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AfD-Kandidaten mit geringen Chancen

Heidi Reichinnek vor Wahl im Bundestag: Union könnte Linken-Kandidatin für Kontrollgremium blockieren

Am Donnerstag, 26. Juni, stimmt der Bundestag über die neue Besetzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums ab – darunter auch über die Kandidatur der Linken-Politikerin Heidi Reichinnek. Ihre Wahl gilt als unsicher, politischer Druck und parteiübergreifende Spannungen sind vorprogrammiert.

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Die Linksfraktion hat Heidi Reichinnek für das Gremium nominiert, das die Arbeit der Geheimdienste kontrolliert.

Foto: via dts Nachrichtenagentur

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Linken-Politikerin Heidi Reichinnek steht am Donnerstag, 26. Juni, im Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit. Im Bundestag fällt eine weitere heikle Personalentscheidung an.
Ab 14:05 Uhr soll neben weiteren Gremien auch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) für die 21. Wahlperiode bestückt werden. Dieses ist unter anderem für die Kontrolle der Nachrichtendienste zuständig. Die Bundesregierung ist aufgrund des Kontrollgremiumgesetzes verpflichtet, das PKGr „umfassend“ über deren allgemeine Tätigkeiten und Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten.

Sitze der AfD werden voraussichtlich leer bleiben

Die Zusammensetzung des Gremiums gilt als politisch hochsensibler Akt. Es besteht die Möglichkeit, dass Abgeordnete aus politischen Zusammenhängen an vertrauliche Informationen der Nachrichtendienste gelangen, die selbst deren Beobachtungsobjekt sind. Zudem besteht das Risiko, dass Informationen, die nur für das Gremium selbst bestimmt sind, an die Öffentlichkeit gelangen.
Erst vor wenigen Wochen hieß es vonseiten der Staatsanwaltschaft Berlin, dass sie in fast zwei Dutzend Fällen wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat ermittle.
Dabei beträfen mehrere Vorgänge auch das Parlamentarische Kontrollgremium. Dieses hatte in seinem Tätigkeitsbericht selbst beklagt, dass „Inhalte aus Verschlusssachen und aus geheimen Beratungen des Gremiums in Medienveröffentlichungen thematisiert wurden“.
Um ins Parlamentarische Kontrollgremium gewählt zu werden, müssen Kandidaten die Zustimmung einer Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages erreichen. Vor diesem Hintergrund erscheint es als wahrscheinlich, dass die beiden von der AfD vorgesehenen Kandidaten Martin Hess und Gerold Otten die erforderliche Stimmenanzahl verfehlen.

Kontrollgremium wird von 13 auf neun Sitze verkleinert

Infolge der Verkleinerung des Bundestages aufgrund der Wahlrechtsreform soll das PKGr von derzeit 13 wieder auf neun Mitglieder verkleinert werden. Die Union hätte demnach Anspruch auf drei Sitze, AfD und SPD jeweils auf zwei, Grüne und Linke jeweils auf einen.
Lediglich in der 19. Wahlperiode war die AfD-Fraktion durch Roman Reusch im Kontrollgremium vertreten. Zum damaligen Zeitpunkt hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD noch nicht als Prüf- oder Verdachtsfall bezüglich rechtsextremistischer Bestrebungen eingestuft. Im 20. Bundestag erhielt keiner der AfD-Kandidaten die erforderliche Mehrheit. Wie auch im Bundestagspräsidium blieb der für die Fraktion vorgesehene Sitz unbesetzt.
Ungewiss ist jedoch, ob die von der Linksfraktion vorgesehene Heidi Reichinnek die erforderlichen Stimmen erhalten wird. Zuletzt hatte es aus der Union Stimmen gegeben, die Politikerin nicht wählen zu wollen.
Reichinnek hatte im Wahlkampf CDU-Chef Friedrich Merz massiv angegriffen, nachdem dieser Anträge zur Migrationspolitik eingebracht hatte, von denen einer dank der Stimmen für die AfD gewählter Abgeordneter angenommen wurde.

SPD und Grüne wollen Reichinnek wählen

Vor allem aus der CSU gibt es massive Vorbehalte gegen Reichinnek. Landesgruppenchef Alexander Hoffmann nannte deren Nominierung gegenüber dem „Spiegel“ eine „parteipolitische Provokation“. Das hochsensible Gremium brauche „passendes Personal“. Reichinnek zählt er offenbar nicht dazu.
Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Steffen Bilger, äußerte, er halte Reichinnek für keine geeignete Kandidatin. Die Nachrichtenagentur AFP zitiert ihn mit der Aussage:
„Die Linken müssen sich schon überlegen, mit welchen Kandidaten sie in solche Wahlen gehen.“
Demgegenüber hat der Koalitionspartner SPD keine Einwände gegen eine Wahl der Kandidatin der Linken. Gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) sagte ihr Innenexperte Lars Castellucci, er sehe „keine Gründe, sie nicht zu wählen – anders als bei den Kandidaten der AfD“, die nicht auf dem Boden der Verfassung stehe.

Ohne Stimmen aus Union oder AfD keine Mehrheit

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, hat ebenfalls bereits in Aussicht gestellt, dass Reichinnek auf deren Stimmen zählen könne. Das Parlamentarische Kontrollgremium nehme gerade in diesen Zeiten eine enorm wichtige Aufgabe wahr. Deshalb werde man „die Kandidaten aller demokratischen Fraktionen“ wählen.
Allerdings reichen die Stimmen von Linksfraktion, SPD, Grünen und dem meist mit der SPD stimmenden SSW-Abgeordneten Stefan Seidler für eine Wahl in das Gremium nicht aus. Union und AfD kommen zusammen auf 360 der 630 Sitze, weshalb Reichinnek auch Stimmen aus deren Reihen benötigt.
Die Linke hat der Union angekündigt, im Fall der Nichtwahl ihrer Kandidatin ihre Unterstützung bei wichtigen Entscheidungen zu überdenken. Union und SPD benötigen überall dort, wo eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag erforderlich ist, die Stimmen der Linksfraktion. Dies betrifft unter anderem die Wahl von Verfassungsrichtern.

Reichinnek warnt Union vor „Politisierung“ der Wahl zum Kontrollgremium

Bei der Pressekonferenz am Dienstag im Bundestag äußerte Reichinnek, sie gehe „fest davon aus, dass sie gewählt werde“. Sie sei eine Kandidatin, die „sich schon immer für die Stärkung der Demokratie eingesetzt hat, die für Stabilität sorgen will“. Deshalb habe ihre Fraktion auch die Union in der Frage der Kanzlerwahl Anfang Mai unterstützt.
Bezüglich künftiger Zweidrittelmehrheiten will Reichinnek diese davon abhängig machen, dass „mit uns Gespräche geführt werden“. Dazu habe sie selbst wiederholt eingeladen. Reichinnek betonte jedoch auch:
„Wenn die Union eine Wahl in ein solches Gremium wirklich politisieren will, dann muss sie selbst mit den Konsequenzen dann auch klarkommen.“
Als künftiger Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist Marc Henrichmann vorgesehen. Die CDU wird Roderich Kiesewetter nicht mehr für die PKGr nominieren. Für die SPD wird Ralf Stegner nicht mehr vertreten sein.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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