Berlin: Sofortzahlungen an Moldawier und verschwundene Recherchen

Offenbar verzeichnet Berlin ein stark erhöhtes Aufkommen an Asylbewerbern aus Moldawien. Die zuständige Sozialsenatorin Elke Breitenbach kann sich das nicht erklären.
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Asylsuchende in Berlin.Foto: ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images
Von 14. September 2021

In Berlin erhalten Menschen aus Moldawien hohe Sofortzahlungen, obwohl sie im Grunde genommen keine Aussicht auf ein für sie erfolgreiches Asylverfahren haben.

„Dass moldawische Staatsbürger Asyl bekommen, ist sehr unwahrscheinlich“, bestätigte Sascha Langenbach, Sprecher des Landesamtes für Flüchtlingsfragen (LAF) in Berlin gegenüber der B.Z.. Dennoch müssten sie als Geflüchtete behandelt werden und bekämen Taschengeld.

Die Menschen reisen zum Teil in Großfamilien an. Einem Bericht des RBB zufolge seien zehn Personen keine Seltenheit und es würden Sofortzahlungen insgesamt von bis zu 4.500 Euro in bar ausgegeben, wie Mitarbeiter des LAF im Ankunftszentrum in Berlin-Wittenau (Bezirk Reinickendorf) in einem Brandbrief die Senatsverwaltung im August informierte. „Die Freude darüber ist enorm und es wird umgehend jeder Bekannte kontaktiert, um darüber zu berichten“, so der LAF-Mitarbeiter.

Sozialsenatorin: Keine Beweise für Schleuserkriminalität

Nach Angaben der „Welt“ hat die zuständige Sozialsenatorin Elke Breitenbach am Montag im Berliner Innenausschuss das Phänomen der ansteigenden Zuwanderung von Menschen aus Moldawien zwar bestätigt, über die Ursachen konnte die Linken-Politikerin aber nichts sagen.

Laut Sozialsenatorin Breitenbach gibt es für Schleuserkriminalität keine Beweise, schreibt die B.Z. dazu. Doch LAF-Sprecher Sascha Langenbach findet es „ungewöhnlich“, dass viele der Antragsteller zwischen drei und vier Uhr morgens kämen. Die Senatorin der Linkspartei dementierte gegenüber RBB die Vorwürfe: „Diejenigen, die sagen, die kommen alle nur wegen des Geldes, die wissen einfach mehr. Da würde ich gerne wissen, woher sie diese Gewissheit haben.“

Für den Berliner Oppositionsführer Burkard Dregger (CDU), in dessen Wahlkreis das Aufnahmezentrum liegt, ist der Fall klar. Gegenüber dem Sender sagte der CDU-Fraktionschef von Berlin: „Die Koalition aus SPD, Linken und Grünen hat es hier zu verantworten, dass hier Geldleistungen und nicht Sachleistungen ausgehändigt werden.“

Hohe Vorauszahlungen an aussichtslose Antragsteller

Dregger monierte der „Welt“ gegenüber, dass der Senat Rechtsbruch betreibe. Laut dem Asylgesetz dürften Barleistungen nicht länger als einen Monat im Voraus gezahlt werden. Die Lösung für das Problem sei einfach, so der CDU-Politiker. Seit Jahren beantrage die CDU-Fraktion die Ausgabe von Sachleistungen. Dies sei aber abgelehnt worden. Wenn das so gemacht worden wäre, „dann hätten die gar kein Interesse hierherzukommen“.

Die Zeitung wollte wissen, wie diese hohen Zahlungen zustande kommen. Denn in diesem Jahr, so der Bericht, hätte noch kein einziger der 2.300 (von 2.600) entschiedenen Asylanträge aus Moldawien Erfolg gehabt.

Nach Auskunft des zuständigen Amtes bekomme jeder volljährige Migrant aus Moldawien 146 Euro Taschengeld und Kinder je nach Alter etwa 110 Euro. Bei einer „zehnköpfigen Familie, dies sind aber Ausnahmefälle, würde also ein Gesamtbetrag von monatlich knapp 1.200 Euro zusammenkommen“.

Zusätzlich wurde das Amt aufgrund der Corona-Pandemie zur Reduzierung von persönlichen Kontakten mit Asylbewerbern angehalten. Daher zahle man seit 2020 Leistungen für „einen Zeitraum von drei Monaten“ aus. Bei besagter Beispielfamilie käme auf diese Weise eine Sofortauszahlung von 3.600 Euro zusammen. Man plane nun aber, „die Barleistungen wieder auf monatliche Zahlweise umzustellen“, so das Amt.

Unbequeme Recherchen – verschwunden?

Burkard Dregger beobachtet das Problem in seinem Wahlkreis schon seit einiger Zeit. Der CDU-Abgeordnete begleitete im August das Journalistenteam vom RBB bei seinen nächtlichen Recherchen vor Ort. Die Reporter fanden bei ihren Recherchen offenbar politisch unbequeme Fakten heraus.

