Einst gemobbt, heute gefeiert – wie Nick Vujicic sein Schicksal in die Quelle ungeahnter Möglichkeiten verwandelte
Keine Frage, Nick Vujicic hat Stehaufmännchenqualität. Im zarten Alter von zehn Jahren wollte er sich das Leben nehmen, um seinem sinnlosen, elenden Dasein ein Ende zu setzen. Heute ist der 42-Jährige Motivationsredner aus Leidenschaft und inspiriert Menschen auf der ganzen Welt. Wie hat er das geschafft?
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Wer hinfällt, muss wieder aufstehen – dies ist nur eine der Lebensweisheiten des australischen Motivationsredners Nick Vujicic. Hier eine Aufnahme vom 14. Dezember 2013, als er vor 50.000 Zuschauern im Nangang Exhibition Hall des Taipei World Trade Center eine Rede hielt.
Keine Arme, keine Beine, kein Verzagen – die Lebensgeschichte von Nick Vujicic ist einzigartig. Er beweist, dass sich selbst die widrigsten Umstände als wahrer Segen erweisen können – eine Erfolgsgeschichte, die Mut und Hoffnung vermittelt.
Wie alles begann
Vujicic wurde im Jahr 1982 in Melbourne, Australien, geboren. Seine Eltern waren Migranten, die in den 1960er-Jahren aus dem kommunistischen Jugoslawien nach Down Under geflohen waren. Mit leeren Händen kamen sie in Australien an. Doch sie verfügten über etwas, das man mit Geld nicht kaufen kann: einen inneren Reichtum, ihre gemeinsame Liebe zueinander.
Fünf Jahre nach ihrer Hochzeit wurde ihr Sohn Nicholas James, kurz Nick genannt, geboren, und mit ihm eine Welt voller Leid. So schien es zumindest. Denn Nick kam ohne Arme und Beine zur Welt, ohne dass dafür eine medizinische Ursache bekannt war. Seine Gliedmaßen bestanden in einem einzigen Fuß. Für seine Eltern ein Schock, da es vor der Geburt keinerlei Hinweise auf eine Behinderung gab.
Trotz der äußeren Widrigkeiten beschlossen sie, ihren Erstgeborenen zu respektieren und zu lieben, als hätte er keinerlei Fehlbildungen. Gegenüber Epoch Times schildert Vujicic: „Sie sagten mir, Gott habe einen Plan für mein Leben und sie wüssten nicht, was das für ein Plan sei, aber Gott habe einen Plan.“
Seine Eltern stärkten den Jungen durch Liebe, Anerkennung und die Überzeugung, dass er Dankbarkeit, Unabhängigkeit – finanziell und anderweitig – sowie Selbstwertgefühl entwickeln werde. Er sagt:
„Meine Eltern haben mir beigebracht, niemals von jemandem abhängig zu sein. Ich habe nicht immer alles bekommen, was ich wollte, wann ich es wollte und so, wie ich es wollte. Denn sie wollten nicht, dass es mir an Dankbarkeit mangelt.“
Als Vujicic jung war, begann er, Samstagsvormittags für zwei AU-Dollar pro Woche den Boden abzusaugen. Von dem Geld kaufte er sich Spielsachen. Diese Tätigkeit habe ihm nicht nur ein Gefühl von Würde vermittelt, sondern auch den Umgang mit Geld gelehrt und dazu beigetragen, dass er sich Ziele setzen und diese erreichen kann, erklärte er. Mit 17 Jahren begann er, an der Börse mit Aktien zu handeln. Mit 19 kaufte er sein erstes Haus und mit 27 hatte er bereits seine erste Million verdient.
Doch trotz der Liebe und Unterstützung seiner Eltern war Vujicics Weg steinig. Sein Leben war schwierig, besonders in der Jugend. Es schien, als sei er zu einem Leben in Einsamkeit, Kummer und Elend verdammt. Er musste sich der Tatsache stellen, dass er anders war als alle anderen um ihn herum. Er war einer der ersten Schüler mit besonderen Bedürfnissen, die in das australische Schulsystem integriert wurden – eine Chance, für die er sehr dankbar war. Andererseits wurde er durch diese Erfahrung zum Opfer von Mobbing. Ständig wurde er damit konfrontiert, dass sein Leben und seine Zukunft scheinbar begrenzt zu sein schienen.
Im Alter von acht bis 12 Jahren versank Vujicic in Depressionen. Seine Verzweiflung war so groß, dass er im Alter von zehn Jahren versuchte, sich in der Badewanne zu ertränken.
