Grünen-Chefin drängt trotz Energiekrise auf vorzeitigen Kohleausstieg

Zittern in Deutschland. Für Bürger und Unternehmer sind die Folgen der Energiekrise noch nicht komplett absehbar. Fest steht schon jetzt, dass viele nicht wissen, wie sie zukünftig ihre Stromkosten zahlen sollen. Der Ruf nach Verlängerung der Laufzeiten von Kern- und Kohlekraftwerken wird immer lauter, Grünen-Chefin Ricarda Lang kann dem nichts abgewinnen.
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Ricarda lang.Foto: Christian Marquardt - Pool/Getty Images
Epoch Times11. September 2022

Trotz der Energiekrise drängt Grünen-Chefin Ricarda Lang weiter auf ein Vorziehen des Kohleausstiegs. „Es ist notwendig, dass wir 2030 aus der Kohle aussteigen – allein schon, um unsere Klimaziele zu erreichen“, sagte Lang den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Das wollen wir auf unserem Parteitag bekräftigen“, fügte sie mit Blick auf das für Oktober geplante Treffen hinzu.

Eine sichere Energieversorgung und der Kampf gegen die Klimakrise sind nach ihrer Ansicht zwei Seiten derselben Medaille. „Wer beides gegeneinander ausspielt, setzt wissentlich unsere Handlungsfähigkeit und die Freiheit künftiger Generationen aufs Spiel“, so die Co-Parteichefin. „Niemand kann es sich erlauben, so zu tun, als könnte das Klima jetzt mal warten.“

Die Kohlekommission hatte im Januar 2019 einen Ausstieg aus der Kohle bis 2038 vorgesehen. In ihrem Koalitionsvertrag verständigten sich die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP darauf, zur Einhaltung der Klimaschutzziele einen beschleunigten Ausstieg aus der Kohleverstromung anzustreben. „Idealerweise“ gelinge das schon bis 2030, heißt es in der Vereinbarung. Dieses Ziel war zuletzt wegen der Energiekrise und der verlängerten Reservehaltung der Kohlekraftwerke immer wieder in Frage gestellt worden.

Lang sagte den Funke-Medien mit Blick auf den russischen Staatschef und seinen Krieg in der Ukraine, Deutschland sei auf einem guten Weg, „tatsächlich unabhängig zu werden von den Energielieferungen des Kriegsverbrechers Wladimir Putin“.

Die FDP zweifelt daran, dass sich der Kohleausstieg angesichts der Energiekrise von 2038 auf 2030 vorziehen lässt. „Der Kohle-Gipfel mit dem Bundeskanzler hat gezeigt, wie schwierig es werden könnte, gerade in der aktuellen Situation das Wollen vor das Können zu setzen“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Die klimapolitischen Ziele sind außerordentlich wichtig. Diese sind aber nur zu erreichen, wenn wir den drohenden Energieengpass bezwingen.“

Kein Fracking in Deutschland

Forderungen nach einer Förderung von Schiefergas in Deutschland, wie sie FDP-Chef Christian Lindner am Samstag bekräftigt hatte, lehnte die Grünen-Politikerin ab. Fracking nütze „in der aktuellen Lage gar nichts“, sagte Lang. „Es würde Jahre dauern, solche Vorkommen zu erschließen.“ Bis dahin sei Deutschland aber „mit den Erneuerbaren an einem Punkt, der weitere Investitionen in Fossile überflüssig“ mache. Der Weg aus der Energiekrise seien Sonne und Wind, versicherte Lang. „Und wir können es schaffen, Strom bis 2035 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu gewinnen.“

In einem vergangene Woche bekannt gewordenen Leitantrag für den Grünen-Parteitag heißt es, die energiepolitische Abhängigkeit von Russland schwäche Deutschland und Europa und senke die Fähigkeit, „nachhaltig, also im Einklang mit den planetaren Grenzen und der Freiheit zukünftiger Generationen zu wirtschaften“. „Die konsequente politische Schlussfolgerung daraus ist der beschleunigte Ausstieg aus der Kohle bereits im Jahr 2030.“

Der promovierter Chemiker und Wissenschaftler Professor Dr. Fritz Vahrenholt weist ganz klar darauf hin, „dass die Energiemärkte bereits vor dem Ukraine-Krieg aus den Fugen geraten waren. Durch Abbau von Erzeugungskapazitäten (Kohlekraftwerke und Kernkraftwerke) in ganz Europa und unterlassene Erschließung neuer Öl-, Gas und Kohlevorkommen sowie einem rasanten, aber politisch gewollten Anstieg der Preise von Emissionszertifikaten vervielfachten sich die Preise von Gas und Strom schon im Jahr 2021.“ Der Ukraine-Krieg habe diese Tendenz lediglich noch einmal verschärft.

„Fridays For Future“ offen für verlängerte AKW-Zeit

Ein Umdenken gab es indes bei „Fridays For Future“. Aktivistin Luisa Neubauer zeigt sich im Notfall offen für Kernkraft-Nutzung über das Jahresende hinaus. „Im allerschlimmsten Fall wird man die Atomenergie jetzt vielleicht noch nutzen müssen“, sagte sie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben). Man müsse eine etwaige Verlängerung der Laufzeiten von zwei der drei verbliebenen Atomkraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 „an den Ansprüchen der Gegenwart messen und nicht an den Ansprüchen der 1980er-Jahre“, so Neubauer.

Gleichzeitig kritisierte sie, dass die andauernde Debatte über die Kohleverstromung und die weitere Nutzung der Atomenergie die Debatte über die Möglichkeiten der erneuerbaren Energien verdränge. „Wenn man jetzt so viel Energie, Kreativität und Geld in Kohle oder Atom investiert, wo zum Henker ist diese Energie, wenn es um erneuerbare Energien geht?“ Stattdessen würden „deren Potenziale systematisch ausgeblendet“. „Es entsteht der Eindruck, als hätten wir keine andere Wahl außer Kohle und Atom“, so die Klimaaktivistin. „Das ist verantwortungslos. Wir brauchen hier eine Wende.“

Habeck für Reservebetrieb – Betreiber widerspricht

Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) hatte sich am 5. September dafür ausgesprochen, dass die AKWs Isar 2 und Neckarwestheim 2 über das gesetzlich eigentlich vorgeschriebene Ende am 31. Dezember hinaus in eine Notreserve versetzt und bei Bedarf wieder hochgefahren werden sollen. Das war innerhalb wie außerhalb der Ampelkoalition auf Kritik gestoßen. Die Grünen-Spitze ruft die Partei nun zur Zustimmung des geplanten Reservebetriebs der beiden AKWs auf. Die Einsatzreserve sei „eine verantwortungsvolle, angemessene, zeitlich begrenzte und zielgenaue Lösung“, zitierte der „Spiegel“ am Wochenende aus einem Dringlichkeitsantrag für den Bundesparteitag im Oktober.

Dass ein Reservebetrieb problematisch ist, erklärten indes der Vorstandschef von PreussenElektra, Guido Knott, dessen Unternehmen das AKW Isar 2 betreibt. Demnach sei es „technisch nicht machbar“, zwei der drei laufenden Anlagen zum Jahreswechsel in die Kaltreserve zu schicken, um sie bei Bedarf hochzufahren. Dementsprechend sei eine solche Maßnahme auch nicht geeignet, den Versorgungsbeitrag der Anlagen abzusichern. (afp/dts/dpa/sua)



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