Unmut in der Koalition
„Stadtbild“-Debatte: Merz verteidigt Aussage - Kritik von SPD und Laschet
Bundeskanzler Friedrich Merz hat seine jüngsten Aussagen zum „Stadtbild“ in Deutschland erläutert. Es gehe ihm nicht um Hautfarbe oder Herkunft, sondern um Menschen ohne Aufenthaltsrecht, die Gesetze missachteten und Ängste im öffentlichen Raum verstärkten. Die Debatte sorgt für Spannungen in der Koalition – und spaltet auch die öffentliche Meinung.

Mit einer Online-Petition richteten sich Tausende gegen Merz und seine „Stadtbild“-Äußerung.
Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
In Kürze:
- Merz betont, Deutschland brauche legale Einwanderung, kritisiert aber Regelverstöße illegaler Migranten.
- SPD-Chef Klingbeil wirft dem Kanzler vor, mit der Sprache zu spalten, statt Brücken zu bauen.
- CDU-Vertreter verteidigen Merz, während Laschet vor „nebulöser Rhetorik“ warnt.
- Umfragen zeigen: Viele Bürger empfinden Veränderungen im Stadtbild und fühlen sich unsicherer als früher.
In der Debatte um seine Äußerungen zum „Stadtbild“ hat Bundeskanzler Friedrich Merz am Rande des Westbalkangipfels in London diese präzisiert. Gegenüber Reportern äußerte er, es gehe ihm um Migranten ohne Aufenthaltsrecht, die sich nicht an die Regeln hielten. Legale Einwanderung bleibe erforderlich, und Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund seien in Deutschland unverzichtbar.
Merz: „Probleme im Stadtbild“ durch irreguläre Einwanderung
In seiner Stellungnahme äußerte Merz, sowohl Deutschland als auch die EU bräuchten Zuzug aus Drittländern, um ihre Arbeitsmärkte abzusichern:
„Ja, wir brauchen auch in Zukunft Einwanderung. Das gilt für Deutschland wie für alle Länder der Europäischen Union. Wir brauchen sie auch und vor allem für unsere Arbeitsmärkte.“
Auf Menschen mit Einwanderungsgeschichte könnten europäische Länder nicht verzichten – „ganz gleich, wo sie herkommen, welcher Hautfarbe sie sind und ganz gleich, ob sie erst in erster, zweiter, dritter oder vierter Generation in Deutschland leben und arbeiten“.
Allerdings bereiteten Migranten ohne Aufenthaltsstatus, die nicht arbeiteten und die Regeln verletzten, Probleme. Viele von diesen „bestimmen auch das öffentliche Bild in unseren Städten“. Deshalb hätten viele Menschen mittlerweile „einfach Angst, sich im öffentlichen Raum zu bewegen“. Dies betreffe Bahnhöfe, U-Bahnen, Parkanlagen, aber auch ganze Stadtteile, „die auch unserer Polizei große Probleme machen“.
Ursachen „nur gemeinsam in Europa“ zu beseitigen
Merz erklärte, das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat müsse wiederhergestellt werden. Dieses sei in den vergangenen Jahren vielfach verloren gegangen. Lösungen könne man jedoch „nur gemeinsam in Europa“ finden, weshalb Einwanderung und Asyl auch am Donnerstag auf dem EU-Gipfel in Brüssel Themen seien.
In der Vorwoche äußerte sich der Kanzler auf einer Pressekonferenz zur Migrationspolitik seines Kabinetts. Dabei lobte er sein Regierungsteam für Erfolge und betonte, man mache Fortschritte und korrigiere Fehlentwicklungen. Insbesondere sei die Zahl der Asylanträge rückläufig. Merz relativierte die Bilanz anschließend, indem er sagte:
„Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.“
In einer späteren Pressekonferenz antwortete er auf die Frage, wie die Äußerung gemeint gewesen sei, mit der Aussage: „Fragen Sie mal ihre Töchter.“ Auf Initiative der „Fridays for Future“-Sprecherin Luisa Neubauer versammelten sich mehrere Tausend Personen am Dienstagabend zu einer spontanen Kundgebung vor der CDU-Zentrale in Berlin. Eine Online-Petition der Initiative „Radikale Töchter“, die sich gegen eine wahrgenommene Instrumentalisierung durch Merz wandte, kam bislang auf mehr als 195.000 Unterschriften.
