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Antrag auf Zertifizierung

Döner-Krimi in Europa: Türkei will Exportschlager unter EU-Schutz stellen

Muss der Döner in Deutschland umbenannt werden? Während die Türkei den beliebten Imbissklassiker in der EU als „traditionelle Spezialität“ schützen lassen will, warnt Deutschland vor milliardenschweren Folgen für tausende Betriebe.

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Wird der Döner in der EU geschützt? In Deutschland könnte das Auswirkungen auf 18.000 Betriebe haben.

Foto: Christoph Schmidt/dpa

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Darüber, wer den Döner in der Form erfunden hat, wie er heute in Deutschland verkauft wird, gehen die Angaben auseinander. Gemeinhin wird der türkische Einwanderer Kadir Nurman in diesem Kontext genannt, der das Gericht erstmals 1972 in seinem Imbiss angeboten habe. Der Vorsitzende der Stiftung Dialog und Bildung, Ercan Karakoyun, kennt jedoch gleich mehrere alternative Erzählungen zu dem Thema.
So soll ein Mehmet Aygün schon im März 1971 im Alter von 16 Jahren im City-Imbiss am Kottbusser Damm in Berlin-Kreuzberg Döner Kebab in der heute bekannten Form verkauft haben. Nevzat Salim hingegen will schon 1969 beim Stadtfest in Reutlingen zusammen mit seinem Vater die Spezialität angeboten haben. Allerdings habe auch der preußische Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke 1836 in seinem Tagebuch ein solches Gericht beschrieben – er war damals als Militärberater im Osmanischen Reich.

Udofed: „Döner“ bezieht sich auf spezielles Garverfahren

Geht es nach dem in Istanbul ansässigen Internationalen Dönerverband Udofed, wird Döner bald zu einer geschützten Bezeichnung. Der dem örtlichen Rotary Club zugeordnete Verband hatte im Mai 2022 einen Antrag auf Eintragung als „garantiert traditionelle Spezialität“ in der EU gestellt. Rechtsgrundlage dafür ist Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel.
Udofed argumentiert, dass sich die Bezeichnung „Döner“ auf ein traditionelles Garverfahren beziehe. Zudem sei die Zubereitung verbunden mit einer limitierten Anzahl an etablierten Rezepturen – und es seien dafür auch nicht alle möglichen Fleischsorten und Zutaten vorgesehen.
Die deutsche Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) hat den Antrag beeinsprucht. Ein sechsmonatiges Konsultationsverfahren ging am 20. März 2025 ergebnislos zu Ende. Bis Ende April hat Udofed noch Zeit, der EU-Kommission über diese einen Bericht vorzulegen. Anschließend liegt es an dieser, eine Entscheidung zu treffen.

Engmaschige Vorgaben wären die Konsequenz

Gibt die EU-Kommission dem Antrag der Udofed ohne Modifizierungen statt, hätte dies erhebliche Konsequenzen. Es dürften dann nur noch solche Produkte in der EU als „Döner“ in Umlauf gebracht werden, die deren strengen Anforderungen unterliegen. Dafür könnten Lizenzierungs- oder Zertifizierungsverfahren erforderlich werden.
Zu den Vorgaben würde unter anderem gehören, dass Fleisch ausschließlich von mindestens 16 Monate alten Rindern, sechs Monate alten Schafen oder Hähnchen verwendet werden dürfen. Döner mit Kalb- oder Putenfleisch wären unter diesem Namen damit ausgeschlossen. Außerdem dürften die verwendeten Fleischstreifen nur noch 2 bis 5 Millimeter dick sein.
Schneiden dürfte man das Fleisch vom Drehspieß nur noch mit einem 55 Zentimeter langen Edelstahlmesser von oben nach unten. Weitreichende Vorgaben würde es auch bei den Marinaden und Gewürzen geben, die bei der Zubereitung verwendet werden dürften.

Etwa 18.000 Lokale und Imbisse in Deutschland bieten Döner an

Was die Chancen auf eine Anerkennung als „garantiert traditionelle Spezialität“ anbelangt, ist der Ausgang des Verfahrens schwer einzuschätzen. Eine Anerkennung dieser Art haben bereits türkischer Joghurt, türkischer Kaffee, Baklava und Denizli Tandoori Kebab erreicht.
Sollte der Antrag durchgehen, befürchtet die deutsche Bundesregierung massive Auswirkungen auf die Betreiber der bis zu 18.000 Dönerbuden in Deutschland. Diese erwirtschaften zurzeit einen jährlichen Gesamtumsatz von etwa 2,4 Milliarden Euro. Schätzungen zufolge müssten 80 bis 90 Prozent der deutschen Imbisse, die Döner anbieten, in die Anpassung ihrer Produktion oder in Lizenzgebühren investieren.
Der Verband Udofed kann bei seinem Vorgehen auf die volle Rückendeckung der türkischen Regierung zählen. Der mittlerweile verstorbene Gründer des Verbandes, Mehmet Mercan, war auch Lokalpolitiker in Istanbul. Er gehörte der „Partei der Großen Einheit“ (BBP) an, die der nationalistischen „Idealistenbewegung“ zuzuordnen und Teil des Bündnisses ist, das Präsident Recep Tayyip Erdoğan unterstützt.

Bezeichnung „Schawarma“ schon jetzt verbreitet – „Dürüm“ nicht betroffen

Eine Alternative für Gewerbetreibende in Deutschland, die das Produkt weiterhin nach den hier etablierten Standards anbieten wollen, wäre der Verkauf unter einer anderen Bezeichnung. Ein zum Teil jetzt schon – vor allem in arabisch geprägten Gaststätten und Imbissen – verbreiteter Name für Drehspießgerichte ist „Schawarma“.
Dies ist der verbreitete Name für Döner-ähnliche Gerichte im Nahen Osten, in Zentralasien oder auf den Philippinen. In der ursprünglichen Form wird dafür Lavash oder dünnes Fladenbrot verwendet. Da Schawarma eine eigenständige Bezeichnung mit arabischem Ursprung ist, würde es nicht unter die potenziellen EU-Regeln für „Döner Kebab“ fallen.
Da sich der Schutz der Bezeichnung „Döner“ lediglich auf das Gericht im aufgeklappten Brot beziehen würde, wäre der Verkauf von „Dürüm Kebab“ unter diesem Namen weiterhin unbedenklich. Dabei handelt es sich, was Fleisch, Rezeptur und Zutaten anbelangt, um die identischen Inhalte – allerdings in zusammengerollter Form. Allerdings könnten indirekte Auswirkungen durch Fleischvorgaben entstehen, falls dieselben Spieße für Dürüm und Döner verwendet werden.

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