Eigener Biograf sieht Scholz scheitern – Haushaltsurteil fällt auf ihn zurück

In einem Interview sieht Lars Haider, der Biograf von Bundeskanzler Scholz, für diesen kaum noch Chancen auf eine Wiederwahl. Ein „Wendepunkt“ sei insbesondere das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts – das voll auf ihn zurückfalle.
Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag.
Bundeskanzler Olaf Scholz im BundestagFoto: Michael Kappeler/dpa
Von 27. Dezember 2023

Die Umfragewerte für die Ampelkoalition sind weiter rückläufig – und mittlerweile sinken auch die persönlichen Popularitätswerte für Bundeskanzler Olaf Scholz. Der Chefredakteur des „Hamburger Abendblatts“, Lars Haider, sieht nur noch wenig Chancen für Scholz, den Trend umzukehren. Für den Kanzler ist diese Einschätzung deshalb besonders unvorteilhaft, weil Haider ihn als Biograf besonders gut kennt.

Hohe Kompetenzwerte seien nun Vergangenheit

Im Dezember 2021 erschien rechtzeitig zur Amtseinführung das von Haider verfasste Buch „Olaf Scholz – Der Weg zur Macht“. Dass der Biograf die Bilanz des Kanzlers mittlerweile sehr kritisch sehen würde, verriet der Titel seines jüngsten Buches – „Der Blabla-Wumms: Was Politiker (nicht) sagen – und wie man es versteht“. Dieses ist seit September auf dem Markt.

Mittlerweile sieht Haider kaum noch eine realistische Chance für den Kanzler, noch einmal aus seinem Popularitätstief herauszukommen. Bislang, so erklärte er im Interview mit „t-online“, sei es eher die Regel gewesen, dass die SPD als Partei unbeliebt gewesen wäre. Scholz als Person hingegen habe man hingegen hohe Kompetenzwerte zugebilligt.

Nun seien auch die Beliebtheitswerte des Kanzlers im Keller. Der Wendepunkt sei diesbezüglich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse gewesen, das die nunmehrige Haushaltskrise ausgelöst hat.

Scholz rechnete damit, dass Finanztrick „schon durchgehen“ werde

Haider erklärt, Scholz in der Vergangenheit immer verteidigt zu haben und warnte auch davor, ihn abzuschreiben. Bis dato habe der Kanzler davon profitiert, sich mit Funktionsweisen der Politik und mit Details gut auszukennen. Allerdings falle das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts nun voll auf ihn persönlich zurück:

Der Haushaltstrick, die Corona-Kredite für den Klima- und Transformationsfonds umzuwidmen, war seine Idee. Es gab sicher Leute, die das hinterfragt haben.“

Sein Image, „kein großer Redner, aber ein großer Macher“ zu sein, habe darunter gelitten. Scholz sei sich sicher gewesen, dass sein Haushaltstrick „schon durchgehen“ werde. Als Jurist und früherer Bundesfinanzminister hätte er es besser wissen müssen.

Dies sei der bislang größte Rückschlag in der politischen Karriere des SPD-Politikers. Es sei unsicher, ob er das verlorene Vertrauen wieder zurückgewinnen könne.

Als „männliche Merkel“ aufzutreten, sei „größte strategische Leistung“ gewesen

Die größte Meisterleistung des Kanzlers sei es gewesen, 2021 im Bundestagswahlkampf den richtigen Weg zum Erfolg herausgefunden zu haben:

Seine größte strategische Leistung war es, vor der Bundestagswahl 2021 zu erkennen, dass die Menschen Merkel mögen und er als männlicher Merkel Bundeskanzler werden kann.“

Der heutige Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt, dessen fehlende Öffentlichkeitspräsenz Scholz ebenfalls schade, habe erklärt, dieser sei „Merkel mit Plan“. Diese Einschätzung sei zutreffend, weil viele der heutigen Probleme, mit denen sich die Ampel beschäftigen müsse, auf deren Amtszeit zurückgehe.

Die Ampel sei „auch deshalb unbeliebt, weil sie massive Veränderungen anstoßen muss, die in den 16 Jahren zuvor nicht auf den Weg gebracht worden sind“.

Scholz müsse „mit guter Politik punkten“ – Haider „ratlos, wie er das schaffen soll“

Mit einem vorzeitigen Auseinanderbrechen der Ampel rechnet Haider nicht. Eine Chance, die Koalition zu beenden, hätte unmittelbar nach Verkündung des Karlsruher Urteils bestanden. Nun werde die Koalition alle Hebel in Bewegung setzen, um die Legislaturperiode durchzuhalten.

Scholz müsse, wolle er noch eine Chance haben, „mit guter Politik punkten, das ist seine letzte Chance“. Haider sei jedoch „ratlos, wie er das schaffen soll“. Die jüngste INSA-Umfrage zur Bundestagswahl sieht alle Ampel-Parteien zusammen nur noch bei 32 Prozent – 15 Prozent SPD, 12 Prozent Grüne, 5 Prozent FDP.

Die Unionsparteien würden den gleichen Wert erreichen. Mit 22 Prozent liege die AfD auf Platz 2 in der Wählergunst. Linke (4 Prozent) und Freie Wähler (3 Prozent) wären nicht im Bundestag vertreten. Als mögliche, realistische Koalitionsoptionen kämen Schwarz-Rot und Schwarz-Grün infrage.



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