Lebensmittel: Ärger über hohe Preise

Während die Bürger sehr unterschiedlich mit dem Preisanstieg bei Lebensmitteln umgehen, erklären Lebensmittelhändler, dass internationale Markenhersteller versuchen, die aktuelle Lage für sich auszunutzen und die Preise künstlich hochtreiben.
Umfrage zeigt Ärger über Preisanstieg
Eine Frau bei ihrem Einkauf.Foto: iStock
Von 6. August 2022

Die große Mehrheit der Bundesbürger, fast 90 Prozent, befürchtet einen weitern Preisanstieg bei Lebensmitteln. Dies geht aus einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Lebensmittelverbands Deutschland und der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) hervor.

Dabei ergab die Umfrage, dass bei steigenden Preisen häufig der günstigere Einkauf als erste Maßnahme gesehen wird (56,8 Prozent). Darauf folgt das Schreiben eines Einkaufszettels, um möglichst geplant einkaufen zu gehen (33,2 Prozent). Jeder Vierte beginnt, Vorräte anzulegen, und jeder Fünfte kocht mehr selbst.

Ein Fünftel (18 Prozent) zieht gar keine Konsequenzen aus den Preissteigerungen und kauft weiterhin ein wie bisher. Weitere 19 Prozent sagen, dass sie weniger wegwerfen als vorher.

Was ist wichtiger: Preis oder Geschmack?

Und was überwiegt letztendlich bei der Entscheidung für ein Produkt – der Preis oder der Geschmack?

Bei der Civey-Umfrage waren es 67,4 Prozent der Befragten, die vorrangig auf den Preis und nur 44 Prozent, die auf den Geschmack achten. Fast jeder Dritte achtet weiter auf Bio-Qualität beim Einkauf.

„Noch im aktuellen Ernährungsreport des Bundesministeriums steht der Geschmack an erster Stelle. So wie es nahezu immer war. Aber der Erhebungszeitraum war zu Beginn des Krieges. Jetzt, über drei Monate später, sind die Kriegsfolgen deutlich spürbar und die Menschen stellen offenbar ihre Bedürfnisse darauf ein“, erklärt Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer beider Verbände.

„Preisanstieg ist mir egal“

Ein stichprobenartiger Test der Epoch Times vor zwei Berliner Supermärkten in Charlottenburg bestätigt die Ambivalenz im Einkaufsverhalten.

Für einen Teil der Menschen hat sich nichts geändert. „Ich kaufe das ein, was ich für den täglichen Tagesbedarf brauche, ob das ein bisschen teurer ist oder ein bisschen preiswerter“, so ein 51-jähriger Hauswart.

Auch ein gebürtiger Engländer, der als Pensionär (73) in Berlin lebt, sieht das so: „Ich erhalte eine gute Pension. Das reicht. Besonders beim Einkauf im Supermarkt ist mir der Preisanstieg egal.“ Er kaufe viele Bioprodukte und werde es auch weiterhin tun.

Eine 23-jährige Frau, die im Einzelhandel arbeitet, ärgert sich zwar über die hohen Preise, aber kaufe dann die Produkte, die sie gewohnt sei.

„Wir achten jetzt mehr darauf, was wir kaufen“

Für eine ehemalige Kita-Leiterin (69) hingegen hat sich der Einkauf grundlegend verändert. „Ich habe vorher fast ausschließlich Bioprodukte gekauft.“ Bei einem hohen Preisunterschied greife sie nun zur konventionell angebauten Gurke. Bei Milch und Eiern verzichte sie jedoch nicht auf Bio-Qualität.

Auch bei einem jungen Paar, er Projektmanager für Jugendbegegnungen (31), sie angehende Soziologin (33), hat sich das Einkaufsverhalten deutlich geändert.

Sie achten jetzt mehr darauf, was sie kaufen. „Früher haben wir mehr Bioprodukte gekauft. Jetzt können wir uns das nicht unbedingt jeden Monat leisten.“ Sie schauen jetzt mehr nach günstigeren Alternativen und kaufen in kleineren Mengen.

Nachgefragt, was Vorrang hat, Preis oder Geschmack, geben die Befragten unterschiedliche Antworten:

Während das junge Paar einen Mittelweg geht und bei hohem Preis oder schlechtem Geschmack auch mal verzichtet, gaben Befragte an, dass bei ihnen der Preis an erster Stelle steht. Für andere hat der Geschmack deutlich Vorrang und der Preis spielt eine untergeordnete Rolle.

„Mehr Geld für Geschmack“

Eine Rentnerin (63) berichtet: „Es gibt Sachen, da bezahle ich auch jetzt mehr Geld für den Geschmack. Auf bestimmte Sachen verzichte ich nicht, auch wenn es ein bisschen teurer geworden ist.“

Was mehrfach geäußert wurde, ist, dass man gezielter einkaufe, stärker auf die Preise schaue und verstärkt Sonderangebote nutze. Manche haben den Vorratskauf eingeschränkt und kaufen nur noch ein, was sie kurzfristig brauchen. Andere nutzen günstige Angebote und frieren dann größere Mengen ein.

Der Vorschlag, den Supermarkt zu wechseln, um etwas Geld zu sparen, wurde durchweg abgelehnt, man wolle auch weiter einkaufen, wo man es gewohnt sei und bei den Geschäften, die in der Nähe liegen.

