Düstere Aussichten für Wirtschaft: „Preisstabilität bestenfalls in ein bis zwei Jahren“

Kein Post-Corona-Boom: Die Folgen des Krieges in der Ukraine belasten weiter die Wirtschaft in Deutschland. Eine schnelle Besserung ist nicht in Sicht.
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Haus der Deutschen Wirtschaft.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 14. Januar 2023

Obwohl mittlerweile fast alle verbliebenen Corona-Maßnahmen weggefallen sind, ist Deutschland nach der Pandemie weit vom erhofften Wiederaufstieg der Wirtschaft entfernt. Am Freitag (13.1.) gibt das Statistische Bundesamt seine erste Konjunkturschätzung für das vergangene Jahr bekannt. Volkswirte gehen von einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,8 Prozent gegenüber dem zweiten Corona-Jahr 2021 aus.

Krieg in der Ukraine stürzte Wirtschaft in neue Krise

Der wesentliche Faktor für die schleppende Erholung ist der Krieg in der Ukraine. Dessen Folgen und jene der vom Westen verhängten Russlandsanktionen überschatteten im Vorjahr die Entwicklung der europäischen Wirtschaft.

Die Corona-Entwicklung in China und die bis zur abrupten Kehrtwende zum Jahresende geltende Null-COVID-Politik belasteten Lieferketten und Exporte. Dazu kamen hausgemachte Faktoren, die insbesondere in Deutschland eine nachdrückliche Erholung nach der Pandemie verhinderten.

Am stärksten beeinträchtigten massive Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln Haushalte und Unternehmen. Vor dem Kriegsbeginn im Februar 2022 stammten 55 Prozent der deutschen Gasversorgung aus Russland. Diese kamen mittlerweile weitgehend zum Erliegen. Außerdem verhängte der seit Beginn der Ukrainekrise 2013/14 parteiisch agierende Westen auch noch ein Ölembargo gegen Russland. Die Folge war unter anderem eine Preisexplosion auf den Beschaffungsmärkten für Gas, Strom und Treibstoff.

Deutliche Erhöhung von Strom- und Gaspreisen auch im Jahr 2023

Obwohl sich die Preisentwicklung an den Spotmärkten bis zum Ende des Jahres weitgehend beruhigt hatte, wird auch 2023 von der Inflation geprägt sein. Zwar deuten jüngste Daten aus den USA eine Erholung an der Preisfront an, dennoch liegt die Teuerung noch deutlich über zwei Prozent. Dieses Niveau gilt aus Sicht der Notenbanken als Optimum.

Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater geht davon aus, dass eine Normalisierung noch in weiter Ferne liegt. Gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“ äußerte er:

Bis wir wieder richtige Preisstabilität haben, wird es im besten Fall ein bis zwei Jahre dauern.“

Verbraucher merken es an den Abschlagsmitteilungen ihrer Energieversorger: Im Jahr 2023 liegen die Preise für Strom und Gas in der Grundversorgung deutlich höher als im Jahr zuvor. Das Vergleichsportal Check24 spricht von deutlichen Erhöhungen in mehr als 1.000 Fällen. Bei Strom betrügen diese 38,1 und beim Gas 25,1 Prozent gegenüber dem Niveau vom 30. September 2022.

Die weitere Entwicklung war in den erhöhten Abschlägen zum Teil schon eingepreist. Manche Versorger hatten diese schon im Frühjahr erhöht. Teils wollte man damit die bevorstehenden Preiserhöhungen abfangen, teils war dies eine Reaktion auf Preisanstiege, die bereits vor dem Krieg stattgefunden hatten.

Tarifverhandlungen zwischen Inflationsausgleich und Überforderung der Unternehmen

Im Durchschnitt lag die Inflation im Vorjahr in Deutschland bei 7,9 Prozent. In den letzten Monaten des Jahres erreichte sie jedoch zum Teil ein zweistelliges Niveau. Ein solches war zudem schon über weite Strecken des Jahres 2022 in den Bereichen Energie und Lebensmittel zu verzeichnen. Dies schwächte auch den Konsum als Konjunkturstütze, da Verbraucher sich bei den Ausgaben und Unternehmer bei Investitionen zurückhielten.

