Andrea Nahles: Nach Renten-Irrtum nun ins Arbeitsamt – Was folgt?

Andrea Nahles hatte sich als Arbeitsministerin schon bei der Rentenversicherung heftig verrechnet. Nun soll die SPD-Spitzenpolitikerin bei der Arbeitsagentur zeigen, was sie kann.
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Andrea Nahles.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 28. Januar 2022

Andrea Nahles soll Chefin der Bundesagentur für Arbeit werden. Der Verwaltungsrat muss noch zustimmen, die Bundesregierung auch. Damit kommt die SPD-Politikerin von ihrer jetzigen Stelle als Chefin der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation in ein Ressort, das eher mit ihrem vorherigen Wirken als Bundesarbeitsministerin (2013 – 2017) zu tun hat. Wie die Agenturen schreiben, halte die Gewerkschaftsseite Nahles zwar für eine profunde Kennerin der Materie, die Arbeitgeberseite stellte jedoch zunächst ihre Fachkenntnis infrage. Doch offensichtlich einigte man sich dennoch.

Andrea Nahles hat in der SPD schon alles erreicht: von der Chefin der Jungsozialisten über die Fraktionsvorsitzende und Generalsekretärin bis hin zur Bundesvorsitzenden. Ihren Karrierehöhepunkt erlebte sie jedoch in der Großen Koalition im Kabinett Merkel III als Bundesarbeitsministerin. Auf diesem Posten setzte Nahles dann auch im Juli 2014 ein umstrittenes sozialdemokratisches Prestigeprojekt durch: die abschlagsfreie Rente mit 63 – für all jene, die bereits eine Wartezeit von 45 Jahren erreicht haben.

Auf Kosten der heutigen Kinder

In einem Kommentar zu Nahles‘ neuer Aufgabe schreibt der „Focus“ auf die 63-Rente zurückblickend von einem „Wahlkampfschlager der SPD“ und Irrtum Nahles‘. Dessen Folgen hätten den Generationenkonflikt um die künftige Finanzierung der gesetzlichen Rente weiter angefeuert.

Nahles hatte sich demnach gehörig verkalkuliert, was oben erwähnte Arbeitgeber-Sorgen um Nahles‘ Fachkenntnisse untermauern könnte. Die Kosten solcher Fehler zahlt der Steuerzahler. Seit 2015, dem ersten Geltungsjahr dieser Neuerung, haben bereits 1,74 Millionen Versicherte die Regelung in Anspruch genommen, das sind 340.000 mehr als kalkuliert, berichtete die „Bildzeitung“ Anfang dieser Woche unter Berufung auf Daten der Deutschen Rentenversicherung. Die Kosten für das Prestigeprojekt werden sich den Schätzungen nach bereits im Frühjahr auf drei Milliarden Euro belaufen – pro Monat.

Zudem kommen demnächst die geburtenstarken Jahrgänge der 60er-Jahre ins Frührentenalter – die sogenannten Babyboomer. Dies werde laut „Focus“ auch ohne Nahles‘ Frühverrentung ein Problem: rasanter Anstieg der Rentnerzahlen bei gleichzeitigem Wegfall von immer mehr Beitragszahlern. Auf das Elementarste heruntergebrochen heißt das: massiv steigende Ausgaben, sinkende Einnahmen.

Düstere Prognosen

Allein in 2022 werden laut dem Institut der deutschen Wirtschaft in Köln mit 300.000 mehr Ruheständlern gerechnet, als neue Arbeitnehmer in den Markt kommen. Die Prognosen sehen noch düsterer aus, wie das Magazin schreibt: Die demografische Lücke am Arbeitsmarkt soll sich bis 2030 auf fünf Millionen Menschen summieren.

330 Milliarden werden laut „Bild“ aus der Kasse jährlich an die Rentenbezieher ausgezahlt. Doch die Einzahlungen der Arbeitnehmer in die Rentenkasse reichen nicht aus, um den Bedarf zu decken. 2020 musste der Staat bereits zusätzlich mehr als 100 Milliarden zuschießen – fast ein Drittel des Bundeshaushalts.

Laut dem Münchner Ökonom Klaus Schmidt, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats im Bundeswirtschaftsministerium, würde das bei Fortführung der bestehenden Situation spätestens in den 2040er-Jahren „den Bundeshaushalt sprengen“. Das „wäre auch mit massiven Steuererhöhungen nicht finanzierbar“ und der Bundesfinanzminister müsste dann mit etwa der Hälfte seines Gesamtetats die Rente finanzieren.

Der  „Bild“ gegenüber brachte es der CDU-Sozialpolitiker und Wirtschaftswissenschaftler (M. Sc.) Kai Whittaker auf den Punkt: „Aus der großspurigen Ankündigung, die Rente zu sichern, ist ein trauriges Häufchen Nichts geworden.“ Whittaker kommt zu dem Schluss, dass sich die Ampel-Regierung  an kommenden Generationen versündige.

Die Lösung: Zuwanderung von Fachkräften

Bei der Lösung des Rentenproblems, befeuert durch ein Prestigeprojekt der SPD, soll ein anderes Prestigeprojekt der Sozialdemokraten herhalten: die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte – ein spätestens seit 2015 heiß diskutiertes Thema.

Laut Holger Schäfer, Wirtschaftsexperte der IW Köln, bräuchte man eine „gewaltige Nettoeinwanderung“ gut ausgebildeter Arbeitnehmer in einer benötigten Größenordnung, die noch nie erreicht worden sei. Allerdings: Mit der 63-Frührente verschwindet schon ein gewisser Teil des gut ausgebildeten Personals vom Arbeitsmarkt.

Nahles soll also, so „Focus“, mit der Arbeitsagentur nicht nur für die Weiterqualifizierungen in neue Berufe sorgen und dem Fachkräftemangel den Kampf ansagen, sondern auch mehr Menschen in den Arbeitsmarkt bringen – spricht: die Erwerbsbeteiligung erhöhen.

In der „Süddeutschen Zeitung“ hatte der Forschungsdirektor des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), Sebastian Küseler, schon mal eine Idee genannt: eine höhere Erwerbsbeteiligung der Frauen. Zwar sei deren Erwerbsquote mit 78,2 Prozent schon relativ hoch, „aber die Zahl der Arbeitsstunden, die Frauen leisten“, sei „gerade in Westdeutschland noch relativ gering, weil sich weiterhin Frauen mehr um die Kinder kümmern“. „Erheblich steigern“ lasse sich das noch durch den Ausbau der Kinderbetreuung.



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