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Orbán nach Treffen mit Papst: Europa sollte direkt mit Russland verhandeln

Ein Jahr nach seiner „Friedensmission“ legt Viktor Orbán nach. In Rom warb er sowohl beim Papst als auch bei Meloni für direkte Verhandlungen mit Russland, um einen Ausweg für den Ukraine-Krieg zu finden.

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Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán besucht Papst Leo XIV. im Vatikan am 27. Oktober 2025.

Foto: Pressestelle des Ministerpräsidenten

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Lesedauer: 8 Min.


In Kürze:

  • Bei Gesprächen im Vatikan erhielt Viktor Orbán nach eigenen Angaben Unterstützung für Ungarns Position im Ukraine-Konflikt.
  • Der ungarische Ministerpräsident plädiert für einen direkten Kontakt zwischen EU und Russland.
  • Meloni würde Orbán zufolge nicht zulassen, dass Ungarn beim EU-Beitritt der Ukraine sein Vetorecht verliere.

 
Der ungarische Ministerpräsident traf sich am Montag, 27. Oktober, sowohl mit Papst Leo XIV. als auch mit der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni. Zentrales Thema der Gespräche war der Krieg in der Ukraine und wie ein Ende der Kämpfe erreicht werden kann.
Nach dem Treffen erklärte der ungarische Ministerpräsident in einem Interview mit dem ungarischen Staatsfernsehen M1, dass er den Papst gebeten habe, Ungarns „Friedensbemühungen“ zu unterstützen.
Seiner Aussage nach sei es jedoch auch notwendig, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs direkt mit Russland in Kontakt treten. „Wir würden es begrüßen, wenn […] Verhandlungen aufgenommen würden und es zu einer russisch-europäischen Vereinbarung über das europäische Sicherheitssystem und die Zukunft der Ukraine käme“, erklärte Orbán in Rom.

Orbán: Vatikan ist das spirituelle Zentrum der Friedensbefürworter

In Bezug auf sein Treffen mit dem Papst sagte Orbán, dass es in der Welt im Wesentlichen zwei Kraftzentren gebe, die sich für Frieden einsetzen. Das politische Machtzentrum befinde sich derzeit in den USA, während das spirituelle Zentrum im Vatikan liege.
Von Letzterem „erhalten die gegen den Krieg engagierten Politiker immer wieder neue Energie, Motivation, Engagement, Segen und Ermutigung“, so Orbán.
Das frühere Haupt der katholischen Kirche, Papst Franziskus, setzte sich wiederholt für Frieden in der Ukraine ein. Er besprach diese Frage auch mehrmals mit Orbán, sowohl im Vatikan als auch in Ungarn.
Der ungarische Regierungschef reiste zur diesmaligen Privataudienz mit dem Papst nicht allein an. Begleitet wurde er von seiner Ehefrau, seinen Kindern, deren Familien sowie Enkelkindern. In der im Anschluss an das Treffen veröffentlichten Mitteilung des Vatikans hieß es, dass Orbán und das Kirchenoberhaupt neben Fragen des Schutzes von Familien und Christen „auch eine breite Palette europäischer Themen erörterten, wobei sie der Situation im Ukraine-Krieg und im Nahen Osten besondere Aufmerksamkeit schenkten“.
Der italienische Journalist und Vatikan-Experte Andrea Gagliarducci äußerte sich im Anschluss an das Treffen in einem Interview mit der regierungsnahen ungarischen Zeitung „Magyar Nemzet“. Dabei hob er hervor, dass der Besuch von Orbán bedeutungsvoll sei, da er zu einem „historischen Zeitpunkt“ stattfinde, in dem Ungarn zu einem „Zentrum für die Friedensbemühungen“ zwischen der Ukraine und Russland geworden sei.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán und seine Familie bei Papst Leo XIV. im Vatikan am 27. Oktober 2025.

Foto: Bildschirmfoto/Vatican News

Friedensgipfel in Budapest?