Notvorrat: „Ich will jetzt nicht in Panik ausbrechen“

Ernährungswissenschaftler Dr. Malte Rubach sagt zum Thema Notvorrat: „Es gibt keine hundertprozentige Ernährungssicherheit, aber immerhin drei Möglichkeiten zur Vorsorge. Nämlich den hohen Selbstversorgungsgrad in Deutschland aufrechterhalten, die private Vorsorge durch die Verbraucher anhand einschlägiger Listen sowie zuletzt die staatliche Vorsorge in Form der zivilen Notfallreserve.“

Der Praxistest unter den Befragten ergab jedoch, dass die wenigsten eine Notration Lebensmittel und Trinkwasser bevorraten.

„Ja, ich habe einen Vorrat an Wasser und ich habe einen Gefrierschrank. Da habe ich immer was eingefroren“, so die ehemalige Kita-Leiterin. Konserven hält sie nicht vorrätig. „Ich will jetzt nicht in Panik ausbrechen.“

Eine 27-jährige Supermarktverkäuferin hält nichts davon, Lebensmittel einzulagern: „Ich plane immer eine Woche im Voraus. Das wird sich bei mir auch nicht ändern.“ Man sei ja kein Land, wo es jetzt total unmöglich sei, noch irgendwas zu bekommen. „Wenn ich ein oder zwei Sachen nicht bekomme, dann schaue ich einfach nach einer Alternative.“

Auch der Pensionär sieht keinen Grund, etwas einzulagern: „Bei uns gibt es einen Vorrat für 2–3 Tage, aber mehr nicht.“

Ein 60-Jähriger, der im Verkauf eines Großunternehmens tätig ist, sieht es ähnlich: „Nein, ich glaube nicht, dass es zu einem Lebensmittelengpass in Deutschland kommen wird.“ Er habe einen ganz geringen Vorrat an Nudeln, Haferflocken und anderen trockenen Produkten, dazu noch ein paar Dosen.

Was alle Befragten hinweg über alle Unterschiede beim Kaufverhalten und der Bevorratung eint, ist, dass alle davon ausgehen, dass die Preise nicht wieder zurückgehen. „Nein, günstiger wird es nicht mehr, auf keinen Fall – eher teurer“, fasst eine Rentnerin zusammen.

„Markenhersteller versuchen, Lage für sich auszunutzen“

Steigende Verkaufspreise ließen sich nicht vermeiden, heißt es aus der EDEKA-Zentrale auf eine Anfrage der Epoch Times. Diese Entwicklung hänge von zahlreichen Faktoren ab, auf die man nur einen begrenzten Einfluss habe. „So sind die Energiepreise in den vergangenen Monaten rasant gestiegen, dies wirkt sich unmittelbar auf die Kosten für Erzeugung, Transport und Lagerung von Lebensmitteln aus.“

Bereits im Zuge der Corona-Pandemie sei es zu gravierenden Störungen internationaler Lieferketten gekommen. Aufgrund des Kriegs in der Ukraine, der Blockade der ukrainischen Seehäfen sowie der gegen Russland verhängten Sanktionen fallen zudem wichtige Produktionsländer für Getreide und Ölsaaten aus, was die Weltmarktpreise zusätzlich nach oben treibe.

„Gerade die steigenden Getreidepreise haben direkte Auswirkungen auf die Preise zahlreicher anderer Produkte bis hin zu Fleisch, Wurst und Molkereiprodukten (Mehrkosten für Futtermittel in der Tierhaltung).“

Hinzu komme, dass viele international agierende Markenhersteller die aktuelle Lage für sich ausnutzten. „Sie versuchen auf der Inflationswelle mitzureiten, um ihre Renditen zu erhöhen“, erklärt EDEKA. Die Leidtragenden seien die Handelsunternehmen und letztlich die Verbraucher in Deutschland.

EDEKA erklärt weiter: „Aus unseren Gesprächen wissen wir, dass viele Preiserhöhungsforderungen nur teilweise auf echten Kostensteigerungen beruhen. Daher stehen wir seit Monaten in harten Verhandlungen mit der Markenartikelindustrie und werden auch weiterhin jede Forderung sehr genau prüfen.“ Zudem gebe es die aktuelle Aktion „Inflations-Stopp“. „Bei 200 Gut&Günstig-Artikeln frieren wir bis zum 31.08.2022 für DeutschlandCard-Inhaber die Preise ein.“

Aldi Süd erklärt, dass man, bevor man die Preise für Artikel erhöhe, zunächst grundsätzlich alle Möglichkeiten prüfe, Mehrkosten anderweitig aufzufangen. „Nur, wenn es nicht mehr möglich ist, die gestiegenen Kosten abzufedern, müssen wir Preisanpassungen vornehmen. Dazu zählt auch, dass wir unserem Discount-Prinzip treu bleiben und die Verkaufspreise reduzieren, wenn die Einkaufspreise sinken.“

Auf die Frage zu Versorgungsschwierigkeiten und dem Kaufverhalten bei Lebensmitteln ging man nicht konkret ein: „Die Versorgung mit Lebensmitteln sehen wir als gesichert an. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine Angaben zum Kaufverhalten unserer Kunden sowie zum Umsatz machen.“

Aldi Nord äußerte zumindest, dass zuletzt die Eigenmarken, die rund 90 Prozent des Sortiments ausmachen, stärker in den Fokus der Konsumenten rücken. „Sie ermöglichen das beste Preis-Leistungs-Verhältnis, weil beispielsweise unnötige Kosten in Markenführung, Verpackung etc. konsequent vermieden werden.“ Auch hier heißt es, dass man, bevor es zu Preiserhöhungen komme, alle Möglichkeiten prüfe, Mehrkosten anderweitig – auch durch Reduktion der eigenen Marge – aufzufangen.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 56, vom 6. August 2022.



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