Beschlussmarathon
Mehr Lohn, mehr Rechte: Bundesregierung fasst weitreichende Beschlüsse zu Arbeit und Familie
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch eine Reihe von Gesetzesvorhaben beschlossen, die Millionen Menschen in Deutschland betreffen. Neben der „größten sozialpartnerschaftlich beschlossenen Lohnerhöhung seit Einführung des Mindestlohns“ stärkt die Regierung auch die Rechte leiblicher Väter.

Das Bundeskabinett fällte am Mittwoch eine Vielzahl an Beschlüssen – unter anderem zum Mindestlohn und zur Anfechtung von Vaterschaften.
Foto: Michael Kappeler/dpa
In Kürze:
- Mindestlohn steigt ab 2026 auf 13,90 Euro, ab 2027 auf 14,60 Euro
- Kabinett folgt Empfehlung der Mindestlohnkommission – SPD wollte weitergehen
- Reform stärkt Rechte leiblicher Väter bei Vaterschaftsanfechtung
Eine Vielzahl an Beschlüssen stand im Rahmen der Sitzung des Bundeskabinetts am Mittwoch, 29. Oktober, auf dem Programm. Die Breite der Themen reichte dabei von Umsetzungsgesetzen zu EU-Vorgaben zu Datenschutz oder Asylrecht bis zu Entwürfen zur Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge.
Von besonderer Bedeutung für bis zu 6,6 Millionen unselbstständig Erwerbstätige in Deutschland ist dabei der Beschluss zum Mindestlohn. Das Bundeskabinett billigte einen Verordnungsentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium. Zum Jahreswechsel steigt das Mindestbrutto von derzeit 12,82 auf 13,90 Euro. In einem weiteren Schritt soll der gesetzliche Mindestlohn zum 1. Januar 2027 auf 14,60 Euro steigen.
In zwei Schritten nahe an die 15 Euro heran
Mit dem Beschluss folgt das Bundeskabinett der Empfehlung der unabhängigen Mindestlohnkommission vom Juni des Jahres. Aus der SPD hatte es zuvor Stimmen gegeben, den Mindestlohn sofort auf 15 Euro zu erhöhen – notfalls unter Umgehung der Kommissionsempfehlung.
Die Union hatte sich gegen diese Vorgehensweise ausgesprochen. Auch hatten CDU und CSU vehement eine Wahrung des Lohnabstandsgebotes eingefordert, als die damalige Ampelkoalition 2022 das Bürgergeld deutlich anhob.
Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) verteidigte die zweistufige Anhebung.
Diese sei ein „wichtiger Schritt für mehr Gerechtigkeit und Anerkennung derer, die unser Land Tag für Tag am Laufen halten“. Die Anhebung um fast 14 Prozent stelle die „größte sozialpartnerschaftlich beschlossene Lohnerhöhung seit Einführung des Mindestlohns“ dar. Ihr Parteikollege, der SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf, ließ hingegen erkennen, dass er eine Orientierung an den Kommissionsempfehlungen nicht als Selbstläufer betrachte.
SPD-Generalsekretär hält Empfehlung nur für Lohnuntergrenze
Er zeigte sich gegenüber der Nachrichtenagentur AFP zwar zufrieden über die „deutliche Erhöhung“, die man „trotz der immer gleichen Widerstände“ durchgesetzt habe. Bei den sozialpartnerschaftlich ausverhandelten Empfehlungen gehe es „immer um eine Lohnuntergrenze“, die der Gesetzgeber auch überschreiten könne. Klüssendorf betonte:
„Wir hören nicht auf, für bessere Löhne zu kämpfen.“
Die Mindestlohnkommission wird mit je drei Personen aus den Reihen von Arbeitgebern und Gewerkschaften beschickt. Dazu kommen drei Vertreter der Wissenschaft, der oder die Vorsitzende und zwei nicht stimmberechtigte beratende Mitglieder.
Die Kommission hat die Aufgabe, alle zwei Jahre einen Vorschlag zur Anpassung des Mindestlohns vorzulegen. Die Bundesregierung kann diesen durch Beschluss einer Verordnung verbindlich machen, oder ihn übergehen und eine eigene gesetzliche Regelung treffen. Die Kommissionsvorsitzende Christiane Schönefeld hatte zuletzt die Politik davor gewarnt, Druck auf die Mitglieder des Gremiums auszuüben.
„Wettläufe“ um Anerkennung der Vaterschaft sollen künftig unterbleiben
Ein weiterer Beschluss sieht eine Stärkung der Rechte leiblicher Väter minderjähriger Kinder bei der Anfechtung einer rechtlichen Vaterschaft vor – also einer, die durch rechtsgültige Anerkennung einer Vaterschaft zustande gekommen ist. Bis dato war die Anfechtung einer rechtlichen Vaterschaft nur unter der Voraussetzung zulässig, dass es an sozial-familiären Beziehungen zwischen rechtlichem Vater und Kind fehlte.
Ein Mann, der nicht der biologische Vater ist, konnte auch während eines laufenden Vaterschaftsfeststellungsverfahrens die Vaterschaft rechtlich anerkennen. Damit war dem Verfahren regelmäßig die Grundlage entzogen. De facto konnte das zu „Wettläufen“ um die Anerkennung einer Vaterschaft führen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im April 2024 die bisherige Regelung als unvereinbar mit dem Grundrecht auf Ehe und Familie erklärt. Es trug der Bundesregierung eine Neufassung auf.
Recht auf Anfechtung von Vaterschaft an Kindeswohl auszurichten
Künftig wird es eine „Anerkennungssperre“ während eines laufenden Verfahrens zur Feststellung einer Vaterschaft geben. Solange ein solches läuft, ist eine rechtswirksame Anerkennung einer Vaterschaft durch einen Dritten nicht mehr möglich.
Generell sollen künftig das Lebensalter des Kindes und das Kindeswohl in Verfahren dieser Art eine größere Rolle spielen. Wo keine sozial-familiäre Verbindung zwischen rechtlichem Vater und Kind vorliegt, soll der leibliche Vater in jedem Fall die rechtliche Vaterschaft zu einem minderjährigen Kind anfechten können. Volljährige Kinder können einer Anfechtung widersprechen.
Besteht eine sozial-familiäre Beziehung zwischen rechtlichem Vater und Kind, war eine Anfechtung auch durch den biologischen Vater bislang grundsätzlich ausgeschlossen. Künftig soll eine solche dann möglich sein, wenn auch zum leiblichen Vater eine sozial-familiäre Bindung besteht oder dieser sich nachweislich um eine Beziehung bemüht hat.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
Aktuelle Artikel des Autors
12. November 2025
„Hessen gegen Hetze“: Kritik an Meldestelle wächst
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.
0
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.













