Konflikt zwischen Klimazielen und Realität
„Dämmen ist unfassbar teuer“: Wohnungsbaubranche fordert Kurswechsel bei Energiepolitik
Während die Bundesregierung weiter auf immer strengere Energiestandards und Dämmvorgaben setzt, schlägt die Wohnungswirtschaft Alarm. LEG-Chef Lars von Lackum sieht Deutschland auf einem Irrweg: Milliarden fließen in Dämmmaßnahmen, doch die Energieeinsparung bleibt minimal – und das Wohnen wird unbezahlbar.

Hohe Kosten und Zinsen belasten Neubauprojekte.
Foto: Patrick Pleul/dpa
In Kürze:
- Dämmmaßnahmen kosten Milliarden, bringen laut Berechnungen aber kaum Energieeinsparungen.
- Baukosten auf Rekordniveau: 4.473 Euro pro Quadratmeter im Schnitt
- Über 20.000 Bauvorschriften bremsen den Wohnungsbau – viermal so viele wie vor 20 Jahren.
- LEG-Chef fordert radikalen Bürokratieabbau und eine Rückkehr zu einfachen Standards.
- Heizkosten steigen weiter, vor allem durch CO₂-Preis und Netzgebühren.
Der Vorstandschef des Immobilienriesen LEG, Lars von Lackum, hat in einem Interview für den Podcast „Klima-Labor“ von ntv deutliche Kritik an der Gebäudeenergiepolitik der Bundesregierung geübt. Aus seiner Sicht wird der Wert der Dämmung als klimapolitische Maßnahme überbewertet. Der Chef des Düsseldorfer Wohnungskonzerns sieht in diesem Bereich ein „gigantisches Fehlanreizsystem“.
Von Lackum verweist auf Berechnungen des Verbandes der Wohnungswirtschaft. Dieser spricht von jährlich rund 45 Milliarden Euro, die zwischen 2010 und 2022 in Maßnahmen dieser Art investiert worden seien. Der Energieverbrauch sei dennoch nur um weniger als 1 Prozent gesunken.
Von Lackum: Bürokratie und Vorschriften verteuern und verlangsamen Wohnungsbau
Der Vorstandschef beklagt ein „bürokratisches Dickicht“ aus mehr als 20.000 Bauvorschriften. Dieses komme einer Vervierfachung innerhalb von nur zwei Jahrzehnten gleich. Die durchschnittlichen Baukosten für Geschosswohnungen beliefen sich dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes zufolge schon auf 4.437 Euro je Quadratmeter. Dabei seien die Grundstückskosten nicht einmal mit eingerechnet.
Allein bereits die Dämmung eines fünfgeschossigen Mehrfamilienhauses könne mehr als 110.000 Euro an Kosten mit sich bringen. Mit bis zu 160 Euro je Quadratmeter beim Einfamilienhaus sei ebenfalls ein für viele Projektentwickler und private Bauherren nicht mehr machbares Ausmaß an Zusatzkosten erreicht. Von Lackum betont, dass jede Vorschrift Geld koste. Die Politik solle sich der Situation endlich bewusst werden und die Bürokratie entschlacken:
„Wir müssen endlich zurück zu einem vernünftigen Standard – so wie nach dem Krieg.“
Mittlerweile, so der Immobilienmanager, sei jedes erdenkliche Detail durch irgendeine Vorschrift erfasst. Dies gehe bis zur Vorgabe, Zwischendecken aus Lärmschutzgründen 24 statt 14 Zentimeter dick zu gestalten. Für die Bürger sei dies zweitrangig:
„Unsere Mieter wünschen sich keine perfekte, sondern eine bezahlbare Wohnung.“
Man verliere die Menschen für die Klimawende, wenn man an ihren Bedürfnissen vorbeiregiere.
Die Politik scheitert an ihren eigenen Zielen
Von Lackum erklärte, die Dauer von Genehmigungsverfahren könne im Bauwesen bis zu 15 Jahren betragen. In den 1990er-Jahren sei es gelungen, bis zu 600.000 Wohnungen im Jahr zu errichten. Demgegenüber habe die Ampelregierung versprochen, jährlich 400.000 zu errichten, doch am Ende sei es lediglich etwa die Hälfte geworden. Die gegenwärtige Entwicklung bereitet dem LEG-Chef Sorge. Er argwöhnt:
„Wenn wir so weitermachen, baut in Deutschland bald niemand mehr.“
Nur ein radikaler Kurswechsel könne einen Ausweg aus der Krise auf dem Wohnungsmarkt herbeiführen. Die Zahl der Bauvorschriften müsse auf 5.000 geviertelt werden. Die 16 Landesgesetze zum Bauwesen sollten einer bundeseinheitlichen Bauordnung weichen.
Es müsse weiter eine Verpflichtung zum Abschluss von Genehmigungsverfahren innerhalb von drei Monaten geben. Außerdem sprach sich von Lackum dafür aus, das historische KfW-Darlehen im Gegenzug für eine langfristige Mietpreisbindung zu reaktivieren.
Bei der Dämmung „klaffen Wunsch und Wirklichkeit auseinander“
Gegenüber der „Berliner Zeitung“ pflichten andere Stimmen aus der Branche dem LEG-Vorstandschef teilweise bei. Dirk Salewski vom Immobilien-Dachverband BFW sieht Überregulierung und zu hohe Ansprüche als Ursachen für die Preisexplosion. Die Wärmedämmung sei ein Aspekt davon:
„Beim Thema Dämmmaßnahmen klaffen Wunsch und Wirklichkeit auseinander und treffen auch nicht mehr die Lebensrealität der Menschen.“
Es dürfe jetzt nicht mehr länger um den Goldstandard in allen Bereichen des Wohnbaus gehen. Der bezahlbare Wohnraum für breite Schichten müsse im Vordergrund stehen.
Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, betont, dass die Gebäudedämmung „nicht der alleinige Heilsbringer“ sei. Ganz ohne Dämmung gehe es aber auch nicht, betonte Müller. Die CO₂-Preise steigen aufgrund politischer Vorgaben.
Deutschland benötigt auch im Wohnungsbau weniger Ideologie und mehr Pragmatismus
Laut der gemeinnützigen Plattform co2online müssen Mieter 2026 mit rund 1.180 Euro Heizkosten für eine 70-Quadratmeter-Wohnung rechnen – ein Plus von 15 Prozent. In den nächsten 20 Jahren würden sie zusätzlich steigen.
Von Lackum erklärt, auch Kommunen stellten teilweise noch ortsbezogene Anforderungen an ihre Bauherren. Häufig müssten „allein für die Nutzung von öffentlichen Geldern Fördermittelberater engagiert werden“. Je mehr technisch und energetisch gefordert werde, desto teurer werde am Ende des Tages das Wohnen. Deutschland brauche auch im Wohnungswesen wieder weniger Ideologie und mehr Pragmatismus.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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