Ukraine-Konflikt und Russland-Isolation: „China ist der wahre Gewinner“

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Von 2. September 2014

China hat es bislang vermieden, sich im Ukraine-Konflikt klar zu positionieren. Die Volksrepublik kritisiert zwar die westlichen Sanktionen gegen Russland und betont die strategische Energiepartnerschaft mit Russland. Gleichzeitig ist es Peking jedoch gelungen, die Beziehungen zum Westen stabil zu halten.

Durch die jüngste Verschärfung der Sanktionspolitik gegenüber Russland wird China zum großen Gewinner des Ukraine-Konflikts, sagt Moritz Rudolf, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Mercator Institute for China Studies in Berlin.

„China erobert Märkte, die von der Sanktionspolitik betroffen sind. Gleichzeitig kann es eigene energiepolitische Interessen in Russland leichter verfolgen. Die chinesische Führung nutzt dabei geschickt die Isolation Russlands und russische Kapitalengpässe aus.“

Zuvor bestehende Hürden gegen chinesische Nahrungsimporte oder informelle Schranken gegen den Anteilserwerb in sibirischen Öl- und Gasfeldern hat die russische Seite abgebaut. Der Erwerb modernster russischer Militärtechnologie rückt in greifbare Nähe. Auch die russischen Bedenken zu Urheberrechtsverletzungen treten hinter kurzfristige Kapitalisierungsinteressen zurück. „Eine weitere Verschärfung der Sanktionen könnte diesen Trend weiter vorantreiben“, vermutet Rudolf.

Chinesische Nahrungsmittelexporteure profitieren

In Folge des russischen Importstopps westlicher Landwirtschaftsprodukte wurden Einfuhrhemmnisse für chinesische Lebensmittel, wie z.B. Schweinefleisch, abgebaut. Chinesische Nahrungsmittelexporteure profitieren von Russlands Importstopp und kompensieren z.T. den westlichen Angebotsausfall. Trotz relativ langer Transportwege von bis zu 20 Tagen nimmt das Exportvolumen chinesischer Nahrungsmittel deutlich zu.

Verstärkte Energie-Zusammenarbeit

Am 1. September wurde im russischen Yakutsk mit dem Bau einer Erdgaspipeline begonnen, die China ab 2019 mit Erdgas aus Sibirien versorgen soll. An den Feierlichkeiten nahmen der russische Präsident Wladimir Putin und der chinesische Vize-Premier Zhang Gaoli teil. Während eines bilateralen Treffens wurde auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit thematisiert. Von besonderer Bedeutung ist darüber hinaus der mögliche chinesische Erwerb von Anteilen am Vankor Öl- und Gasfeld. In der Vergangenheit hatte die russische Seite ein solches Engagement Chinas abgelehnt. Nun sprach sich Putin persönlich für Chinas Engagement im Vankor Feld aus.

Chinesische Investitionen als Kapitalspritze für Russland?

Finanzielle Engpässe, die auch den russischen Staatskonzern Rosneft betreffen, könnten durch chinesisches Kapital kompensiert werden. Bereits seit Mai wird über den Erwerb von 19 Prozent des größten russischen Ölkonzerns Rosneft durch den staatlichen chinesischen Gaskonzern CNPC spekuliert. In diesem Fall erhielte der chinesische Staatskonzern einen Aufsichtsratssitz bei der größten russischen Ölfirma.

China ist in diesen und weiteren energiepolitischen Verhandlungen in einer komfortablen Position, argumentiert Moritz Rudolf: „Russland braucht Kapital und hat Bodenschätze. China wiederum hat Kapital und braucht Energieimporte. China hat jedoch mehr Zeit und einen größeren Spielraum als Russland. Durch die Ukraine-Krise und die Isolation Russlands weitet sich der Spielraum Chinas stetig aus.“

Die Ukraine-Krise bestärkt Chinas Aufbau von Parallelstrukturen zum westlich dominierten System

Beispielhaft dafür ist eine im August zwischen der russischen und chinesischen Zentralbank unterzeichnete Währungs-Swap-Vereinbarung, die es beiden Staaten erlaubt, unter Umgehung des US-Dollars bilaterale Geschäfte in Nationalwährungen abzuwickeln.

Die US-amerikanischen Sanktionen gegen russische Großbanken und bestimmte Personen wiederum setzen Anreize, Visa und MasterCard als Kreditabwicklungssysteme durch den chinesischen Anbieter Unionpay auszutauschen. Bereits im August berichtete die russische Onlinezeitung gazeta.ru, dass zahlreiche russische Großbanken planen, zeitnah Hunderttausende Unionpay- Kreditkarten auszugeben.

Ein weiteres Beispiel ist das größte Militärmanöver in der Geschichte der Shanghai Kooperation (SCO), das zwischen 24. und 29. August 2014 in der Inneren Mongolei stattfand. Nach Jahren des Stillstands scheint auch die militärische Zusammenarbeit in der Shanghai Kooperation wieder eine Rolle zu spielen. Rund 1.000 der 7.000 teilnehmenden Soldaten waren Russen. Nie zuvor wurde so modernes Waffenmaterial eingesetzt, wie beispielsweise die russischen SU-25 Kampfflugzeuge. In der Vergangenheit stand Russland der SCO kritisch gegenüber, da es nicht Chinas Juniorpartner sein wollte und das chinesische Engagement in Zentralasien misstrauisch beobachtete. Aufgrund seiner Isolation ist Russland aber gegenüber China zu weiteren Zugeständnissen, insbesondere in Zentralasien, bereit.

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Ferner könnte die Ukraine-Krise Auswirkungen auf den Erwerb russischer Militärtechnologie haben. Über den Erwerb der S-400 Raketenabwehrsysteme wird seit April intensiv spekuliert. Seit 2010 war darüber verhandelt worden. Die jetzige Situation könnte zumindest mittelfristig Chinas Verhandlungsposition stärken.

Quelle: Mit Zustimmung von MERICS



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