Logo Epoch Times
EU-Finanzminister tagen in Brüssel

Temu und Shein im Visier: Schneider und Klingbeil fordern zügiges Ende von Zollbefreiungen

Tag für Tag erreichen hunderttausende Billigpakete aus China Deutschland – besonders zur Weihnachtszeit. Politik und Handel fordern nun ein entschlossenes Vorgehen gegen Qualitätsmängel, Umweltbelastungen und eine wachsende Wettbewerbsverzerrung. Ab 2026 sollen Zölle die Flut bremsen.

top-article-image

Temu und Shein zählen in Deutschland zu den beliebtesten Online-Marktplätzen. (Symbolbild)

Foto: Oliver Berg/dpa

author-image
Artikel teilen

Lesedauer: 6 Min.


In Kürze:

  • Massive Paketflut aus China belastet Handel, Umwelt und Kontrollbehörden
  • Minister Schneider fordert Ende der unfairen Konkurrenz von Temu und Shein
  • EU plant ab 2026 Zölle und strengere Regeln gegen Billigimporte
  • Junge, preisbewusste Käufer treiben Nachfrage nach Billigware

 
Dem Handelsverband Deutschland (HDE) zufolge gelangen pro Tag etwa 400.000 Pakete mit Billigwaren von Plattformen wie Temu oder Shein aus China nach Deutschland. In der Weihnachtszeit sind es noch deutlich mehr, weil preisbewusste Verbraucher vermehrt auf diese Dienste zurückgreifen, um Geschenke zu kaufen.
HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Gerth geht von einem Umsatz von bis zu 1 Milliarde Euro für die chinesischen Versandhändler aus, welche heimischen Händlern entgehen. Dies, obwohl Umfragen zufolge 45 Prozent der deutschen Verbraucher, die Erfahrung mit den Portalen gemacht haben, anderen jedoch abraten, dort zu bestellen.

Schneider macht Temu und Shein für erhebliches Müllaufkommen verantwortlich

Gegenüber „BILD“ kündigte Bundesumweltminister Carsten Schneider nun an, der „unfairen Konkurrenz“, die von den Plattformen ausgehe, den Kampf anzusagen. Schneider nimmt Anstoß an Spielzeugen, die Giftstoffe enthielten, nicht belastbaren Textilien und unsicheren Elektrogeräten.
Nicht nur minderwertige Produkte, die schnell im Müll landen, sondern auch die dazugehörigen Verpackungen bereiteten Probleme, so Schneider. Eigentlich müsste sich jeder Onlinehändler, der gewerbsmäßig nach Deutschland liefert, im Verpackungsregister LUCID registrieren. Dazu komme die Verpflichtung, dem Handelsvolumen angepasste Müllgebühren zu bezahlen.
Eingetragen seien in dem Verpackungsregister zwar etwa 1 Million Versender aus China. Allerdings äußerte eine Sprecherin von LUCID gegenüber dem Blatt auf die Frage, ob diese auch tatsächlich ihre Müllgebühren bezahlten:
„Aktuell und auf der Basis des geltenden Rechts kann dieser Punkt nicht sichergestellt werden.“
Schneider erneuerte vor diesem Hintergrund seine Forderung, die Händler müssten sich angemessen an den Kosten für Kontrolleure und Entsorger beteiligen. Am Donnerstag wolle Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) beim Finanzministertreffen in Brüssel das Ende der europäischen Zollbefreiung für die Pakete erneut ansprechen.

EU-Kommission schlug Pauschalgebühr pro Paket vor

Im November waren die EU-Finanzminister übereingekommen, „so bald wie möglich im Jahr 2026“ Zölle auf die Billigpakete einzuführen. Derzeit gilt in der EU eine Zollbefreiung für Pakete aus Drittstaaten mit einem Wert von weniger als 150 Euro. Diese müssen zudem direkt an den Verbraucher geliefert werden. Von dieser Regelung profitieren insbesondere Anbieter wie Temu oder Shein.
Im Mai war aus der EU-Kommission selbst die Idee gekommen, eine Pauschalgebühr von 2 Euro auf kleine Pakete einzuführen. Dies solle Händlern unabhängig von ihrem Standort gleiche Wettbewerbsbedingungen sichern. Außerdem erhoffte man sich von einer solchen Maßnahme, Betrug entgegenzuwirken. Immerhin geht man bei der Kommission davon aus, dass die Versender in etwa zwei Dritteln der Fälle bewusst zu geringe Werte angeben, um den Zöllen zu entgehen.
Die Freigrenze verleite darüber hinaus dazu, große Bestellungen auf mehrere Pakete aufzuteilen – was zusätzlichen Verpackungsmüll verursache. Ursprünglich war vonseiten der EU geplant, die Zollbefreiung 2028 aufzuheben. Vonseiten des Handels stieg jedoch der Druck, schneller gegen die Billigkonkurrenz vorzugehen. EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič erklärte dazu:
„Die europäische Industrie, insbesondere der Einzelhandel, hat wiederholt unterstrichen, dass diese Wettbewerbsverzerrung ohne Verzögerung beseitigt werden muss.“

Klingbeil will verschärfte Bestimmungen „so schnell wie möglich“ auf den Weg bringen

Auch Klingbeil tritt dafür ein, die Schutzmaßnahmen auf EU-Ebene „so schnell wie möglich“ auf den Weg zu bringen. Angesichts verschärfter Kontrollen von Shein-Paketen an Flughäfen Anfang November hieß es aus dem Bundesfinanzministerium, man werde mögliche Maßnahmen nicht im Voraus ankündigen.
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche erklärte auf dem Handelskongress in Berlin, ohne die Dienste beim Namen zu nennen, man wolle die Rechtsdurchsetzung im Online-Handel stärken. Die EU-Kommission hat zudem ein Verfahren zur Prüfung möglicher Verstöße der Dienste gegen den sogenannten Digital Services Act in die Wege geleitet.
Temu, Shein, AliExpress und andere chinesische Onlinedienste machten 2024 zusammen etwa 10 Prozent des gesamten ausländischen Onlinehandels in Deutschland aus. Mit einem Nettoumsatz von etwa 3,4 Milliarden Euro landete Temu auf Platz 5 unter allen Online-Handelsplattformen, Shein landete mit 1,1 Milliarden Euro Umsatz auf Platz 7.

Konsumenten misstrauisch gegenüber Temu und Shein – kaufen aber wegen der Preise

Zu den am stärksten nachgefragten Waren auf den Plattformen gehören Mode, Weihnachtsdeko, Spielzeug und Haushaltswaren. YouGov zufolge haben bislang etwa 12 Prozent der Befragten bereits Weihnachtsgeschenke bei einer der chinesischen Billigplattformen erworben. Weitere 9 Prozent gaben an, dies noch vorzuhaben.
Die Hauptzielgruppe von Temu & Co. sind jüngere und preisbewusste Kunden. Der Preis ist auch das Hauptargument der Käufer für ihre Kaufentscheidung. Gleichzeitig bemängeln Verbraucher, die die Plattformen kennen, mangelhafte Qualität (45 Prozent), mögliche Gesundheitsrisiken (41 Prozent), fehlende Sicherheitsstandards (32 Prozent), schlechte Arbeits- und Umweltbedingungen (27 Prozent) oder Plagiate und Fälschungen (19 Prozent).
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

Aktuelle Artikel des Autors

Kommentare

Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.