Politische Spannungen in Potsdam
Brandenburg: Verfassungsschutzchef entlassen – Ministerin zu spät über AfD-Einstufung informiert
Ein Kommunikationsversagen im Brandenburger Innenministerium soll zur sofortigen Entlassung des Verfassungsschutzchefs Müller geführt haben. Der Vorwurf: Er informierte Ministerin Lange nicht rechtzeitig über die Hochstufung der AfD Brandenburg zur „gesichert rechtsextremistischen Bestrebung“.

Innenministerin von Brandenburg, Katrin Lange (l.) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser unterzeichneten eine Vereinbarung für ein Dublin-Zentrum in Brandenburg.
Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
In Brandenburg hat offenbar ein Kommunikationsproblem zur Entlassung des Leiters des dortigen Verfassungsschutzes, Jörg Müller, geführt. Am Dienstag, 6. Mai, hat das von Katrin Lange (SPD) geleitete Innenministerium bekannt gegeben, dass der 52-Jährige mit sofortiger Wirkung von der Führung der Dienstgeschäfte entbunden worden sei.
Müller solle in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, hieß es aus dem Ministerium weiter. Interimsmäßig soll sein Stellvertreter Axel Heidrich die Abteilung übernehmen. Im Juli soll der Posten neu besetzt werden. Anders als in den meisten anderen Bundesländern ist der Verfassungsschutz in Brandenburg kein eigenständiges Amt, sondern eine Abteilung des Innenministeriums.
Lange kritisierte Zeitpunkt der Einstufung durch den BfV
Zur Begründung des Schritts hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums, das „notwendige Vertrauen für eine gemeinsame weitere Zusammenarbeit“ sei nicht mehr gegeben. Nähere Auskünfte über die Hintergründe wollte das Ministerium nicht nennen. Allerdings deutet vieles darauf hin, dass ein Kommunikationsproblem zwischen Verfassungsschutzchef Müller und Lange rund um die Einstufung des Landesverbandes der AfD der Entscheidung zugrunde liegt.
Am Freitag hatte sich Lange zur Einstufung der Bundespartei als „gesichert rechtsextremistisch“ vonseiten des Bundesamtes für Verfassungsschutz geäußert. In ihrer Erklärung hieß es, diese Entscheidung ändere nichts an der politischen Herausforderung durch die AfD, die „in erster Linie auch politisch beantwortet“ werden müsse. Die Ministerin sprach sich gegen ein Verbotsverfahren aus.
Lange übte Kritik am Zeitpunkt der Bekanntgabe der Einstufung wenige Tage vor der Bildung einer neuen Bundesregierung. Sie erklärte, die Länder seien erst am Freitagmorgen über die Entscheidung in Kenntnis gesetzt worden.
AfD-Hochstufung in Brandenburg offenbar ohne Wissen der Ministerin
Lange verwies auf den Föderalismus und die gesonderte Vornahme von Einstufungen durch den jeweiligen Verfassungsschutz der Länder. Die Erkenntnisse des Gutachtens, das zur Entscheidung auf Bundesebene geführt habe, wolle man mit Blick auf Brandenburg „intensiv auswerten“. Explizit hieß es in ihrer Mitteilung vom 2. Mai:
„Auf die Einstufung der AfD Brandenburg als Verdachtsobjekt des Verfassungsschutzes hat die heutige Entscheidung des Bundes zunächst keine unmittelbaren Auswirkungen.“
Was Lange zu diesem Zeitpunkt angeblich noch nicht wusste: Der Verfassungsschutz Brandenburg hatte den AfD-Landesverband bereits am 14. April vom Verdachtsfall zur „gesichert rechtsextremistischen“ Bestrebung hochgestuft.
Kenntnis über diesen Umstand habe sie, wie Lange später gegenüber dem RBB angab, jedoch erst am 5. Mai erlangt. Offenkundig hat die Ministerin ihre drei Tage zuvor abgegebene Erklärung damit auf der Grundlage eines nicht aktuellen Wissensstandes abgegeben – weil Müller sie nicht darüber informiert hatte.
Vermerk erst Tage nach der Pressekonferenz übermittelt
Wie das Innenministerium später selbst einräumte, hatte der Verfassungsschutzchef mit der verzögerten Information nicht gegen Dienstanweisungen verstoßen. Er hätte die Leitung des Ministeriums jedoch über die veränderte Sachlage informieren müssen. Die Entbindung von seinen dienstlichen Aufgaben habe man vonseiten des Ministeriums aus exakt diesem Grund veranlasst.
Müller erklärte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, er habe sich in dieser Sache „nichts vorzuwerfen“. Auf die Einstufung als solche habe die nunmehrige Veranlassung keine Auswirkungen, so Lange. Allerdings habe sie noch keine Zeit gehabt, sich mit dem erst am Montag, 5. Mai, vorgelegten Vermerk auseinanderzusetzen.
Die Einstufung der AfD als Verdachtsfall besteht in Brandenburg seit 2020. Als „gesichert rechtsextremistisch“ gilt die Partei schon in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.
Hochstufung der AfD in Brandenburg wegen Bundestagswahl verschoben?
In allen betreffenden Ländern und im Bund hat die Partei Klagen gegen die Einstufung oder gegen Inhalte von Verfassungsschutzberichten eingebracht. Die entsprechenden Verfahren sind noch anhängig. In Sachsen wies im Januar 2025 das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen einen dagegen gerichteten Eilantrag rechtskräftig zurück.
Wie die Medien im vergangenen Jahr berichteten, habe es Pläne aufseiten des brandenburgischen Verfassungsschutzes gegeben, die Hochstufung auf „gesichert rechtsextremistisch“ im November 2024 vorzunehmen. Davon habe man jedoch aufgrund der bevorstehenden Bundestagswahl Abstand genommen.
Grüne: Verfassungsschutz-Chef entlassen, weil er „zu konsequent gegen Rechts war“
Brandenburger CDU-Chef Jan Redmann zeigte sich „außerordentlich verwundert“ über den Entlassung Müllers und witterte mögliche parteitaktische Erwägung.
Ulrich Wangemann nennt die Entlassung Müllers in der „Märkischen Allgemeinen“ einen „Schlag ins Gesicht all jener, die sich nicht nur in Sonntagsreden gegen den allgemeinen Rechtsruck stemmen“.
Auch die nicht mehr im Landtag vertretenen Grünen bezichtigen Ministerin Lange indirekt, der AfD mit ihrem Schritt einen Gefallen tun zu wollen. Sie argwöhnen in einer Erklärung: „Möglicherweise war Müller der Ministerin zu konsequent in seiner Einschätzung rechtsextremer Tendenzen – und der nun anstehende Verfassungsschutzbericht zu deutlich in der Bewertung.“
Lange selbst betonte jedoch, es gehe nicht um den Umgang mit der AfD, sondern um den „Umgang miteinander“. Es habe zwar Vorgespräche über eine mögliche Hochstufung mit Müller gegeben. Eine endgültige Mitteilung habe sie jedoch erst am 5. Mai und damit verspätet erreicht. Ministerpräsident Dietmar Woidke und Vize Robert Crumbach (BSW) seien über die Entlassung im Vorfeld unterrichtet worden.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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