Hunderttausende protestieren gegen Rentenreform in Frankreich

Die Franzosen protestieren weiterhin zu Hunderttausenden gegen die Rentenreformpläne von Präsident Macron. Am 36. Streiktag gingen wieder Hunderttausende auf die Straßen.
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Der 36. Streiktag in Frankreich wegen der umstrittenen Rentenreform. Am 9. Januar folgten Hunderttausende den Demonstrationsaufrufen der Gewerkschaften.Foto: ABDULMONAM EASSA/AFP via Getty Images
Epoch Times9. Januar 2020

Vor neuen Verhandlungen über die Rentenreform in Frankreich sind erneut hunderttausende Menschen gegen die Pläne von Präsident Emmanuel Macron auf die Straße gegangen. Der Gewerkschaftsbund CGT zählte am Donnerstag alleine 370.000 Demonstranten in Paris, weitere 120.000 waren es nach einer vorläufigen AFP-Zählung außerhalb der Hauptstadt. Der CGT-Vorsitzende Philippe Martinez warf der Regierung eine „provokante Haltung“ vor, da sie einen Rückzug der Reform ablehnt.

Die „Rente mit 60“ forderten Pariser Demonstranten statt der geplanten Erhöhung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre. Sie skandierten: „Macron, zieh deine Pläne zurück“. Auch in anderen großen Städten wie Marseille, Bordeaux, Toulouse und Rennes gab es Kundgebungen. Mehr als 200 Demonstrationen waren angekündigt.

Journalist wegen Gasmaske verhaftet

In Paris wurde ein Journalist von der Polizei abgeführt, der für den Online-Kanal „Brut“ live über den Protestmarsch berichten wollte. Er habe seine Gasmaske nicht aushändigen wollen, hieß es zur Begründung. Die Redaktion protestierte scharf.

Die CGT und andere Gewerkschaften wollen die Regierung mit den Massenprotesten zur Abkehr von der Rentenreform zwingen. Trotz der Streikwelle von nun 36 Tagen – der längsten in Frankreich seit Jahrzehnten – gebe es keine Fortschritte, beklagte der Generalsekretär der CFE-CGC, François Hommeril.

Streiks branchenübergreifend

Die Streiks bei der Bahn und im Pariser Nahverkehr dauern bereits seit mehr als fünf Wochen an. Auch am Freitag müssen Reisende Geduld aufbringen: Jeder fünfte TGV-Schnellzug verkehrt nicht und nur vier von zehn Regionalzügen, wie die Bahngesellschaft SNCF ankündigte.

Auch Raffinerien und Treibstofflager wurden erneut blockiert. Der Pariser Eiffelturm blieb für Besucher geschlossen. Lehrer und Anwälte legten ebenfalls die Arbeit nieder, zahlreiche Schulen im Land blieben erneut geschlossen.

Es war bereits der vierte landesweite Aktionstag seit Beginn der Protestwelle am 5. Dezember. Zuletzt waren vor Weihnachten nach Regierungsangaben mehr als 600.000 Franzosen gegen die Rentenreform auf die Straße gegangen, die Gewerkschaft CGT zählte drei Mal so viele Teilnehmer.

Neue Verhandlungen am Freitag

Am Freitag will die Regierung erneut mit den Gewerkschaften verhandeln. „Wir sind noch weit entfernt von einer Einigung“, sagte der Chef des größten Gewerkschaftsbundes CFDT, Laurent Berger. Er drängte die Regierung, zumindest auf die Erhöhung des Rentenalters auf 64 Jahre zu verzichten.

Berger sprach aber von einem „Zeichen der Öffnung“. Bei dem letzten Gespräch am Dienstag hatte sich Regierungschef Edouard Philippe positiv über die Gewerkschaftsidee geäußert, eine Konferenz für alternative Finanzierungsmöglichkeiten für das Rentensystem zu veranstalten.

Die Regierung drückt bei der Reform aufs Tempo: Ein Kabinettsbeschluss ist bereits am 24. Januar geplant, die Nationalversammlung soll ab dem 17. Februar über die Pläne beraten.

Der Vorsitzende des Senats, Gérard Larcher, rief die Regierung auf, ihr zentrales Reformvorhaben nicht zu überstürzen, auch wenn die Reform wegen des steigenden Lebensalters „unerlässlich“ sei. Die Regierung müsse zumindest die Ergebnisse der Finanzierungs-Konferenz abwarten.

Mehrere linke Parteien und die Grünen warfen der Regierung eine „Verschleiß“-Strategie vor. Sie setze auf die Ermüdung der Demonstranten, die sozialen Probleme würden dadurch aber nicht gelöst, erklärten sie.

Macron will das komplizierte Rentensystem mit mehr als 40 unterschiedlichen Regelungen vereinheitlichen und die Milliarden-Defizite der Rentenkassen abbauen. Die Gewerkschaften fürchten massive Einschnitte für Ruheständler.(afp)



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