Doch ein Gedanke hielt ihn davon. „Es war der Gedanke, meine Mutter und meinen Vater an meinem Grab weinen zu sehen, weil sie sich wünschten, sie hätten mehr tun können – und ich habe nicht mitgemacht“, erinnert sich Vujicic.
Hoffnung keimt auf
Einige Jahre später verletzte sich Vujicic beim Fußballspielen am Fuß – nur eine der vielen Aktivitäten, die er trotz seiner Behinderung inzwischen mit Freude bis heute ausübt. Diese Verletzung und die Geschichte von der Heilung eines Blinden änderten seine Einstellung.
Im Johannesevangelium heißt es, dass Jesus einen Mann sah, der seit seiner Geburt blind war. Auf die Frage seiner Jünger, wessen Sünden zu seinem Schicksal geführt hätten, antwortete Jesus: „Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, sondern das Wirken Gottes soll an ihm offenbar werden.“
Für Vujicic war diese Geschichte ein Schlüsselmoment. Er kam zu der Erkenntnis:
„Ich habe die Wahl, wütend zu sein über das, was ich nicht habe, oder dankbar für das, was ich habe. Und mir wurde klar: ‚Gott, wenn du einen Plan für einen blinden Mann hast, dann hast du vielleicht auch einen Plan für mich, und ich muss einfach darauf vertrauen, dass du einen hast.‘“
Von diesem Zeitpunkt an erstrahlte das Licht der Hoffnung immer heller in Vujicics Leben. Heute ist er Motivationsredner, erfolgreicher Unternehmer, verheiratet und stolzer Vater von vier Kindern, alle unter 13 Jahren.
Ein Hausmeister brachte den Stein ins Rollen
Vujicics Karriere als Redner begann, als er zum Vizepräsidenten seiner Highschool gewählt wurde und der Hausmeister einige seiner Worte aufschnappte. Der Hausmeister war überzeugt, dass der junge Mann nicht nur eine Gabe hat, sondern auch eine wichtige Botschaft für die Welt bereithält. So organisierte er seinen ersten Vortrag. Inzwischen hat Vujicic weltweit in rund 80 Ländern vor Hunderttausenden Menschen Reden gehalten und Dutzende Präsidenten, Vizepräsidenten und Premierminister getroffen.
Es überrascht nicht, dass seine unglaublich inspirierende Geschichte die Aufmerksamkeit der Welt erregte. Um das Jahr 2006 herum wurde Vujicic via Internet bekannt. Nicht lange, nachdem er im Jahr 2005 in die Vereinigten Staaten umgezogen war, hatte er bereits 16 Millionen Follower in den sozialen Medien.
Nick Vujicic mit einem Fan am 16. April 2014 in New York.
Foto: Rob Kim/Getty Images
Doch seine Bekanntheit zog schließlich auch unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich. In einer Publikation wurde er als LGBTQ-feindlich bezeichnet. Der Bericht wurde vielfach gelesen.
„Damals gab es noch keinen Begriff wie ‚Cancel Culture‘. Aber ja, ich war einer der Ersten, die davon betroffen waren“, erinnert sich Vujicic.
Doch das war noch nicht alles. Es kam zu weiteren Vorfällen. Jemand legte eine Granate vor sein Haus. Seine Familie wurde von einer Drohne ausspioniert und es wurde mit Klage gedroht.
Bankenproblem öffnete neue Wege
Etwa zur gleichen Zeit erhielt Vujicic Post von seiner Bank. „Im Wesentlichen stand in dem Brief: ‚Wir haben Ihre Unterlagen geprüft. Sie haben 30 Tage Zeit, Ihr Geld abzuheben. Wenn Sie Ihr Geld nicht abheben, werden wir es einziehen‘“, erinnert er sich. Der 42-Jährige geht davon aus, dass die Bank den vorgenannten Artikel gelesen hatte, in dem er angegriffen worden war.
Die angedrohte Kontoschließung kam für Vujicic zum richtigen Zeitpunkt, denn er erhielt das Angebot, Mitbegründer eines Finanztechnologie-Startups zu werden, das sich den jüdisch-christlichen Werten verschrieben hatte. Das Angebot stammte von Betsy Gray. Sie hatte eine Pro-Life-Klinik geleitet – eine jener Kliniken, die sich für das Recht auf Leben einsetzten – und festgestellt, dass die Banken in ihrer Gegend einer gegenteiligen Agenda folgten.