Im Dunkel der Nacht reisten die Schlepper an, brachten immer neue Asylbewerber in Kleinbussen und Pkws heran, um sie gezielt bei der Landesaufnahmestelle in Berlin-Wittenau, Bezirk Reinickendorf, abzusetzen. Dort konnten sich die Leute dann Geld abholen. Andere Asylbewerber aus Moldawien reisten gleich mit eigenem Fahrzeug an, blieben einige Tage, kassierten und reisten wieder ab.

In dem inzwischen von seiner ursprünglichen Position verschwundenen Videobeitrag des RBB (andere Quelle) waren zudem die Überreste von nächtlichen Saufgelagen zu sehen und jede Menge Müll – inklusive gebrauchter Drogenspritzen. Die Gegend hatte sich dem Bericht nach bereits zum Kriminalitätsschwerpunkt entwickelt, den die Polizei seit Jahresbeginn bis zum Videodreh rund 70 Mal aufsuchen musste.

Die Situation verschlimmerte sich derart, dass sich die dortigen Mitarbeiter des Landesamtes für Flüchtlingsfragen (LAF) nicht mehr anders zu helfen wussten, als im Juli ihren Brandbrief an die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales zu schreiben, weil man „Angst beim Durchqueren der Parkanlage“ habe.

„Schmutzige Propaganda“

In einer Pressemitteilung des Berliner Flüchtlingsrates (pdf) wird der Beitrag des RBB attackiert, dass er „pauschale Vermutungen und Verdächtigungen gegen Schutzsuchende“ verbreitet und „Rassismus statt Fakten“ beinhaltet.

Auf Facebook schreibt der Flüchtlingsrat von „schmutziger Propaganda“. „Geflüchtete aus Moldau sind meist Angehörige der Roma-Minderheit“ und diese würden dort von den Behörden diskriminiert. Auch Andeutungen auf die Nazis und ihre Vernichtungslager wurden gemacht.

Der RBB habe diesmal „ganz schlecht recherchiert“, wird dem Sender in der Pressemitteilung vorgeworfen. Georg Claasen vom Flüchtlingsrat unterlegt die Behauptungen mit „Fakten“, die zumindest teilweise der von den Behörden gegenüber den Medien bestätigten Vorgehensweise widersprechen.

„Die vom LAF behaupteten Zahlungen von 4.500 Euro gehören nach dem AsylbLG ins Reich der Märchen. Neu Ankommende erhalten anders als behauptet für die ersten Wochen normalerweise keine Barleistungen. Sie bekommen nur eine Unterkunft mit Vollverpflegung und Taschengeld.“ Ausgezahlt würden aber nur 114 Euro und ein dreimonatiges BVG-Ticket als Sachleistung. Richtig erkannt wurde die gesetzliche Lage, nämlich, dass die Leistungen nur maximal einen Monat im Voraus ausgezahlt werden dürfen.

Auch der Berliner Verein Amaro Foro, ein „transkultureller Jugendverband von Roma und Nicht-Roma“, ging in einer Stellungnahme auf den Sender los. Er unterstellte dem Beitrag in der RBB-Abendschau die „gesamte Bandbreite antiziganistischer Stereotype reproduziert“ zu haben. Bei dem Beitrag handele es sich um „gezielte Diffamierung schutzsuchender Menschen mit dem Ziel der Abschreckung“. Der Beitrag suggeriere deutlich, dass die Menschen nicht wirklich schutzbedürftig seien, das Geld für Drogen und Partys ausgeben würden und dahinter angeblich „kriminelle organisierte Schleuser“ stecken würden.

Ungeprüfte Sofortzahlungen

Die B.Z. sprach mit einem Mann vor dem Aufnahmezentrum, der dort mit seinem Pkw angekommen war. Dieser erklärte gegenüber dem Blatt: „Meine Frau ist im Gebäude und beantragt Asyl. Für zwei Monate bekommen wir 900 Euro, danach fahren wir zurück.“

Der Präsident des Berliner Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), Alexander Straßmeir, erklärte laut „Zeit“, dass viele moldawische Asylbewerber schon einmal in Berlin gewesen seien. Sie hätten einen oder mehrere abgewiesene Anträge, dennoch würden sie wie alle anderen untergebracht.

Straßmeir erklärte noch die Vorgehensweise seiner Behörde: „Wir prüfen ja nicht die Berechtigung des Asylantrages. Wir sind die soziale Leistungsbehörde für die Menschen, die einen Asylantrag stellen, und dann empfangen sie bei uns auch Leistungen.“

Zurückblickend meinte eine Abteilungsleiterin für Unterkünfte beim LAF Anfang August: „Wir hatten vor gut einem Monat das Gefühl, es wird irgendwo ein Schalter umgelegt, es kommen auf einmal mehr Menschen.“ Noch nie seien so viele Geflüchtete aus Moldau in Berlin angekommen.



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