Vergessene Lektionen: Wohn-Sozialismus als Lösung für Berliner Mieter?

Der Historiker und Soziologe Dr. Rainer Zitelmann berichtet von der Wohnsituation in der DDR, deren Modell von linken und grünen Kräften in Berlin nun erneut angesteuert wird. Kann das gut gehen?
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Berlin: Hinter den Türmen der Marienkirche (l) und des Roten Rathauses sind zahlreiche Wohnblocks zu sehen.Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa/dpa
Von 9. November 2021

Am 26. September fand in Berlin der Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ statt und wurde mit 56,4 Prozent angenommen. Dadurch wurde der Berliner Senat – wenn auch rechtlich nicht bindend – dazu aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zur Überführung von Immobilien in Gemeineigentum zu ergreifen, insbesondere ein entsprechendes Gesetz zu erarbeiten. Sind jedoch staatliche Wohnungen das, was letztendlich den Menschen bezahlbare und niveauvolle Wohnungen bringen können? Der deutsche Historiker und Soziologe Dr. Rainer Zitelmann zog dazu im „Focus“ einen Vergleich mit der Wohnungslage in der ehemaligen DDR. Doch wie waren die Ergebnisse der Wohnungspolitik, die dem Historiker nach auf zwei Säulen basiert habe: „Dem Glauben, dass nur Staatswohnungen gute Wohnungen seien und dem Mietenstopp, den Walter Ulbricht und Erich Honecker von Adolf Hitler übernommen hatten“?

DDR-Verhältnisse gewünscht?

Der kürzlich versuchte staatliche Eingriff in den Wohnungsmarkt in Berlin hatte bereits mit dem Mietendeckel-Urteil des Bundesverfassungsgerichts einen Dämpfer erhalten. Zudem wurde deutlich, dass sich die Mietpreise in der Praxis zwar um 7,8 Prozent verringerten, gleichzeitig die Angebote um 30 Prozent in den Keller gingen – eine für Mieter denkbar schlechte Situation. Nach der gerichtlichen Berichtigung änderte sich die Situation wieder: Die Mieten stiegen um 6,7 Prozent und die Angebote um 32 Prozent, wie das ARD-Format „Hart aber fair“ Mitte September recherchiert hatte.

Nun wird in Berlin mit dem Volksentscheid wieder für Mietenstopp und Enteignung gekämpft – ungeachtet der geschichtlichen Lehren aus der sozialistischen DDR, wie Zietelmann findet. Der Bestseller-Autor und erfolgreiche Unternehmer erklärte in seinem Beitrag, dass er gerade mit Amerikanern einen vergleichenden Film zur Lebenssituation in Ost- und Westdeutschen produziere. Er habe sich daher ausführlicher mit der Wohnungssituation in der DDR befasst und verwies unter anderem auf das Buch „Die heile Welt der Diktatur. Alltag und Herrschaft in der DDR 1971 – 1989“ des deutschen Historikers und DDR-Forschers Stefan Wolle.

Zur Situation in der ehemaligen sozialistischen deutschen Republik erklärte Zitelmann, dass sich in der DDR die meisten Ein- und Zweifamilienhäuser im Privatbesitz befanden, aber nur 20,6 Prozent der Mehrfamilienhäuser. Die meisten seien im Staatsbesitz gewesen. „Man sieht, dass Kevin Kühnerts Ideal, wonach Personen Wohnungen oder Häuser nur zur Selbstnutzung, aber nicht zur Vermietung besitzen sollten, in der DDR schon fast verwirklicht war“, merkte Dr. Zitelmann an. Doch der Altbaubestand sei zunehmend am Verfallen gewesen, 40 Prozent der Mehrfamilienhäuser hätten als schwer geschädigt gegolten und elf Prozent als unbewohnbar.

Der Traum in Wahrheit ein Albtraum

Auch wenn dem heutigen Mietaufkommen von um die 30 Prozent des Haushaltseinkommens in vielen Großstädten ein Mietaufkommen von rund 2,4 Prozent zum Ende der DDR (1989) entgegensteht, hatte dies auch eine Kehrseite. Zitelmann: „Der Traum war in Wahrheit ein Albtraum.“ War die durchschnittliche Wohnfläche pro Person in der DDR bei 27 Quadratmetern und im Westen bei 35, war dies noch das kleinste Problem, so Zitelmann.

Während im Westen Deutschlands 99 Prozent der Wohnungen ein Bad oder eine Dusche gehabt hätten, so seien es in der DDR nur 80 Prozent gewesen. Auch den Komfort eines Innen-WCs hatten in der DDR mit 73 Prozent deutlich weniger Haushalte als im Westen (98 %). Zitelmann hakte zur Verdeutlichung nach, fragte, ob man sich das wirklich vorstellen könne, dass jeder Fünfte kein Bad oder Dusche gehabt habe und jeder Vierte habe zum oft auch von mehreren Mietparteien genutzten Klo übers Treppenhaus gehen müssen.

Probleme bei der Wohnungssuche habe es übrigens auch in der DDR gegeben, nicht nur im heutigen Berlin, „nach vielen Jahren Rot-Rot-Grüner Regierung“. Zitelmann zitiert aus Wolles Buch: „Der Wohnraum entwickelte sich wie andere Mangelwaren zum Tauschobjekt, das durch Geld nicht aufzuwiegen war. Man spekulierte mit ihm, gab ihn an Freunde und Bekannte weiter…“.

Am Ende, 1989, habe es dann laut Zitelmann 800.000 unerledigte Vorgänge bei den zuständigen Wohnungsämtern gegeben. Doch heute folgten Grüne und Linke in Berlin „wieder den gleichen Überzeugungen – nur Staatswohnungen sind gute Wohnungen und Mietenstopp“.



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