Digital statt analog, Daten statt Ackerland

Das Interesse am Rhein-Main-Gebiet ist aufgrund des wichtigen Internetknotens DE-CIX groß. Über 30 neue Rechenzentren sollen im Umkreis entstehen.
Digital statt analog, Daten statt Ackerland
Eine Luftaufnahme von neuen Mmcrosoft-Rechenzentren entlang der Autobahn a7 in Noordholland. Ähnlich könnten einige der über 30 neu geplanten Anlagen um Frankfurt herum auch aussehen.Foto: iStock
Von 30. Juli 2022

Das Rhein-Main-Gebiet liegt verkehrsgeografisch gesehen nicht nur in der Mitte Deutschlands, sondern auch in der Mitte Europas. In der Metropolregion, eine von elf hierzulande, läuft vieles zusammen. Ein Strom durchquert die Region eher unbemerkt und benötigt stetig mehr Platz. Die Rede ist vom Strom der Daten – einem schier unermesslichen Fluss an Informationen über die Menschheit, der immer weiter steigende Speicherkapazitäten benötigt.

Daher sollen in den kommenden Jahren im sogenannten Speckgürtel des Rhein-Main-Gebietes zahlreiche Rechenzentren entstehen, die dem ständig wachsenden Bedarf von Datenkraken wie Google Genüge tun. Gesprochen wird von über 30 Anlagen.

Frankfurt ist dafür prädestiniert, befindet sich doch dort einer der weltweit größten Internetknotenpunkte, der DE-CIX-Knoten. Die angedachten Rechenzentren werden alle im Radius von maximal ungefähr 25 Kilometern um dieses Zentrum liegen, verrät die „Dokumentation Impulsreform Rechenzentren FrankfurtRheinMain“ des Regionalverbandes Rhein-Main.

Google plant an zwei Standorten

Doch zunächst zu Google. Das amerikanische Unternehmen wird Eigentümer eines des größten Rechenzentrums Europas, das im hessischen Hanau gebaut wird.

Entwickler des Geländes ist die auf Projekte wie diese spezialisierte Firma NDC-Garbe aus Hamburg. Für das Vorhaben steht das 250.000 Quadratmeter große ehemalige Kasernengelände im Stadtteil Großauheim zur Verfügung.

Auf vier Stockwerken wird in der neuen Cloud-Anlage 10.000 Quadratmeter Recheninfrastruktur untergebracht. Die Anschlussleistung von letztlich 180 Megawatt entspricht etwa der doppelten Jahresleistung der Stadt Hanau inklusive ihrer Großindustrie. Die Erweiterung der bestehenden Frankfurter Google-Cloud-Region soll die wachsende Nachfrage nach Cloud-Diensten in Deutschland bedienen.

Quasi nur einen Katzensprung entfernt – im benachbarten Erlensee, im Logistikpark Fliegerhorst – hat der Internetriese Google ebenfalls zugeschlagen und sich ein weiteres Grundstück gesichert. Auf einem mit rund zwölf Hektar wesentlich kleineren Areal als in Hanau soll ein weiteres Rechenzentrum entstehen. Wann, ist noch unklar.

Als Gewerbesteuerzahler für Kommunen interessant

In der Gemeinde Schöneck – ebenfalls unweit von Hanau – hat sich bereits Protest gegen ein geplantes Rechenzentrum, gebaut vom Unternehmen Hetzner Online GmbH aus Gunzenhausen bei Nürnberg, formiert.

Aktivisten kritisieren, dass die Gemeinde für das Projekt rund 13 Hektar bestes Ackerland geopfert hätte. Das berichtet die „Offenbach-Post“. Bürgermeisterin Cornelia Rück (SPD) verteidigt hingegen die Pläne der Gemeinde.

Zur Kritik der örtlichen Landwirte räumt sie im Gespräch mit der Epoch Times zwar ein, dass die gesamte Fläche derzeit landwirtschaftlich genutzt werde, zwei Drittel seien aber bereits seit zwölf Jahren im Regionalen Nutzungsplan für Gewerbegebietsentwicklung vorgesehen. Die vier Hektar „on top“ seien dann eine Erweiterung des Gewerbegebiets.

Im Übrigen seien praktisch sämtliche Flächen in der Region, die für neue Bauvorhaben ausgewiesen würden, Ackerland. Man könne der Gemeinde auch nicht vorwerfen, dass „wir in Schöneck Flächenfraß betrieben haben“. Die Ausweisung des letzten Gewerbegebietes sowie eines Wohngebietes lägen jeweils mehr als 15 Jahre zurück. Für Schöneck sei die Ansiedlung attraktiv und bringe Gewerbesteuer ein. „Wenn es bei uns nicht passiert, passiert es woanders“, sagt die Rathauschefin.

Smart Cities, künstliche Intelligenz, autonomes Fahren

In einer Dokumentation zu einem „Impulsforum“ schreibt der Regionalverband FrankfurtRheinMain, dass sich die Region dank des Internetknotens DE-CIX zu einem „Magneten für die Rechenzentrumsbranche“ entwickelt habe.

Der Datenumsatz betrage in Spitzenzeiten zehn Terabit pro Sekunde. Das entsprechen einem Daten-Volumen von über zwei Milliarden DIN-A-4-Seiten. Weil die Flächen in Frankfurt knapp seien, wachse das Interesse an den umliegenden Kommunen. So steht auch im benachbarten Offenbach bereits ein großes Rechenzentrum. Die Welt werde mit einem „rasanten Tempo“ zunehmend digitaler und Smart Cities, Industrie 4.0, künstliche Intelligenz oder autonomes Fahren eröffneten den Blick auf eine nicht allzu ferne Zukunft, wie man sie bisher nur aus Science-Fiction-Filmen kenne. „Doch all diese Anwendungen bedürfen eines leistungsfähigen Datenumschlags“, heißt es in der Dokumentation.

Um den enormen Energie- und Wasserbedarf der Anlagen zu decken, müssten die jeweiligen Unternehmen eigene Ideen entwickeln, antwortet eine Sprecherin der Kreiswerke Main-Kinzig, zu denen Hanau und Schöneck gehören, auf Anfrage von Epoch Times. Das Regierungspräsidium Darmstadt prüft die Pläne, bevor eine Genehmigung erteilt wird. Google behauptet auf seiner Internetseite, bereits seit 2007 klimaneutral zu sein.

Regierung plant für eigene Daten Rechenzentrum im Ausland

Während hierzulande Anlagen für Unternehmen wie Google aus dem Boden schießen, sucht das Auswärtige Amt im Ausland nach einem geeigneten Platz für deutsche Daten.

In einem Strategiepapier mit dem Titel „Aktionsplan Cybersicherheit“ heißt es, dass das Ziel die „Schaffung eines digitalen Ausweichsitzes der Bundesregierung als ‚digitaler Zwilling des Regierungshandelns’“ sei. So berichteten Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ am Dienstag, 19. Juli.

Unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs plane das Auswärtige Amt eine Backup-Lösung für Regierungsdaten. Auf ein Land hat sich das Amt noch nicht festgelegt.

Eine Bundeskompetenz über eine „gefahrenabwehrrechtliche Sonderzuständigkeit“ sei notwendig, „um bei bedeutenden, komplexen länderübergreifenden Cybergefahrenlagen aktiv werden zu können“, heißt es in dem Strategiepapier. Der Bund müsse noch klären, welche Behörden auf Bundesebene für Cyberabwehr zuständig sein sollten.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 55, vom 30. Juli 2022.



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