Die Gewerkschaften gehen mit der Forderung nach erheblichen Lohnzuwächsen in die diesjährigen Tarifgespräche. Damit wollen sie den Beschäftigten einen gewissen Ausgleich für die Reallohnverluste ermöglichen, die diese durch die Preisentwicklung erlitten hatten. Allerdings könnten zu hohe Mehrkosten für die Unternehmen oder Arbeitskämpfe die Konjunktur weiter belasten.

Rückkehr des Winters könnte Entwicklung der Wirtschaft weiter belasten

Für eine gewisse Entlastung der Wirtschaft könnte der bis dato weitgehend milde Winter sorgen. Dieser hat bislang dazu beigetragen, dass noch verhältnismäßig viel Gas in den Speichern verblieben ist. Es deutet insofern wenig darauf hin, dass es in diesem Winter noch zu einer Gasmangellage kommen könnte. In diesem Fall wären Rationierungen nicht ausgeschlossen, die Unternehmen zu einer Produktionseinschränkung zwingen könnten.

Allerdings sagen Meteorologen für die zweite Januarhälfte eine Rückkehr des Winters voraus. Wie lange die niedrigen Temperaturen bleiben werden, ist noch ungewiss. Die Gefahr einer existenziellen Gaskrise scheint dennoch zumindest für dieses Jahr gebannt.

Die Bundesregierung hofft auf eine Dämpfung der Inflation durch die Preisbremsen für Strom und Gas. Mittels eines Entlastungspakets, das den Bundeshaushalt mit 200 Milliarden Euro belasten soll, will man Haushalte und Unternehmen angesichts der hohen Energiepreise entlasten. Für Januar und Februar 2023 ist eine rückwirkende Entlastung geplant. Zudem mussten Gas- und Fernwärmekunden im Dezember 2022 keinen Abschlag zahlen. Diese Kosten übernimmt der Bund.

Wohnungsbauziel der Ampel in weite Ferne gerückt

Auch wenn es gelingen sollte, die Inflation im Zaum zu halten, ist ein belebender Effekt für die Wirtschaft noch keine ausgemachte Sache. Die Zinswende macht Hypothekarkredite teurer und treibt die Baukosten hoch. Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ist das Bauvolumen 2022 erstmals seit vielen Jahren inflationsbereinigt gesunken.

Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, erklärte jüngst, der Wohnungsbau sei „fast zum Erliegen gekommen“. Mehr als die Hälfte der in der Baubranche tätigen Unternehmen erwartet einen Umsatzrückgang im laufenden Jahr.

Dies wird es für die Bundesregierung noch schwerer machen, dem selbstgesetzten Ziel, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, auch nur nahezukommen. Bereits vor dem Inflationsschub und der Zinswende klagten Bauherren über hohe bürokratische und regulatorische Hürden, die das Entstehen neuen Wohnraums verhinderten. Mietpreisbremsen machten Bauvorhaben zusätzlich unrentabel. Bauunternehmen errichten als Folge davon eher neue Bürogebäude als Wohnstätten.

Hausgemachte Faktoren und Probleme in der Lieferkette

Neben der ungünstigen politischen Großwetterlage belasten auch hausgemachte Faktoren die Entwicklung der Wirtschaft in Deutschland. Die Politik in Bereichen wie Energieversorgung und Technologie bleibt ideologisch, was sich beispielsweise in einer fundamentalen Ablehnung bestimmter Technologien äußert, die andere Industriestaaten bereitwillig nutzen.

Auch die demografische Entwicklung und der Fachkräftemangel bleiben Deutschland als Hypothek erhalten. Unsicherheit bietet auch die globale Entwicklung. Es gibt keine billige Energie mehr und die Lieferketten sind gestört. Zuletzt verbesserte sich einer Ifo-Umfrage zufolge zwar die Versorgung der deutschen Industrie mit Vorprodukten und Materialien. Wirtschaftsverbände befürchten allerdings erneuten Druck auf die Lieferketten wegen der massiven Corona-Welle, die derzeit durch China rollt.

(Mit Material von dpa)



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