Heizungsgesetz: Zu teuer für die Bürger? FDP fordert „realistischen Zeitplan“

Viel Diskussionsbedarf, wenig Zeit: Ob das Heizungsgesetz wirklich vor der Sommerpause vom Bundestag beschlossen werden kann, bleibt noch offen. Ein sensibles Thema ist die Abfederung sozialer Härten. Ein Fallbeispiel zeigt, dass die Heizreform für viele Bürger teuer und aufwendig werden kann.
Heizungsgesetz: FDP fordert „realitischen Zeitplan“ – Soziale Frage nur zweitrangig?
Die Bedieneinheit einer Gastherme.Foto: iStock
Von 20. Mai 2023

Energie-Staatssekretär Patrick Graichen zieht sich zurück. Nun diskutiert die Ampelkoalition besonders über den Zeitplan für das Gesetz zum Austausch von Öl- und Gasheizungen. Die FDP bleibt bei ihrer Forderung nach einer umfassenden Überarbeitung des Entwurfs und will dafür die nötige Zeit.

Die SPD hält inhaltliche Änderungen ebenfalls für angebracht, will diese aber in die Beratungen über das Gesetz im Bundestag einbringen und damit in der nächsten Woche beginnen. Einzig die Grünen drängen darauf, dass das Gesetz bis Anfang Juli verabschiedet wird – und dann Anfang 2024 in Kraft tritt.

FDP fordert grundsätzliche Überarbeitung

Der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse, sagte allerdings der „Rheinischen Post“: „Angesichts der Umstrukturierung in der Führungsspitze des Ministeriums sollte Minister Habeck einen neuen, realistischen Zeitplan für das Heizungsgesetz vorschlagen und die Zeit bis dahin nutzen, um es grundsätzlich zu überarbeiten.“

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte am Mittwoch Graichens Rückzug angekündigt, nachdem dieser in zwei nachvollziehbaren Fällen Privates und Berufliches nicht ausreichend getrennt hatte. Wer Graichen nachfolgt, ist bislang unklar. Kruse betonte: „Die Beratungen können ohne Ansprechpartner im Wirtschaftsministerium nicht fortgesetzt werden.“

Wie ist Ihre Bereitschaft zu Klima-Einschränkungen? Nehmen Sie an unserer Umfrage teil:

Abfederung sozialer Härten möglich?

Nach dem beschlossenen Gesetzesentwurf soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien laufen. Das soll für alle Eigentümer bis 80 Jahre gelten. Bestehende Öl- und Gasheizungen können weiter betrieben werden, kaputte Heizungen dürfen repariert werden. Der Umstieg soll laut Wirtschaftsministerium „durch gezielte Förderung unterstützt werden“, die auch soziale Härten abfedere.

So oder so dürfte die Heizungsreform für die Bürger sehr teuer werden. Fast 200.000 Euro hat beispielsweise eine junge Familie in die energieeffiziente Sanierung ihres Hauses gesteckt, wie „Focus“ berichtet. Im vergangenen Jahr waren die aufwendigen Arbeiten endlich abgeschlossen. Die Familie machte, mit Unterstützung von Freunden und Familie, alles selbst.

In den letzten Monaten dämmerte ihnen jedoch, dass große Teile ihrer Renovierungsarbeiten möglicherweise komplett überflüssig gewesen waren. Aufgrund der Pläne der Ampelregierung stehen jetzt wohl weitere 80.000 Euro Investitionskosten an – und sie müssen wohl „alles noch mal aufreißen“. Denn eine Luft-Wärmepumpe, die nach dem neuen Gesetz bei ihnen infrage käme, sei nur mit einer Fußbodenheizung und einer Photovoltaikanlage sinnvoll.

Die Familie fragt sich verwundert,
ob die Verantwortlichen in Berlin sich mal überlegt haben, was das für Menschen wie uns konkret bedeutet. Wir haben bereits zwei Finanzierungen laufen, eine für den Kauf unseres Hauses, eine für den Umbau. Wir sind uns nicht sicher, ob wir eine dritte Finanzierung von der Bank bekommen würden.“

Klimafrage vor sozialer Frage?

Wie eine staatliche Förderung mit Steuergeldern zur Abfederung sozialer Härten aber konkret aussehen könnte, ist noch unklar. SPD-Politikerin Mast sagte dem RND, entscheidend sei, dass die Förderung des Umbaus sozial ausgewogen gestaltet werde. Man müsse „Faktoren wie das Einkommen noch stärker berücksichtigen“. Für Bestandsbauten müssten neben der Wärmepumpe auch noch Alternativen zu Gas- und Ölheizungen zum Einsatz kommen können. Auch Fristen und Härtefallregelungen müsse man „nötigenfalls ausweiten“. SPD-Chef Lars Klingbeil räumte in der „Rheinischen Post“ ein:

Beim Heizungsgesetz sind wir nicht optimal gestartet. Es war unglücklich, dass wir zuerst über die Klimafrage geredet und nun das Soziale hinterhergeschoben werden muss.“

So müsse zum Beispiel eine soziale Staffelung nach Einkommen kommen. Der Kern des Gesetzes bleibe aber: „Ab dem 1. Januar 2024 muss möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.“

Auch Städtetag fordert eine Überarbeitung

Der Deutsche Städtetag hält nach den Worten von Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy allerdings nichts davon, das Gesetz auf die lange Bank zu schieben. „Wenn wir bis 2045 Klimaneutralität in der Wärmeversorgung erreichen wollen, brauchen wir jetzt Entscheidungen.“ Aber dennoch müsse der Bund das Gesetz nochmal anpassen.

„Das ist im laufenden Gesetzgebungsprozess möglich“, sagte Dedy den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Einige zu starre Fristen sollten gelockert werden – zum Beispiel die Pflicht, bereits 2035 einen Anteil von 65 Prozent erneuerbaren Energien im Wärmenetz sicherzustellen: „Das dürfte nicht überall machbar sein.“

Beratungen beginnen nächste Woche

Hingegen sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Katja Mast dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND): „Wir wollen nächste Woche mit den Beratungen des Heizungsgesetzes im Bundestag starten. Das wäre der offizielle Startpunkt für die Verhandlungen im Parlament, und wir sollten alles tun, um bis zum Sommer abschließen zu können.“

Der Zeitplan ist eng: Die parlamentarische Sommerpause beginnt am 7. Juli. Dann tagt auch der Bundesrat das letzte Mal. Danach kommt der Bundestag planmäßig erst wieder Anfang September zusammen. Am 8. Oktober stehen die Landtagswahlen in Hessen und in Bayern an.

(Mit Material der Agenturen)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion