F-16-Kampfjets: US-Lieferung kommt, aber wenig Bedeutung für Frühjahrsoffensive Kiews

Die Freigabe des Pentagon, amerikanische F-16-Düsenjäger aus europäischen Beständen an die Ukraine zu liefern, wird während der geplanten Frühjahrsoffensive wohl nicht viel ausmachen: Zur Einsatzbereitschaft braucht es viel Zeit, Mühe und Geld.
Der erste Prototyp stieg 1974 in die Luft, 1979 ging die F-16 bei der US-Luftwaffe in Dienst. Aktuell werden mehr als 2800 Exemplare eingesetzt.
Zwei F-16-Kampfjets aus amerikanischer Produktion bei einem Übungsflug. Bis sie im Ukraine-Krieg eingesetzt werden können, wird wohl noch einige Zeit ins Land gehen.Foto: Mindaugas Kulbis/AP/dpa
Von 30. Mai 2023

Die zehn F-16-Kampfflugzeuge der vierten Generation aus amerikanischer Produktion werden bei der geplanten Frühjahrsoffensive der Ukraine im Kampf gegen Russland wohl keine entscheidende Rolle spielen. Das hatten der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und General Mark Milley, der Vorsitzende des Joint Chiefs of Staff, bereits am 25. Mai nach einem Treffen der „Ukraine Defence Contact Group“ (UDCG) eingeräumt, wie die amerikanische Ausgabe der Epoch Times berichtete.

Anonymer US-Pilot: „F-16 macht keinen Unterschied“

Nach einem Bericht der „Frankfurter Rundschau“ teilt auch ein anonymer F-16-Pilot die Einschätzung der Pentagon-Größen zu den von Kiew heiß begehrten Düsenjägern: „Zu Ihrer Frage, ob die F-16 einen Unterschied macht. Das ist nicht der Fall“, habe der Praxisexperte im CNN-Interview erklärt.

Der Hauptgrund für seine Einschätzung liege vor allem in der zeitaufwendigen Ausbildung der ukrainischen Militärflieger: Um mit einer „dynamischen Bedrohungsumgebung“ fertig zu werden oder Formationsflüge zu absolvieren, seien Jahre der Ausbildung nötig.

Wer wann genau wie viele F-16 liefern wird, steht aber noch nicht fest. Wie der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, kürzlich bestätigte, solle diese Frage erst in den kommenden Monaten „mit unseren Verbündeten“ geklärt werden.

Bis dahin sollen ukrainische Piloten auf europäischem Territorium an der F-16 ausgebildet werden. Polen begann damit laut „Frankfurter Rundschau“ bereits am 23. Mai, wenige Tage nach der Erlaubnis durch Joe Biden. Zur Kampfjet-Koalition pro Ukraine gehören neben Polen auch die Niederlande, Großbritannien, Belgien, Dänemark, Portugal und Frankreich. Deutschland gehört nicht dazu, auch weil es keine F-16 besitzt.

Als Herstellerland kommt den Vereinigten Staaten eine Schlüsselrolle zu – nicht nur wegen ihrer eigenen großen Bestände. Die USA müssen auch jeden Export von F-16 aus den Beständen der Verbündeten genehmigen. Und sie haben auch Mitspracherecht darüber, wer daran ausgebildet wird.

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Zweifelhafte Chancen gegen modernere Russen-Jets

Doch nach Angaben der „Frankfurter Rundschau“ sind sich Militärexperten uneinig, ob der „Fighting Falcon“ überhaupt gut genug ist, um im Luftkampf mit den russischen Su-35-Maschinen zu bestehen: Die F-16 laufe immerhin bereits seit 1976 in Serie vom Band, die Su-35 als modernisierter Nachfolger der Su-27 erst seit 2008.

Der ehemalige britische Militäroffizier Frank Ledwidge habe gegenüber dem Magazin „Newsweek“ zu bedenken gegeben, dass der russische Jet Su-35 „speziell für den Abschuss“ von Düsenjägern wie der F-16 ausgelegt sei, schreibt die „Frankfurter Rundschau“.

Russische Luft-Luft-Raketen mit höherer Reichweite

Russische Wympel R-37-Langstreckenraketen könnten bis zu 300 Kilometer weit fliegen – weiter als alle verfügbaren amerikanischen, britischen oder israelischen Pendants. Falls es russischen Piloten also gelingen sollte, die F-16 in „einen Distanzkampf mit Mittel- und Langstreckenraketen“ zu verwickeln, könnte der US-Jet das Nachsehen haben. Das habe Andrew Curtis, ein pensionierter Luftkommodore der britischen Royal Air Force, im Newsweek-Gespräch bestätigt. Es komme also auch darauf an, mit welchen Luft-Luft-Raketen die F-16 bestückt werde. Deutsche IRIS-T-Kurzstreckenraketen würden zwar grundsätzlich passen, hätten aber nur eine Reichweite von etwa 25 Kilometern.

Ein weiteres Problem liege bei den Start- und Landebahnen: Da die F-16 bis zu 760 Meter brauche, müssten laut CNN bestehende Flugplätze in der Ukraine wahrscheinlich „repariert und ausgebaut“ werden. Das könne sie zu Angriffszielen für russische Raketen machen. In der Anfangsphase des Krieges seien beispielsweise der Militärflughafen von Starokostjantyniw und der Flughafen Iwano-Frankiwsk auf diese Weise beschossen worden.

F-16-Vorteil: Gute Ersatzteilversorgung

Der große Vorteil der amerikanischen F-16-Kampfjets liege wegen ihrer großen Verbreitung in den bereits lange etablierten Logistikketten: Ersatzteile seien an vielen Orten recht leicht zu bekommen.

Hätte er die freie Auswahl, dann würde der australische Luftwaffenoffizier Peter Layton allerdings ein anderes Kampfflugzeug für die Ukraine favorisieren, nämlich die schwedische Maschine „Saab JAS 39 Gripen“. Diese könne wegen ihres ABS-Systems „von kargen Stützpunkten“ aus operieren. Außerdem sei sie einfach zu warten, so Layton im CNN-Interview. „Allerdings ist ihre jährliche Produktionsrate gering und es gibt keine von der Stange.“

Hintergrund: USA geben Selenskyjs Drängen nach

Entgegen früherer Beteuerungen der Regierung Joe Biden soll die Ukraine im Kampf gegen Russland in einigen Monaten doch mit F-16-Kampfflugzeugen der vierten Generation ausgestattet werden dürfen. Das hatte Biden bereits am 19. Mai bekannt gegeben. Auch US-Fachkräfte würden ukrainische Soldaten für den Flugbetrieb und die Wartung ausbilden.

Bidens Entscheidung war wohl auf Drängen des europäischen Pro-Kampfjet-Lagers und des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gefallen: Dieser hatte während des G7-Treffens im japanischen Hiroshima eine direkte Gesprächsgelegenheit genutzt, um seiner seit Monaten andauernden Forderung Nachdruck zu verleihen.

„Ukraine Defence Contact Group“ vereint gegen Russland

Bei der „Ukraine Defence Contact Group“ (UDCG) handelt es sich um ein Bündnis aus 54 Staaten, die sich klar auf der Seite der Ukraine positionieren. Darunter auch Deutschland. Aus den UDCG-Ländern seien eigenen Angaben zufolge bislang mehr als 65 Milliarden US-Dollar in die Ukraine geflossen – für Ausrüstung, Munition, Ausbildung und andere Unterstützungsleistungen.

General Mark Milley, der Vorsitzende des Joint Chiefs of Staff, erläuterte damals erneut die Strategie der Amerikaner: Es sei effektiver, schneller und wirtschaftlich sinnvoller, den Schwerpunkt der aktuellen amerikanischen Hilfen weiter beim Aufbau der bodengestützten Luftverteidigung vor Ort zu belassen – mittels Luftverteidigungssystemen, gepanzerten Fahrzeugen und Munition. Denn allein die zehn nun zugesagten zehn F-16-Jets bedeuteten inklusive Unterhalt schon Kosten von insgesamt zwei Milliarden Dollar.

Auf der anderen Seite besäßen „die Russen […] Tausende von Kampfflugzeugen der vierten und fünften Generation“. Die zusätzliche Entsendung der einstrahligen F16-Mehrzweckkampfflugzeuge ziele von daher lediglich darauf ab, die Luftraumverteidigung Kiews in den kommenden Jahren zu gewährleisten.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärte, die UDCG-Kontaktgruppe sei noch immer „entschlossen und dauerhaft einig“, der Ukraine bei der Verteidigung und dem anschließenden Wiederaufbau Hilfe zu leisten.

Deutschland zögert – noch

Deutschland hatte vor gut einer Woche seine Haltung zum Thema Kampfjets aufgeweicht. Statt dem monatelangen strikten Nein wird derzeit über Art und Ausmaß der Mitarbeit in der F-16-Allianz debattiert. „Deutschland könnte sich bei der Grundlagenausbildung einbringen oder Flugplätze als Drehscheibe zur Verfügung stellen“, schlug etwa Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) vor, die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sieht derzeit aber „keine aktive Rolle“ Deutschlands, was die F-16 angeht. Es habe „weder die Ausbildungskapazitäten […] noch die Flugzeuge“. Deutschlands Luftwaffe verfügt über Tornados und Eurofighter, nicht aber über F-16.

Russland not amused

Für den russischen Außenminister ist die Debatte um F-16-Kampfflugzeuge für die Ukraine ein „Spiel mit dem Feuer“. Auch wenn Selenskyj immer wieder zusichere, dass die Ukraine keine Angriffe auf russischem Gebiet fliegen werde, handele es sich um eine „inakzeptable Eskalation“.

Unterdessen gehen die Kampfhandlungen weiter. Sowohl in Moskau als auch in Kiew soll es am 30. Mai Drohnenattacken gegeben haben.



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