Haftprüfungsrichter lehnt Freilassung von Michael Ballweg ab

Auch nach dem kurzfristig anberaumten Haftprüfungstermin am 11. Januar muss der Querdenken-Gründer Michael Ballweg in U-Haft bleiben. Das hat das Amtsgericht Stuttgart entschieden. Nun müsse man auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft warten, hieß es von Ballwegs Verteidigerteam.
Titelbild
Michael Ballweg nach einer Demonstration gegen Corona-Maßnahmen in Stuttgart am 16. Mai 2020.Foto: Thomas Lohnes/Getty Image
Von 12. Januar 2023

Michael Ballweg, der Gründer der regierungskritischen „Querdenker“-Bewegung, muss weiter in Untersuchungshaft bleiben. Das hat das Amtsgericht Stuttgart bei einem kurzfristig anberaumten mündlichen Haftprüfungstermin am Mittag des 11. Januar mitgeteilt. Zur Begründung habe das Amtsgericht geäußert, dass es „keine neuen Argumente“ gäbe, die eine Freilassung rechtfertigen würden, erklärte Dr. Reinhard Löffler vom Verteidigerteam. Er bezeichnete die rund 20-minütige Anhörung als „insgesamt sehr bitter“.

Das Gericht blieb damit bei seiner Entscheidung von Ende Dezember 2022, Ballweg über das übliche Maß von sechs Monaten hinaus in U-Haft zu belassen. Beweise für Ballwegs Schuld wurden nach Angaben seines Anwaltsteams bislang nicht veröffentlicht. Auch eine Anklage sei noch nicht erhoben worden.

Sympathiebekundungen vor dem Gericht

Eine Kundgebung vor rund 150 Ballweg-Sympathisanten vor dem Gerichtsgebäude konnte den Amtsrichter nicht zum Umdenken bewegen – ebenso wenig wie die Argumente des Verteidigerteams.

Noch am Tag vor der kurzfristigen Anberaumung des Haftprüfungstermins hatten sich Ballwegs Rechtsbeistände erfreut und zuversichtlich geäußert, ihren Mandaten frei bekommen zu können, sofern „ihm das eingeforderte rechtliche Gehör durch das Amtsgericht gewährt“ werde. Doch genau das habe der Richter nicht zugelassen, erklärte Rechtsanwalt Löffler. Auch einen Antrag auf Haftentlassung, „hilfsweise mit Auflagen“, habe der Richter abgelehnt.

Jetzt müsse man abwarten, „bis die Staatsanwaltschaft sich bequemt, eine Anklage zu schreiben“, sagte Löffler. Danach müsse die Staatsanwaltschaft ihre Anklageschrift vor irgendeinem Gericht vorlegen, um der Klage zustimmen zu lassen. Die Wartezeit sei für seinen Mandanten „unfassbar belastend“, weil man nicht wisse, wann ein Prozessauftakt stattfinden werde. Der „Knast“ in Stuttgart-Stammheim sei „mit das Mieseste, was wir in Deutschland haben“. Alle Seiten gingen davon aus, dass es „ein sehr schweres Verfahren“ werde. Dennoch mache Michael Ballweg nach wie vor einen „sehr gefestigten, sehr starken, sehr unbeugsamen Eindruck“. Ballweg schöpfe auch aus den Sympathiebekundungen der Demonstranten Kraft.

 

Dr. Reinhard Löffler vom Verteidigerteam Michael Ballwegs am 11. Januar 2023 vor dem Stuttgarter Amtsgericht. Foto: Screenshot/Telegram-Kanal „Güzey Israel informiert"

Dr. Reinhard Löffler vom Verteidigerteam Michael Ballwegs am 11. Januar 2023 vor dem Stuttgarter Amtsgericht. Foto: Screenshot/Telegram-Kanal „Güzey Israel informiert“

Anwälte: „Weder ein versuchter noch ein vollendeter Betrug“

Die Aufrechterhaltung der Haft wird nach Ansicht der Ballweg-Anwälte „ausschließlich dadurch begründet, dass Ausgaben, die Ballweg zwischen Juni 2020 und Februar 2022 getätigt hat, durch Staatsanwaltschaft und Gerichte nicht zur Kenntnis genommen“ worden seien. Das hatte Dr. Alexander Christ, der Sprecher der Anwaltsgruppe, noch kurz vor dem Haftprüfungstermin angegeben.

„Wir können mit Belegen nachweisen, dass der Querdenkengründer mehr Geld für die Zwecke der von ihm gegründeten Grundrechtebewegung ‚Querdenken‘ ausgegeben hat als er über Schenkungen eingenommen hat“, erklärte Christ. „Bei dieser Tatsachenlage“ sei „weder ein versuchter noch ein vollendeter Betrug […] denkbar“.

