Asylkompromiss der EU: Le Pen wirft Meloni „Zugeständnisse“ bei Migration vor

Der Asylkompromiss der EU sorgt auch bei der äußersten Rechten für Missstimmung. Marine Le Pen wirft Italiens Premierministerin Meloni eine Kehrtwende bei der Migration vor.
Tritt in der Stichwahl am 24. April gegen Amtsinhaber Emmanuel Macron an: Marine Le Pen.
Nicht zufrieden mit dem EU-Asylkompromiss ist die frühere französische Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen.Foto: Francois Mori/AP/dpa
Von 16. Juni 2023

Nicht nur ganz links bei den Grünen oder in Teilen der SPD sorgt der jüngst gefundene Asylkompromiss der EU für internen Unfrieden. Auch bei der äußersten Rechten hat die Vereinbarung Unmut hervorgerufen. Frankreichs zweimalige Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen vom Rassemblement National hat Italiens Premierministerin Giorgia Meloni zu große Nachgiebigkeit vorgeworfen.

Le Pen: „Einwanderungspolitik der EU unter Kontrolle der NGOs“

Wie das Portal „Euractiv“ berichtet, hat Le Pen der Chefin von Italiens Rechtsregierung am Donnerstag, 15. Juni, vorgeworfen, Meloni habe für Mittel aus dem Corona-Wiederaufbauprogramm im Gegenzug „Zugeständnisse“ bei der Migration gemacht.

Der Pakt zu Migration und Asyl, auf den man sich in Brüssel geeinigt habe, beraube die EU-Mitgliedstaaten ihrer Entscheidungsgewalt, fügte die Politikerin hinzu. Stattdessen dominierten nicht gewählte NGOs und „Aktivisten“ die Politik:

Es sind die NGOs, die die Einwanderungspolitik unter der Kontrolle der Europäischen Union bestimmen werden. Die Nationen werden kein Mitspracherecht mehr haben.“

Es wäre eine „Frage des politischen Willens“ von Italien gewesen, die Einigung zu verhindern. Allerdings sei dessen „Handlungsspielraum […] auch durch seine Haushaltslage eingeschränkt“.

Hat Italien Zustimmung gegen Corona-Fondsmittel eingetauscht?

Die Mittel für Rom aus dem Corona-Fonds seien „beträchtlich“, spekulierte Le Pen weiter über mögliche Motive der italienischen Regierung, den Asylkompromiss mitzutragen. Zudem habe Italien ein Interesse daran, eine EU-weite Verteilung von Asylsuchenden zu erreichen. Immerhin stelle Italien eines der größten Erstaufnahmeländer dar.

Der Asylkompromiss der EU sieht unter anderem künftig eine Unterbringung von Asylsuchenden in sogenannten Ankerzentren vor. Diese soll bis zu 18 Monate andauern können. Auch sind erstmals Asylverfahren an den EU-Außengrenzen vorgesehen.

Gleichzeitig soll es einen Verteilungsschlüssel für Migranten geben – mit einer Möglichkeit zum Opt-out. Staaten, die keine Asylbewerber betreuen wollen, müssen allerdings ein Zwangsgeld von 20.000 Euro für jede verweigerte Aufnahme entrichten. Außerdem sind alle Mitgliedstaaten aufgefordert, sich um Rückführungsabkommen mit Drittstaaten zu bemühen.

Le Pen gibt „Seenotrettern“ Mitschuld an Bootstragödie mit Hunderten Toten

Marine Le Pen nimmt insbesondere an den Zwangsgeldern Anstoß, die bei Nichtaufnahme von Asylsuchenden anfallen würden. „Nein, man kann uns nicht zwingen, Migranten aufzunehmen“, betonte die Politikerin.

Zugleich gab sie NGOs in einem Interview mit „FranceInfo“ eine Mitschuld an der Tragödie rund um ein gesunkenes Fischerboot vor der griechischen Küste. Le Pen bezeichnete NGOs, die sich für offene Grenzen und sogenannte Seenotrettung einsetzen, als „Komplizen der Schlepper“.

Ihrer Einschätzung nach ermutigten die Aktivitäten der „Seenotretter“ Menschen in Afrika und im Nahen Osten, sich auf den Weg nach Europa zu machen. Skeptiker äußern Zweifel an der Theorie bezüglich der „Seenotrettung“ als Pull-Faktor. Sie weisen darauf hin, dass diese nur einen kleinen Bruchteil an Flüchtlingsbooten erreicht.

Zudem stellt der Weg über das Mittelmeer nur einen Teilaspekt eines Fluchtentschlusses dar. Asylsuchende, die sich auf den Weg machen, müssen neben Gefahren auf dem Weg selbst auch mit Pushbacks, Gefangennahme und Unterbringung in libyschen oder griechischen Lagern rechnen. Die dortigen Lebensumstände spotten häufig jeder Beschreibung, wie Betroffene und Flüchtlingshilfsorganisationen berichten.

Bis zu 500 Tote nach dem Bootsunglück befürchtet

Unterdessen hat einem Bericht des „Guardian“ zufolge die Zahl der bestätigten Toten infolge des Sinkens eines Fischerbootes vor der griechischen Küste 78 erreicht. Allerdings ist der größte Teil der Vermissten noch nicht gefunden worden. Der griechische Polizeiinspektor Nicolaos Spanoudakis äußerte:

Im Moment ist alles nur eine Vermutung, aber wir gehen davon aus, dass bis zu 500 Menschen vermisst werden.“

Es gibt Aussagen von Überlebenden, denen zufolge sich bis zu 100 Frauen und Kinder im Frachtraum des völlig überfüllten Bootes befunden hätten. Auslöser für das Kentern des Wasserfahrzeugs sei eine Panik an Bord gewesen.

Die griechische Polizei hat Berichten vom Donnerstagabend zufolge neun mutmaßliche Schlepper verhaftet. Diese sollen das Boot gesteuert haben. Alle neun Verdächtigen hätten Bezug zu Ägypten und seien mutmaßlich noch in weitere Fälle von Menschenschmuggel involviert.

Proteste gegen die EU-Asylpolitik in Griechenland

Unterdessen kam es Städten wie Athen oder Thessaloniki zu Ausschreitungen am Rande einer Protestkundgebung gegen die Flüchtlingspolitik Brüssels. Dabei verbrannten Teilnehmer EU-Flaggen, einige warfen auch Molotowcocktails. Die Polizei setzte Tränengas ein.

Gewerkschaften, Verbände und Parteien wie die kommunistische KKE hatten zu Protesten aufgerufen. Teilnehmer trugen Transparente mit Aufschriften wie „Die EU bringt Menschen um“ oder „Keine Kompromisse mit der Brutalität“. Neben einer verfehlten Flüchtlingspolitik warfen die Veranstalter der EU und dem Westen insgesamt vor, durch Kriegspolitik und Interventionen Fluchtbewegungen zu begünstigen.



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