitung. Es ist eher die Regel statt die Ausnahme, dass Studenten erst mehrere Monate später Geld bekommen.
Titelbild
Studenten in einer Bibliothek.Foto: Joerg Koch/Getty Images
Von 12. Dezember 2022

Mithilfe der im September 2021 bundesweit eingeführten digitalen Plattform „BAföG-Digital“ sollten sich notwendige Verwaltungsprozesse beschleunigen und die Antragstellung erleichtern. BAföG-Anträge der jährlich rund 467.000 Studenten sollten schneller bearbeitet werden, ganz nebenbei wäre der Papierverbrauch gesunken.

Doch all dies ist nicht eingetreten, wie unabhängige Recherchen von „funk“ und dem Deutschen Studentenwerk, dem Dachverband der bundesweit 57 Studenten- und Studierendenwerke, ergaben. Stattdessen müssen Studenten monatelang warten, bis sie nach einem Erstantrag staatliches Unterstützungsgeld erhalten.

Gründe dafür sind die fehlgeschlagene Digitalisierung der Anträge, immer neue Regeln und überarbeitete Ämter. Dazu kommt ein hoher Krankenstand und Personalmangel, was die Missstände verschlimmert.

Antragsprozess nur teilweise digitalisiert

Das ursächliche Problem ist dabei, dass nicht der gesamte Antragsprozess digitalisiert worden ist, sondern nur die Antragsstellung selbst, berichtet der Dachverband.

Seinen Aussagen zufolge drucken die zuständigen BAföG-Ämter der Studierendenwerke die Anträge händisch aus. Die „Drucklast“ sei dabei so hoch, dass eigens dafür zusätzliches Personal angestellt worden sei. Außerdem gebe es Probleme bei der Verfügbarkeit von Papier, berichtete das Studentenwerk Ost-Niedersachsen.

Hinzu kommt, dass Erstanträge nicht vollständig ausgefüllt sind und sich die grundlegenden Regeln zu Bearbeitung und Bewilligung häufig ändern. Dadurch werden die BAföG-Anträge oft erst nach mehreren Monaten genehmigt. Bis zur eigentlichen Auszahlung können dann weitere Monate vergehen.

Eine Sachbearbeiterin aus Rheinland-Pfalz äußert gegenüber „funk“: „Wir haben etwa einen Antrag unter 200, der vollständig ist.“

Mehrere Ämter erklärten während der Recherche, dass sie vollständige Erstanträge zum Wintersemester, wenn viele neue Studenten an die Hochschulen kommen, frühestens nach zwei bis drei Monaten genehmigen. Auszahlungen erst nach einem halben Jahr seien kein Einzelfall, sondern Realität, heißt es weiter.

Studentenwerk fordert schnelle Einführung einer E-Akte

Um die Lage zu entspannen, fordert das Deutsche Studentenwerk die schnelle Einführung einer E-Akte und E-Bescheide für die schnellere Kommunikation mit den Studenten. In Sachsen-Anhalt, wo das Projekt BAföG-Digital federführend für alle Bundesländer entwickelt und zuerst eingeführt wurde, soll die BAföG-E-Akte 2023 kommen.

Doch die Studenten stehen noch vor einem weiteren Problem: die gestiegenen Kosten. Obwohl die BAföG-Empfänger zum Wintersemester mehr Geld bekommen, frisst die Inflation die knapp sechsprozentige Erhöhung der BAföG-Sätze wieder auf.

Gewünscht hatte man sich seitens des Studentenwerkes ein dreistufiges Modell: Die erste Stufe soll eine elternunabhängige Grundförderung sein. Die zweite ein Zuschuss für bedürftige Studenten, der nicht zurückgezahlt werden muss. Die dritte Stufe ist dann ein Zusatzdarlehen für jene, die Förderung darüber hinaus benötigen.

Stattdessen wurde der BAföG-Satz, der Mietzuschuss, Heizkostenzuschuss, einige Freibeträge und das Schonvermögen leicht erhöht. Für Lone Grotheer vom Freien Zusammenschluss von Studentenschaften (FZS) ist das Paket der Ampelregierung zu wenig. Nötig sei

ein BAföG, das endlich wieder der studentischen Lebensrealität gerecht wird und es auch bleibt.“

Gas- und Wärmepreisbremse auch für Wohnheime?

Zudem ist noch immer unklar, ob die von der Bundesregierung angekündigte Gas- und Wärmepreisbremse auch den Wohnheimen zugutekommen wird. Eigentlich soll diese nämlich nur für Privatkunden gelten. Der Heizkostenzuschuss wird vom Deutschen Studentenwerk positiv beurteilt. Allerdings fürchtet es, dass die Auszahlung erst sehr spät, in den ersten Monaten des Jahres 2023, erfolgen wird.

Jörg J. Schmitz von der Arbeitsgemeinschaft Studierendenwerke NRW hofft aufgrund der Gemeinnützigkeit darauf, dass die Gas- und Wärmepreisbremse auf die Wohnheime ausgeweitet wird.

Hinter den Kulissen kämpfen wir dafür. Wenn die Bremse nicht für uns gelten wird, zahlen das am Ende die Studenten.“

Wie ernst die Lage für so manchen Studenten ist, darauf verweist „Der Paritätische“. Laut seiner Aussage liegt die Armutsquote unter Studenten doppelt so hoch wie im Bevölkerungsdurchschnitt.

Dies bedeutet: Rund ein Drittel aller Studenten lebt laut Wohlfahrtsverband in Armut. „Junge Menschen an der Uni müssen sich auf ihr Studium konzentrieren können. Ständige Existenzängste machen keine guten Akademiker“, erklärte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider.



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