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Zwei Abweichler in der SPD

Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte: Bundestag beschließt zweijährige Aussetzung

Der Bundestag hat am Freitag mit deutlicher Mehrheit entschieden, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte für zwei Jahre auszusetzen. Die Maßnahme, eingebracht von CDU/CSU und SPD, stößt auf scharfe Kritik von Grünen und Linken, während die AfD sie für unzureichend hält. Härtefälle sollen weiterhin möglich sein – doch es fehlt an klaren Kriterien.

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Harsche Kritik aber noch größeren Zuspruch gab es für das Vorhaben von Alexander Dobrindt (CSU).

Foto: Fabian Sommer/dpa

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Lesedauer: 7 Min.

In Kürze:

Der Bundestag beschlossen, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte für zwei Jahre auszusetzen.
Union und AfD stimmten geschlossen dafür, Linke und Grüne geschlossen dagegen. Die SPD stimmte mit zwei Gegenstimmen überwiegend dafür.
Grüne und Linke verurteilten den Beschluss, der AfD geht er nicht weit genug.

 
Mit einer deutlichen Mehrheit hat der Bundestag am Freitag, 27. Juni, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten für vorerst zwei Jahre ausgesetzt. Der von CDU/CSU und SPD eingebrachte Antrag erhielt 444 Ja-Stimmen. Das sind 36 Stimmen weniger als die Gesamtzahl der Abgeordneten der Koalitionsparteien und der AfD, die im Vorfeld Zustimmung signalisiert hatte. Gegen die Vorlage stimmten 135 Abgeordnete.

Härtefallregelung bei Familiennachzug bleibt – doch keine Definition im Gesetz

Das Regierungsbündnis aus Union und SPD hatte diese Maßnahme bereits im Koalitionsvertrag angekündigt. Härtefälle sollen unberührt bleiben – um, wie es im Antrag heißt, die Neuregelung mit Europa- und Völkerrecht sowie mit den Vorgaben des Grundgesetzes konform zu halten. Nähere Ausführungen darüber, wann ein Härtefall vorliegt, finden sich im Entwurf nicht.
Sobald die Neuregelung in Kraft tritt, ist die derzeit gültige Kontingentlösung ausgesetzt. Im Moment ist es noch möglich, bis zu 1.000 Visa im Monat zu erteilen, um Menschen mit subsidiärer Schutzberechtigung einen Familiennachzug zu ermöglichen. Das Gesamtkontingent von 12.000 Visa pro Jahr ist nach Angaben der Koalition erstmals im Jahr 2024 ausgeschöpft worden.
Nach Ablauf der zwei Jahre will die Koalition prüfen, ob die weitere Aussetzung der Kontingentlösung „im Rahmen der Migrationslage notwendig und möglich ist“.
Bei subsidiär Schutzberechtigten handelt es sich um Migranten, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die jedoch aus bestimmten Gründen nicht zurück in ihre Herkunftsländer gebracht werden können. Für laufende Verfahren gibt es keine Übergangsregelung: Der Innenausschuss des Bundestags hat entschieden, dass noch anhängige Verfahren mit dem Beschluss vom Freitag unmittelbar gestoppt würden.

Ähnliche Regelung galt bereits von März 2016 bis Juni 2018

Häufig scheitert eine Rückführung daran, dass es zu den Herkunftsländern keine diplomatischen Beziehungen gibt – oder dass den Betroffenen Folter oder Todesstrafe drohen. Zum Stichtag 31. März 2025 genossen dem Ausländerzentralregister zufolge insgesamt 388.074 Menschen in Deutschland subsidiären Schutz.
Eine Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte hatte bereits in der Zeit zwischen März 2016 und Ende Juli 2018 gegolten. Anschließend trat die nun ausgesetzte Kontingentregelung in Kraft.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat die von seinem Haus ausgehende Vorlage als erforderlich bezeichnet, um möglichen „Pull-Faktoren“ für Migration entgegenzuwirken. Die Zahl der Asylsuchenden im Land belaste nach wie vor Sozialsystem, Bildungswesen und Wohnungsmarkt. In der Bundestagsdebatte begründete Dobrindt den Antrag auch damit, das „Geschäftsmodell krimineller Banden“ zerschlagen zu wollen. Deren Modell laute:
„Einer muss es nach Deutschland schaffen, dann kann die ganze Familie nachziehen.“

