EU ist pikiert: Keine Sonderbehandlung mehr in den USA als internationale Organisation

In der Regierungszeit des US-Präsidenten Barack Obama wurde die EU, obwohl sie als internationale Organisation gelistet war, protokollarisch wie ein souveräner Staat behandelt. Die Regierung Trump hat dieses Privileg aufgehoben. Brüssel reagiert gekränkt.
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Weißes Haus, Washington DC, Residenz des US-Präsidenten.Foto: iStock
Von 10. Januar 2019

Die Europäische Union (EU) sieht sich durch eine jüngst von der US-Regierung veranlasste Veränderung im diplomatischen Protokoll brüskiert. Wie mehrere Medien, unter anderem BBC, berichtet hatten, hat Washington den diplomatischen Status des Staatenblocks in einer Weise behandelt, die einer Herabstufung gleichkomme.

Die Regierung unter Präsident Donald Trump habe Brüssel über diesen Schritt im Vorfeld nicht informiert, weshalb die EU eine Erklärung von den Amerikanern gefordert habe, erklärte EU-Sprecherin Maja Kocijancic.

Bislang, insbesondere in der Regierungszeit von Trump-Vorgänger Barack Obama, sei es gängige US-Praxis gewesen, Delegationen der EU und deren Botschafter in gleicher Weise zu behandeln wie die Vertreter souveräner Nationalstaaten, erklärte eine Quelle aus Brüssel gegenüber der BBC.

Nun wird die EU, die als internationale Organisation auf der entsprechenden Liste aufgeführt ist und dies auch zuvor schon gewesen war, der Quelle zufolge auch protokollarisch als solche behandelt. Internationale Organisationen wurde seit jeher ein niedrigerer diplomatischer Status zugemessen als Staaten. Die Liste als solche sei nicht verändert worden – nur deren Implementierung.

Keine Extrawürste mehr

Die protokollarische Verordnung des State Departments bezüglich der Rangfolge in den Aufrufen besagt, dass die Vorsitzenden internationaler Organisationen zwar als gleichrangig mit Staatsoberhäuptern oder Regierungschefs einzustufen sind, aber in der Aufrufsabfolge erst hinter den anwesenden Vertretern souveräner Nationen eingeordnet werden.

Aufgefallen war die Protokolländerung bei der Begräbniszeremonie für den verstorbenen Altpräsidenten George H.W. Bush im Vormonat. EU-Botschafter David O’Sullivan wurde nicht in der erwarteten Reihenfolge aufgerufen. Dem Protokoll zufolge müsse vom dienstältesten Diplomaten zum dienstjüngsten aufgerufen werden.

O’Sullivan, der seit 2014 im Dienst ist, hätte auf der Grundlage der zuvor eingehaltenen Praxis unter den ersten 30 der 150 anwesenden Diplomaten aufgerufen werden müssen, war jedoch der „New York Times“ zufolge als Letzter aufgerufen worden.

Ob angesichts dieser Erfahrung in dem einen oder anderen in Brüssel traumatische Erinnerungen daran hochgekommen sind, bei der Mannschaftswahl im Sportunterricht als Letzter übrig geblieben zu sein, ist ungewiss. Bei der EU hat die Abkehr von der Praxis der Obama-Ära jedenfalls unentspannte Reaktionen ausgelöst.

Einer Weltmacht in spe nicht angemessen

Augenscheinlich geht der Schritt in keiner Weise konform mit den Ambitionen des Staatenblocks, der – wie etwa der französische Präsident Emmanuel Macron bei seinem Besuch in Washington im April 2018 erklärte – sich selbst als künftige Weltmacht sieht, die gemeinsam mit den USA eine starke multilaterale Ordnung gewährleisten solle.

„Wir diskutieren gerade mit den relevanten Diensten in der Regierung mögliche Implikationen für die EU-Delegation in Washington“, äußerte Kocijancic gegenüber der BBC. „Wir sind über keinerlei Änderung benachrichtigt worden. Wir erwarten, dass die diplomatische Praxis, wie sie vor einigen Jahren eingerichtet wurde, beachtet wird.“

Wie „Associated Press“ berichtet, hat sich die EU-Delegation in den USA mittlerweile sogar mit einem Schreiben an Kongressmitglieder gewandt, in dem sie Kritik übte an der Herangehensweise der Regierung Trump an die Diplomatie gegenüber dem „langjährigen US-Verbündeten“.

Schritt „spielt rivalisierenden Weltmächten in die Hände“

Beide Seiten, so hieß es in dem Schreiben, sollten „einander nicht unterminieren“. Gewarnt wurde vor einer „zunehmend schädlichen Herangehensweise vonseiten des Weißen Hauses“ hinsichtlich der Beziehungen zur EU. Beanstandet wird auch das Lob des US-Präsidenten für stärker nationalistische Persönlichkeiten und Regierungen gegenüber Regierungsorganisationen wie der EU.

Schritte wie die Protokolländerung würden „rivalisierenden Weltmächten in die Hände spielen“ und „eher zu einer stärkeren Fragmentierung führen als zu der dringend gebrauchten Kooperation“.

Die Regierung Trump hätte „keinen ungünstigeren Zeitpunkt wählen können, um die EU zu attackieren“, klagt Marietje Schaake, die Vizechefin der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen gegenüber den USA, gegenüber AP.



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