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Machtprobe im Ruhrgebiet

Gelsenkirchen: Drei „Leihstimmen“ machen AfD-Kandidaten zum Vizebürgermeister

Die konstituierende Sitzung des Gelsenkirchener Stadtrats endete mit einem politischen Paukenschlag: Trotz vorheriger Absprache zwischen SPD und CDU gewann AfD-Kandidat Norbert Emmerich überraschend die Wahl zum stellvertretenden Bürgermeister. Drei zusätzliche Stimmen aus unbekannter Quelle gaben den Ausschlag.

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AfD-Kandidat Norbert Emmerich (r.) wurde in Gelsenkirchen zum stellvertretenden Bürgermeister gewählt.

Foto: Henning Kaiser/dpa

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Lesedauer: 4 Min.


In Kürze:

  • AfD-Kandidat Norbert Emmerich überraschend zum stellvertretenden Bürgermeister von Gelsenkirchen gewählt
  • Stimmenverschiebung im zweiten Wahlgang macht Wahl gegen den Willen von SPD und CDU möglich
  • Drei zusätzliche Stimmen für die AfD – Herkunft unklar, Spekulationen über kleinere Fraktionen
  • SPD und CDU sprechen von einem „Desaster“ und einem „schlechten Tag für Gelsenkirchen“

 
Mit einer Überraschung endete die konstituierende Sitzung des neu gewählten Stadtrats in Gelsenkirchen. Obwohl sich SPD und CDU auf eine gemeinsame Liste geeinigt hatten, um einen stellvertretenden Bürgermeister aus der AfD zu verhindern, wurde deren Kandidat Norbert Emmerich im zweiten Wahlgang in dieses Amt gewählt.
Für die SPD war im ersten Durchgang Manfred Leichtweis ins Rennen gegangen und erhielt die erforderliche Mehrheit als Kandidat der technischen Liste von Sozialdemokraten und CDU. Als zweiter stellvertretender Bürgermeister war nun der Unionskandidat Werner Wöll vorgesehen.

Gelsenkirchen bekommt aufgrund des D’Hondt-Verfahrens einen AfD-Vizebürgermeister

Die SPD kommt im Stadtrat von Gelsenkirchen – ebenso wie die AfD – auf 20 Sitze. Die CDU ist mit zwölf Sitzen die drittstärkste Kraft im Rat. Die übrigen 14 Sitze im 66-köpfigen Rat entfallen auf neun kleinere Parteien und Wählergruppen. Im zweiten Wahlgang zählten die auf die technische Liste entfallenden Stimmen aufgrund des D’Hondt-Rechnungsverfahrens jedoch nur zur Hälfte.
Im zweiten Durchgang stimmten 43 Ratsmitglieder für Wöll, womit er nach dem Zählungssystem auf 21,5 Stimmen kam. Da die AfD bei der geheimen Wahl jedoch drei Stimmen mehr bekam, als sie Sitze aufweist, erreichte ihr Kandidat Emmerich die erforderliche Mehrheit, um gewählt zu werden. Emmerich zeigte sich ob seiner Wahl in weiterer Folge selbst überrascht und äußerte:
„Ich hätte nicht damit gerechnet, dass wir drei Stimmen mehr kriegen, als wir im Rat haben.“
Aus wessen Reihen die drei entscheidenden Stimmen für den Kandidaten kamen, ist ungewiss. SPD-Fraktionschef Dominic Schneider schloss kategorisch aus, dass die Abweichler aus den Reihen der Sozialdemokraten gekommen seien. Ungewiss ist, ob CDU-Fraktionsmitglieder gegen ihren eigenen Kandidaten gestimmt hatten.

BSW, Einwandererlisten und Tierschutzliste im Stadtrat vertreten

Von einem „Desaster aus unserer Sicht“ war in der CDU die Rede. SPD-Fraktionschef Schneider sprach von einem „schlechten Tag für Gelsenkirchen“. Die AfD in der Stadt sei „in Teilen faschistisch“.
Vieles spricht dafür, dass die drei weiteren Stimmen aus den Reihen der übrigen Fraktionen gekommen sind. Linke und Grüne verfügen im Rat über je drei Sitze, allerdings gilt es als sehr unwahrscheinlich, dass ihre Vertreter dem AfD-Kandidaten die Stimme gegeben haben.
Auf zwei Ratssitze in Gelsenkirchen kommt die FDP. Auf einen Sitz kommen alle übrigen zur Wahl angetretenen Parteien und Wählervereinigungen. Unter diesen befindet sich das Bündnis Sahra Wagenknecht, aber auch die Wählervereinigung „Gelsenkirchener Union für Teilhabe“, die vorwiegend von Exponenten der türkischen Einwanderercommunity getragen wird.
Auch die „Wähler Initiative NRW – WIN“, die auf einen Sitz im Stadtrat kommt, ist multikulturell und auf die Vertretung der Interessen von Einwanderern ausgerichtet. Einen Vertreter im Rat weist die „Aktion Partei für Tierschutz“ auf. Ob ihr Kandidat für Emmerich gestimmt hat, ist ebenfalls Gegenstand von Spekulationen. Ein möglicher Grund dafür könnte sein, dass die Partei sich für ein Verbot des rituellen Schlachtens ausspricht. Einen weiteren Sitz im Stadtrat von Gelsenkirchen nimmt die PARTEI wahr. Hinzu kommt noch ein Vertreter der Liste AUF.
 
 
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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