Da keine Fluchtgefahr bestehe, gebe es auch keinen Haftgrund, folgern die Verteidiger. Die Vermutung des Richters, dass Ballweg geplant habe, sich nach Costa Rica abzusetzen, entspreche nicht den Tatsachen: Anders als das Gericht annehme, habe Ballweg kein Bankkonto zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung in Costa Rica eröffnet. „Entsprechende Bestätigungen eines Rechtsanwalts aus Costa Rica hat das Amtsgericht Stuttgart nicht entgegengenommen“, schrieb Christ auf der Website „presse.querdenken-711.de“.

Dr. Reinhard Löffler bestätigte, dass Ballweg sogar bereit sei, seinen Reisepass abzugeben und sich zweimal in der Woche bei den Behörden zu melden. Doch auch das habe den Richter nicht überzeugt.

Das Verteidigerteam bekundete seine Absicht, den Abbruch des Haftverkündungstermins durch den Stuttgarter Amtsrichter vom 29. November 2022 „dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung“ vorzulegen.

Ein Sprecher des Amtsgerichts Stuttgart erklärte gegenüber Epoch Times, „keine allgemeine Stellungnahme zu der Querdenken-Pressemitteilung“ abgeben zu wollen.

 

 

Michael Ballweg nach einer Demonstration am 16. Mai 2020 in Stuttgart. Foto: Thomas Lohnes/Getty Images

Versuchter Betrug und Geldwäsche?

Der Unternehmer Michael Ballweg war am 29. Juli 2022 ins Hochsicherheitsgefängnis Stuttgart-Stammheim verbracht worden. Er steht noch immer im Verdacht des „versuchten gewerbsmäßigen Betruges und der Geldwäsche“. Das OLG gehe „auf Grundlage des Haftbefehles vom 14.11.2022“ weiterhin von einer Fluchtgefahr aus. Die Ermittlungen würden „seit der Festnahme des Beschuldigten am 29.06.2022 durchweg mit der gebotenen Beschleunigung zügig geführt“, erklärte eine Sprecherin des OLG am 3. Dezember gegenüber der Epoch Times. „Herrin des Verfahrens“ sei die Stuttgarter Staatsanwaltschaft.

Die nächste reguläre Haftprüfung wird im Einklang mit Paragraph 122 Absatz 3 Satz 3 StPO wohl frühestens in drei Monaten stattfinden, sofern „eine Hauptverhandlung bis dahin nicht begonnen hat oder der Haftbefehl aus anderen Gründen bis dahin nicht aufgehoben worden ist“, wie die OLG-Sprecherin sich damals äußerte.

Nach Ansicht seines Verteidigerteams hätte Ballweg längst entlassen werden müssen. „Querdenker-Anwalt“ Ralf Ludwig hatte auf seinem Telegram-Kanal argumentiert, dass ein Haftbefehl nur dann als „ordnungsgemäß ausgestellt“ gelten dürfe, wenn „zuvor der Beschuldigte umfassend gehört worden“ sei. Genau das aber habe man Ballweg schon beim Haftverkündungstermin 29. November 2022 verwehrt. Auch Dr. Alexander Christ wertete das als einen „dramatischen Formfehler“.

Das OLG hatte seinerzeit eine Haftbeschwerde von Ballwegs Anwälten „als unbegründet verworfen“, obwohl am 29. November 2022 tatsächlich keine Anhörung des Beschuldigten stattgefunden hatte. Zum bislang letzten Mal sei Ballweg am 14. September rechtliches Gehör gewährt worden, erklärte das Verteidigerteam am 10. Januar.

Viele offene Fragen – keine Anklage?

Nach Einschätzung von Ludwig wird es zu einer Anklage Michael Ballwegs wegen zu vieler offener Fragen gar nicht erst kommen. Er erklärte Anfang Januar, „kein Interesse an Erkenntnissen seitens der Staatsanwaltschaft und der Gerichte“ erkennen zu können.

Schließlich, so Ludwig, habe man Ballweg unter anderem die Akteneinsicht per CD mangels Computer verunmöglicht, seine „sämtlichen finanziellen Mittel“ eingefroren, einen großen Teil seiner Ausgaben aus Spendengeldern ignoriert, den zweiten Haftbefehl erst zwei Wochen nach dessen Erlass verkündet, Ballwegs Steuerberater das Gehör verweigert, über einen Befangenheitsantrag gegen den Richter am Amtsgericht erst 13 Tage später entschieden, noch immer keine Anklage erhoben und man bleibe zudem bis heute den Beweis schuldig, dass Ballweg „auch nur einen einzigen Cent“ aus den Spenden seiner Anhänger „für sich beansprucht“ habe. Zudem habe die Staatsanwaltschaft nach drei Gesprächen mit Michael Ballweg jedes weitere Gespräch abgelehnt.

Zu all diesen Vorwürfen wollten sich das Oberlandesgericht Stuttgart und die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegenüber der Epoch Times nicht äußern.



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