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Reform im Gesundheitswesen

Neues Hausarzt-Modell: So will die Regierung sparen und Arzttermine steuern

Die Bundesregierung will Patienten stärker über Hausärzte zu Fachärzten steuern. Ministerin Warken bringt Gebühren für den direkten Facharztbesuch oder Boni für den Umweg über den Hausarzt ins Spiel – gekoppelt an eine Termingarantie. Gleichzeitig warnt der Europäische Rechnungshof weiter vor zunehmenden Arzneimittelengpässen.

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Zerstreut Sorgen über die Versorgung mit Medikamenten: Ministerin Warken.

Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

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Lesedauer: 5 Min.


In Kürze:

  • Regierung plant Hausarzt als zentrale Anlaufstelle für Facharzttermine
  • Diskussion über Gebühren für direkten Facharztbesuch oder Boni bei Überweisung
  • Termingarantie soll Wartezeiten verkürzen – notfalls Behandlung im Krankenhaus
  • Hausärzteverband begrüßt Reform: besonders ältere, chronisch Kranke profitieren

 
Die Bundesregierung arbeitet zurzeit an Modifikationen zum Steuerungssystem im Bereich der medizinischen Versorgung. So soll der Weg zum Facharzt für Patienten perspektivisch über die Hausärzte führen. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken plant, diese Entwicklung über finanzielle Anreize und erforderlichenfalls über Gebühren zu steuern – im Gegenzug soll es für die Betroffenen eine Termingarantie geben.

Diskussion über Gebühren für direkten Facharztbesuch oder Boni bei Überweisung

Derzeit gilt ein uneingeschränktes System der freien Arztwahl. Patienten steht es frei, sich im Vorfeld eines Facharztbesuchs erst eine Überweisung vom Hausarzt zu holen – oder direkt einen Facharzttermin zu vereinbaren. Die Folge davon ist eine erhebliche Belastung der Facharztpraxen. Vor allem für gesetzlich Versicherte kann das lange Wartezeiten auf Termine bedeuten.
Einige Krankenkassen bieten schon jetzt Hausarztprogramme an – diese sind jedoch freiwillig. Einen spürbaren Entlastungseffekt oder mehr Effizienz bewirken sie bislang nicht. Deshalb plant Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU), künftig auf finanzielle Impulse zu setzen. Im ZDF-„Morgenmagazin“ nahm sie am Donnerstag, 18. September, zur Stärkung des Primärarztsystems Stellung, zu dem sich die Koalition bereits frühzeitig bekannt hatte.
Warken warf in diesem Zusammenhang die Frage auf: „Wie ist es dann, wenn ich trotzdem direkt zum Facharzt möchte, muss ich das dann vielleicht mit einer Gebühr bezahlen?“ Ebenso könne man über einen Bonus sprechen, sollte jemand den vorgesehenen Weg zum Facharzt über den Hausarzt gehen.

Warken mahnt zur Geduld: Hausarzt „darf nicht zum Flaschenhals werden“

Union und SPD haben im Koalitionsvertrag ein „verbindliches Primärarztsystem bei freier Arztwahl“ vereinbart. Dabei soll der Hausarzt die Patienten bereits mit einem Termin innerhalb eines bestimmten Zeitraums an Fachärzte überweisen. Sollte ein solcher innerhalb eines bestimmten Zeitkorridors nicht zustande kommen, solle dem Patienten der Weg zu einem Facharzt in einem Krankenhaus offenstehen.
Warken warnt vor zu hohen Erwartungen bezüglich der Umsetzung des Vorhabens. Man müsse erst die Strukturen analysieren. Außerdem solle der Hausarzt „nicht zum Flaschenhals werden“. Die Ministerin erklärt zudem: Die Menschen sollten „nicht abgehalten werden, zum Arzt zu gehen“. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens solle die Steuerung perspektivisch erleichtern. Eine Schlüsselrolle sei auch den Apotheken zugedacht, die man in bestimmte Versorgungsaufgaben einbinden wolle.
Bislang gibt es Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen und zunehmend private Onlinedienste wie Doctolib als Optionen für Patienten, Termine bei Fachärzten zu buchen. Oftmals ist deren Tätigkeitsradius jedoch örtlich oder sachlich eingeschränkt – etwa auf dringliche Fälle oder eine bestimmte Region.

System des Hausarztes als Lotse bereits in Dänemark und Frankreich

Das von der Bundesregierung ins Auge gefasste System soll nun zu einer effizienteren, schnelleren und zielgenaueren Versorgung beitragen. Es soll Kosten sparen und die Versorgung vieler Patientengruppen optimieren. Der Zugang zu Fachärzten soll schneller, Doppeluntersuchungen vermieden werden. Der Bund hofft auf Einsparungen im Gesundheitswesen von bis zu 2 Milliarden Euro bis 2028.
Als Vorbilder für das Primärarztsystem gelten Frankreich und Dänemark. Der Hausarzt fungiert dort als Lotse, koordiniert die Terminvergabe und überweist, wo es geboten ist, Patienten zum Facharzt. Ausnahmen gelten lediglich für chronisch Kranke sowie bei Kinder- oder Frauenärzten.
Der Hausärzteverband begrüßt die geplante Reform. Deren Co-Vorsitzende Nicola Buhlinger-Göpfarth erklärte n-tv zufolge, man könne auf bestehenden Strukturen aufbauen. Angesichts bereits bestehender Hausarztprogramme müsse „das Rad nicht neu erfunden werden“. Vor allem ältere und chronisch kranke Menschen würden von dem Vorhaben profitieren, weil bei ihnen ein höherer Koordinierungsbedarf besteht.

Warken: Versorgung verbessert – aber immer noch Engpässe bei über 500 Arzneimitteln

Parallel zu den Strukturdebatten bleibt die Medikamentenversorgung ein Dauerthema. Zwar betonte Ministerin Warken gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, die Versorgung sei gesichert und habe sich bei Kinderarzneien verbessert. Der Europäische Rechnungshof warnte diese Woche, dass Europa in seinen Lieferketten bei vielen Präparaten stark von Asien abhängig sei.
In den Jahren 2023 und 2024 habe die Zahl der von EU-Staaten gemeldeten Engpässe einen Rekordstand erreicht. In Deutschland gelten aktuell über 500 Präparate als schwer verfügbar, darunter Antibiotika-Säfte für Kinder, das Asthma-Mittel Salbutamol und ADHS-Medikamente. Auch bei gängigen Schmerzmitteln wie Paracetamol oder Ibuprofen ist die Abhängigkeit von Asien hoch.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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