Während seines Aufenthalts in Rom wurde Orbán auch zum geplanten Friedensgipfel in Budapest zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin befragt.
Am 18. Oktober bestätigten sowohl Trump als auch Putin, dass ein Gipfel in Budapest in Planung sei. Wenige Tage später erklärte der US-Präsident jedoch, er wolle „keine Zeit vergeuden“. Der Budapester Gipfel wurde daher vorerst nicht weiterverfolgt.
Trumps Äußerungen folgten der Stellungnahme des russischen Außenministers, dass Russland einen sofortigen Waffenstillstand ablehne. Sergej Lawrow erklärte gegenüber Journalisten in Moskau, dies würde den Vereinbarungen widersprechen, die Putin und Trump im August in Alaska getroffen hätten. Der Sprecher des Kremls, Dmitri Peskow, äußerte kurz darauf ebenfalls, dass vor einem Treffen „Vorbereitungen erforderlich sind, ernsthafte Vorbereitungen“.
Orbán betonte in Rom, dass der Gipfel lediglich zeitlich verschoben worden, jedoch keinesfalls vom Tisch sei. Er erinnerte an den Ablauf des Gipfels im ägyptischen Scharm El-Scheich am 13. Oktober zur Beendigung des Gaza-Konflikts. Orbán sagte, dass auch damals die beteiligten Parteien, über einen längeren Zeitraum verhandelten, und „dann wurde am Samstag mitgeteilt, dass am Montag unterzeichnet wird“. So müsse man sich das vorstellen.
„Innerhalb von zwei bis drei Tagen könne Frieden – genauer gesagt ein Abkommen – zustande kommen“, so Orbán.
Nach Aussage des Regierungschefs würde ein Frieden zudem zu einem Rückgang der Energiepreise führen, was ganz im Interesse Europas liege. Zugleich betonte Orbán, dass Ungarn – ebenso wie mehrere andere europäische Länder – nicht in der Lage sei, sich vollständig von russischer Energie abzukoppeln.

Orbán: Meloni wird nicht zulassen, dass Ungarn beim EU-Beitritt der Ukraine außen vor bleibt

Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg rief Orbán während seiner Italien-Reise die europäischen Entscheidungsträger erneut dazu auf, dass Europa keinesfalls aus einem künftigen Friedensabkommen ausgeschlossen werden dürfe. Damit die europäischen Staats- und Regierungschefs am Verhandlungstisch überhaupt mitreden könnten, sei jedoch ein direkter Dialog mit Russland notwendig – und nicht ausschließlich mit der Ukraine, so Orbán.
In einem Facebook-Beitrag zu seinen Treffen in Italien kritisierte Orbán auch, dass Brüssel den Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg mit dem in Europa eingefrorenen russischen Staatsvermögen finanzieren wolle. „Dies ist ein russisch-europäischer Konflikt, der sogar zu einem Krieg [mit Europa] führen könnte“, warnte der Regierungschef vor dieser Idee.
Mit Blick auf Europas Sicherheit betonte er zudem, dass Ungarn gegen eine Vollmitgliedschaft für die Ukraine konsequent ein Veto einlegen werde. Stattdessen plädierte Orbán für den Aufbau einer strategischen Partnerschaft mit Ungarns Nachbarn.
Italy's Prime Minister, Giorgia Meloni welcomes Hungary's Prime Minister Viktor Orban at Palazzo Chigi prior their meeting in Rome on October 27, 2025. (Photo by Tiziana FABI / AFP) (Photo by TIZIANA FABI/AFP via Getty Images)

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni begrüßt Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán im Palazzo Chigi, dem Amtssitz des italienischen Ministerpräsidenten, vor ihrem Treffen in Rom am 27. Oktober 2025.

Foto: Tiziana Fabi/AFP über Getty Images

Zwar nannte Orbán keine Details zur italienischen Position in dieser Frage. Er machte jedoch deutlich, dass Meloni – wie auch mehrere andere Regierungschefs größerer EU-Staaten – versprochen hätten, sich dafür einzusetzen, dass von dem Prinzip der Einstimmigkeit bei den Beitrittsverhandlungen nicht abgewichen werden dürfe. Dies würde Budapest weiterhin ein Vetorecht sichern.
Denn EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas und einige Mitgliedstaaten befürworten eine Reform des Einstimmigkeitsprinzips bei Abstimmungen.
Laut der offiziellen Mitteilung aus Rom sprachen Orbán und Meloni bei ihrem Treffen neben dem Krieg auch über weitere Schlüsselthemen: den Nahost-Konflikt, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Fragen sowie Migration. In letzterem Punkt sieht Orbán in Meloni schon seit Längerem eine Verbündete.
Am 28. Oktober wurde der ungarische Ministerpräsident in Rom auch von Italiens stellvertretendem Ministerpräsidenten Matteo Salvini empfangen. Salvini ist auch der Vorsitzende der Lega-Partei, die genauso wie Orbáns Fidesz-Partei der Fraktion im Europarlament „Patrioten für Europa“ angehört. Der Italiener gilt als enger Verbündeter Orbáns. In der Migrationspolitik wie auch in der Ukraine-Frage vertreten sie beide eine ähnliche Linie.
Mária S. Szentmagyari ist eine ungarische Juristin mit deutschen Wurzeln und lebt im Grünen unweit von Budapest. Mit Leidenschaft und großem Interesse an geopolitischen Zusammenhängen berichtet sie für Epoch Times über die aktuellen Entwicklungen in Mittel- und Osteuropa, der Ukraine, Russland und dem Nahen Osten. Die Kommentare unter ihren Artikeln liest sie mit besonderer Neugier.

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