Klingbeil warnt vor der Unterteilung in Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte
Die „Stadtbild“-Debatte droht mittlerweile jedoch, das Klima innerhalb der Koalition zu belasten. Auf einem Gewerkschaftskongress übte Vizekanzler und SPD-Chef Lars Klingbeil Kritik an den Äußerungen des Kanzlers. Die Politik solle Brücken bauen und die Gesellschaft zusammenführen, statt „mit der Sprache zu spalten“, äußerte Klingbeil. Er wolle in einem Land leben, in dem „nicht das Aussehen darüber entscheidet, ob man ins Stadtbild passt oder nicht“.
Es gebe Probleme, betonte Klingbeil, aber ein Unterteilen der Menschen in solche Migrationsgeschichten helfe in dieser Situation nicht weiter. Er wolle auch, so der SPD-Chef, „dass wir begreifen, dass die Vielfalt, die wir heute haben, dass das eine Stärke ist in diesem Land“.
Unterdessen warnt der Vorgänger von Friedrich Merz als CDU-Chef, Armin Laschet, vor einer Rhetorik, die „zu nebulös“ sei. Die AfD, so Laschet, werde bei der nächsten Bundestagswahl sicher fragen, ob „das Stadtbild besser“ geworden sei. Es gehe dabei nicht nur um Migration, sondern auch um weggeworfene Drogenspritzen, Demonstrationen für die Hamas oder rechtsradikale Aufmärsche.
Stegner: „Stadtbild“-Äußerungen bedienen „Ausländer-raus-Stimmung“
Der schleswig-holsteinische SPD-Abgeordnete Ralf Stegner übte im „Tagesspiegel“ ebenfalls Kritik an Merz. Dieser „bedient eine Ausländer-raus-Stimmung, bietet keine Lösungen an und stiftet damit sozialen Unfrieden“. Die Aussagen trügen „nicht dazu bei, die Stimmung in der Koalition zu verbessern“. Viele Basismitglieder der SPD seien sogar „entsetzt über die Worte des Kanzlers“.
Demgegenüber erklärte der CDU-Landeschef von Rheinland-Pfalz, Gordon Schnieder, in einem Gespräch mit der „Rheinpfalz“, die Aussagen von Kanzler Merz seien korrekt. Kritik komme lediglich von einer „linken Minderheit“. Man habe ein „Problem mit Angsträumen in diesem Land“, so Schnieder. Es gebe „öffentliche Plätze, an denen gerade Frauen nicht mehr alleine bei Dunkelheit langlaufen möchten“. Dagegen müsse man „etwas tun“.
Der Kriminologe Thomas Bliesener äußerte wiederum gegenüber der ARD, er könne nachvollziehen, dass Merz das Thema anspreche, nicht jedoch, dass „darin jetzt ein besonderes oder ein neues Problem bestehen würde“. Man müsse zwischen der tatsächlich polizeilich festgestellten Kriminalität und dem entsprechenden Empfinden in der Bevölkerung unterscheiden.
Allerdings ergäben auch die Befunde zur Kriminalitätsfurcht, dass in den vergangenen Jahren eine „stetige Abnahme der Kriminalitätsfurcht“ zu verzeichnen sei. Stattdessen sei die Angst vor anderen Krisen angestiegen. Die Angst vor Kriminalität – auch vor Gewaltkriminalität – habe hingegen „deutlich abgenommen“.
Umfrage: Sicherheitsempfinden belastet – aber keine pauschalen Zuschreibungen
Einer INSA-Umfrage im Auftrag von „Bild“ zufolge erklärten hingegen 43 Prozent der Befragten, das Stadtbild an ihrem Lebensmittelpunkt habe sich gegenüber 2015 zum Schlechteren verändert. 39 Prozent gaben an, sich unsicherer als zum damaligen Zeitpunkt zu fühlen. In der Innenstadt fühlten sich 30 Prozent unsicher, 31 Prozent hätten Angst, in der Öffentlichkeit körperlich angegriffen oder überfallen zu werden.
Allerdings gaben auch 45 Prozent an, diese Angst nicht zu haben. 55 Prozent erklärten, die Präsenz von Menschen mit nicht weißer Hautfarbe oder nicht christlicher religiöser Kleidung nicht als das Stadtbild störend zu empfinden.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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