
US-Senator kritisiert deutsche Geheimdienstüberwachung der AfD als „polizeistaatlich“
Die Beobachtung der AfD durch das Bundesamt für Verfassungsschutz sorgt international für Irritationen: US-Senatoren werfen der Bundesregierung vor, mit geheimdienstlichen Mitteln eine demokratisch gewählte Oppositionspartei zu bekämpfen – und drohen mit Einschränkungen im transatlantischen Nachrichtenaustausch.

Republikanischer US-Senator Tom Cotton.
Foto: Pete Marovich/Getty Images
Die Debatte um die Einstufung der Alternative für Deutschland (AfD) durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat nun auch den US-Senat erreicht. Am vergangenen Freitag, 2. Mai, hatte bereits Außenminister Marco Rubio die – mittlerweile bis auf Weiteres ausgesetzte – Hochstufung der Partei zur „gesichert rechtsextremistischen Bestrebung“ kritisiert. Er sprach von „verkappter Tyrannei“.
Nun hat sich auch der Vorsitzende des Geheimdienstsonderausschusses des US-Senats zu der Angelegenheit geäußert. In einem Brief an die Nationale Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard fordert der republikanische Senator Tom Cotton, den Informationsaustausch mit dem deutschen Inlandsgeheimdienst einzuschränken.
Senator: US-Geheimdienste sollen keine AfD-Informationen mit BfV teilen
Es sollen demnach keine Erkenntnisse mehr mit Bezug auf die AfD mit dem Verfassungsschutz geteilt werden. Dies solle gelten, „solange die deutsche Regierung die AfD nicht als legitime Oppositionspartei, sondern als ‚rechtsextreme Organisation‘ behandelt“. Entsprechende Anfragen des BfV, die auf die Beobachtung der Partei und ihrer Mitglieder gerichtet seien, sollten unbeantwortet bleiben.
Cotton regte auch an, zu untersuchen, inwieweit sich die Vorgängerregierung unter US-Präsident Joe Biden an Maßnahmen zur Überwachung der AfD oder anderer Oppositionsparteien beteiligt hätte. Woran der Senator dabei besonders Anstoß nimmt, ist der Umstand, dass der Verfassungsschutz infolge seiner eigenen Entscheidung nun die AfD verstärkt mit geheimdienstlichen Mitteln beobachten darf.
Der Senator fügte hinzu:
„Mit anderen Worten: Der deutsche Geheimdienst kann nun die größte deutsche Oppositionspartei mit den zweitmeisten Stimmen bei den letzten Wahlen abhören, überwachen und infiltrieren.“
Deutschlands Regierung soll AfD „nicht mit autoritären Methoden bekämpfen“
Man würde, so Cotton weiter, solche „polizeistaatlichen Aktivitäten“ eher „von China oder Russland erwarten“ als vom größten Staat Westeuropas. Der republikanische Politiker aus Arkansas sieht in dem Schritt einen Ausdruck des Unbehagens liberaler Eliten auf beiden Seiten des Atlantiks über den Erfolg der Partei.
Die Ziele der AfD brächten aber offenbar den Willen vieler Deutscher zum Ausdruck. Cotton erklärt, eine Agenda, die strenge Grenzkontrollen, energiepolitische Unabhängigkeit und wirtschaftliches Wachstum umfasse, spreche auch in anderen Demokratien Wähler an.
Der US-Senator empfiehlt den Regierungsparteien in Deutschland, andere als autoritäre Wege zu wählen, um den Zuspruch zur AfD zu drosseln. Dabei könne es hilfreich sein, sich zu fragen, „warum die AfD stetig bei Wahlen an Boden gewinnt und wie Deutschlands Regierung auf berechtigte Sorgen ihrer Bürger reagieren könnte“.
Gerichte gaben dem Verfassungsschutz Rückendeckung
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat am Donnerstag, 8. Mai, im Wege einer Stillhaltezusage zugesagt, die AfD vorerst nicht mehr als „gesichert rechtsextremistisch“ zu bezeichnen. Dies soll so lange gelten, bis über den Eilantrag entschieden ist, den die Partei gegen die vor einer Woche verkündete Hochstufung beim Verwaltungsgericht Köln eingebracht hat.
Das Verwaltungsgericht Köln und das Oberverwaltungsgericht NRW in Münster hatten im März 2022 und Mai 2024 die Einstufung als Verdachtsfall als zulässig bewertet. Es bestehen, so das OVG, „hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass die AfD Bestrebungen verfolgt, die gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen sowie gegen das Demokratieprinzip gerichtet sind“.
US-Verständnis von Meinungsfreiheit kollidiert mit deutschem Extremismusbegriff
Die Aufgabe des Verfassungsschutzes ist seinem Konzept zufolge jene eines „Frühwarnsystems“ zum Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Die deutsche Geheimdienstarchitektur der Nachkriegszeit ging zu einem erheblichen Teil auf US-Einfluss zurück. Die Amerikaner förderten die Aufstellung der Organisation Gehlen, aus der später der Bundesnachrichtendienst (BND) erwuchs. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) wurde 1950 als Inlandsgeheimdienst unter dem Einfluss der westlichen Alliierten, hauptsächlich der USA, gegründet.
In den USA greifen Frühwarnsysteme gegen Extremismus und Terrorismus erst, wenn es belastbare Anhaltspunkte bezüglich Gewaltbereitschaft gibt. Bloße extremistische Meinungsäußerungen sind durch den Ersten Verfassungszusatz als Ausdruck der Meinungsfreiheit geschützt. Deshalb ist ein System wie der Verfassungsschutz in den USA selbst nicht vorgesehen.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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