Kritik von SPD-Abgeordneten – Unterstützung dennoch wegen Koalitionsvertrags

SPD-Parlamentsgeschäftsführer Dirk Wiese hatte bereits im Vorfeld der Abstimmung geäußert, das Aus für den Familiennachzug sei für die SPD „kein einfaches Thema“. Allerdings habe man dem Kompromiss im Koalitionsvertrag zugestimmt. Sein Fraktionskollege Sebastian Fiedler äußerte, die Aussetzung des Familiennachzugs sei „ein Thema, das sich die SPD so nicht ausgedacht hätte“.
Integrations-Staatsministerin Natalie Pawlik machte auch auf Erkenntnisse mehrerer Studien aufmerksam, denen zufolge Integration besser gelinge, wenn Familien nicht getrennt seien:
„Menschen, die ihre Liebsten bei sich haben, die sich nicht Sorgen um ihre Kinder oder Angehörigen drüben machen müssen, integrieren sich besser.“
Man werde das Gesetz aber mittragen, weil dies der Koalitionsvereinbarung entspreche. Zudem habe die SPD durchgesetzt, dass Härtefälle unberührt blieben und die Aussetzung auf zwei Jahre begrenzt sei. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte längere pauschale Aussetzungsregeln 2021 für unzulässig erklärt – nach Ablauf zweier Jahre müsse jedenfalls eine Einzelfallprüfung erfolgen.

Linke und Grüne üben scharfe Kritik an Aus für Familiennachzug

Die Flüchtlingspolitikerin der Linksfraktion, Clara Bünger, nannte das Gesetz eine „grausame Symbolpolitik auf dem Rücken der Schwächsten“. Der Familiennachzug gehöre zu den „letzten legalen Möglichkeiten überhaupt, noch Schutz in Deutschland zu finden“. Dessen Aussetzung werde zur Folge haben, dass vermehrt Familien versuchen würden, gefährliche und oftmals tödliche Fluchtrouten zu nutzen.
Für die Grünen meldete sich der Abgeordnet Marcel Emmerich zu Wort und sprach von einem „unbarmherzigen“ Gesetz. Es bedeute besonders für Kinder und Ehepartner Leid. Zudem könnten Menschen, die längst in dieser Gesellschaft angekommen seien, „aber kein normales Leben mit ihrer Familie führen“. Das Gesetz sei ein „Angriff auf das Herzstück jeder Gesellschaft, auf die Familie“.

AfD: „symbolischen Migrationspolitik im Kleinformat“

Der AfD geht die Neuregelung hingegen nicht weit genug. Ihr Abgeordneter Christian Wirth spricht von einer „symbolischen Migrationspolitik im Kleinformat“. Es gebe weiterhin jährlich rund 250.000 neue Asylanträge. Dagegen fielen die 12.000 Nachzüge im Jahr nicht ins Gewicht. Es gebe „kein Grundrecht auf Familiennachzug in ein anderes Land“ und „kein Menschenrecht, sich mit Familien in einem anderen Land niederzulassen, das man sich selbst aussucht“.

Abstimmungsverhalten: Wer dafür, wer dagegen war

Bei der namentlichen Abstimmung stimmten CDU/CSU und AfD geschlossen für die Aussetzung des Familiennachzugs – wobei sechs Abgeordnete der Union und 26 der AfD keine Stimme abgaben. Geschlossen dagegen stimmten Linke und Grüne – bei 13 beziehungsweise 5 nicht abgegebenen Stimmen. Nicht abgestimmt haben auch die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Bei der SPD stimmten alle Abgeordneten mit einer Ausnahme zu – gegen das Gesetz votierten Hakan Demir und Maja Wallstein.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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