Wie Vujicic schildert, wollte Gray die Einlagen der Klinik nicht an Banken geben, welche die Abtreibungsindustrie unterstützten. Als sie nach Alternativen suchte, fand sie heraus, dass alle Banken ausnahmslos die Organisation Planned Parenthood unterstützten, den größten Abtreibungsanbieter des Landes. So beschloss Gray, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und ein Finanzinstitut zu finden, das ihren konservativen Wertvorstellungen entsprach.
Nachdem seine frühere Bank Vujicic den Rücken zugekehrt hatte, erkannte auch er, wie dringend alternative Banken benötigt wurden. Es mangelte an Banken, die ihre Kunden nicht aufgrund ihrer konservativen Haltung diskriminieren würden. Hinzu kam, dass Vujicic selbst Befürworter des Lebens war:
„Ich war natürlich schon immer für das Leben, weil ich weiß, dass viele Menschen mich nach meinem Aussehen oder meinen Fähigkeiten beurteilt haben oder mit mir befreundet oder eben nicht befreundet waren – und ich fühlte mich von der Welt wirklich nicht wertgeschätzt, allein aufgrund ihrer Definition dessen, was wertvoll oder rentabel ist.“
Darum wurde Vujicic im Februar 2019 Mitbegründer und Markenbotschafter von ProLifeFintech. Die Bank bietet alles, was man von einer üblichen Bank erwartet: Giro-, Spar- und Geldmarktkonten zu wettbewerbsfähigen Konditionen, aber sie unterstützt nur „biblisch orientierte“ gemeinnützige Organisationen mit zehn Prozent ihres Nettoumsatzes. Einrichtungen und Unternehmen, die den Werten der Gründer und Stakeholder der ProLifeFintech widersprechen, gehören nicht dazu.
Die Vision von Vujicic, Gray und ihren Kollegen ist jedoch noch weitreichender. „Danach werden wir in die Vermögensverwaltung einsteigen“, so Vujicic gegenüber der Epoch Times. Sie wollen „ein ganzes Finanzökosystem eröffnen, das eines Tages auch Versicherungen und alle diese Arten Dienstleistungen umfassen könnte. Wir glauben, dass dies nur der Anfang eines eigenen kleinen Sonnensystems ist.“
Der 42-Jährige ist überzeugt davon, dass die Entscheidung, wo man Geld anlegt und ausgibt, einen großen Einfluss auf die Welt habe – größer, als man es sich vorstellen könne. „Wir verstehen einfach nicht, welche Macht unsere Entscheidung für eine bestimmte Bank oder bestimmte Dienstleistung haben kann“, sagt er. In den vergangenen fünf Jahren sei viel ans Licht gekommen, auch über Menschen mit entgegengesetzten Wertevorstellungen. „Leider sind wir alle diejenigen, die ihr Einkommen und ihre philanthropischen Aktivitäten finanzieren, die eigentlich im Widerspruch zu dem stehen, wofür wir uns als Menschen einsetzen“, schildert Vujicic. ProLifeFintech biete eine Möglichkeit, die finanziellen Gewohnheiten mit den eigenen Überzeugungen in Einklang zu bringen.
Mission: Hoffnung und Dankbarkeit
Doch es gibt noch weitere Projekte, an denen Vujicic arbeitet, darunter eine inspirierende Dokumentation über seine Lebensgeschichte. Schon immer standen Hoffnung und Dankbarkeit im Mittelpunkt seiner Botschaft.
Allen Menschen, die mit Depressionen kämpfen, gibt er den Rat, täglich aufzuschreiben, wofür sie dankbar sind. Die Liste aller Einträge sollen sie sodann täglich laut vorlesen.
Eine derartige Botschaft des Glaubens, der Hoffnung, der Dankbarkeit und der Zuversicht mag aus dem Mund der meisten Redner vielleicht banal und abgedroschen klingen. Doch Vujicic weiß, wovon er spricht. Ihm ist es gelungen, mit der richtigen Einstellung die unglaublichen Widrigkeiten seines Lebens zu überwinden. Aus dem Mund eines Mannes, der persönlich so sehr gelitten, immense Rückschläge verkraftet und durchgehalten hat, klingt ein solcher Rat einfach wahrhaftig.
Dieser Artikel erschien zuerst in der englischsprachigen Ausgabe der Epoch Times unter dem Titel „A Life of Conviction and Hope“ (deutsche Bearbeitung sua)
Walker Larson ist ein freiberuflicher Journalist mit dem Themenschwerpunkt Kultur. Er hat einen Master-Abschluss in englischer Literatur und Sprache und unterrichtete früher Literatur und Geschichte an einer privaten Akademie im US-Bundesstaat Wisconsin. Er veröffentlichte zudem zwei Romane „Hologram“ und „Song of Spheres“.