Chinas Wirtschaftsflaute überschattet das Neujahrsfest

Leere Einkaufszentren und Züge während der wichtigen Neujahrsfesttage spiegeln die angespannte Wirtschaftslage Chinas wider.
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Bummelzug statt Hochgeschwindigkeit. Wegen der Wirtschaftsflaute bevorzugen viele Chinesen Regionalzüge. Hier am 20. Januar 2025 in Peking.Foto: Adek Berry/AFP via Getty Images
Von 29. Januar 2025

Das Jahr der Holz-Schlange hat begonnen. Heute ist der Neujahrstag nach dem chinesischen Mondkalender, ein Familienfest ähnlich dem westlichen Weihnachtsfest. Die 40-tägige Ferienzeit begann bereits am 14. Januar. Die Behörden schätzen, dass die Chinesen während dieser Zeit 9 Milliarden Reisen unternehmen werden.

Ähnlich wie die Weihnachtszeit im Westen ist das chinesische Neujahr eine Zeit für Reisen, Einkäufe und Geschenke. Nach zwei Jahren wirtschaftlicher Abschwächung spüren die Chinesen jedoch zunehmend die Einschränkungen in ihren Geldbörsen.

Die staatlichen chinesischen Medien haben in diesem Jahr über ein besonderes Phänomen berichtet. Das Neujahrsfest ist durch leere Hochgeschwindigkeitszüge und überfüllte Regionalzüge geprägt. Letztere sind wegen ihrer Außenfarbe auch als grüne Züge bekannt.

Die Fahrkarten für den „grünen Zug“ sind mindestens dreieinhalbmal günstiger. Die Fahrt dauert aber etwa dreimal so lange. Viele Menschen nehmen längere Fahrzeiten und weniger Komfort in Kauf, um Geld zu sparen.

In einer Umfrage vom November 2024 gaben etwa 80 Prozent der chinesischen Verbraucher an, Konsumverzicht zu üben. Die Umfrage wurde von dem japanischstämmigen Hakuhodo Institute of Life and Living Shanghai und der School of Advertising an der Communication University of China durchgeführt.

In den letzten zwei Jahren hat sich der Begriff Konsumverzicht in China zu einem geflügelten Wort entwickelt. Grund ist die schwächelnde Wirtschaft seit der Aufhebung der Null-COVID-Politik im Jahr 2022. Mit Konsumverzicht passen sich die Chinesen an die wirtschaftlichen Herausforderungen an.

Der Hauptgrund für die geringeren Ausgaben, den 59 Prozent der Befragten in der Rubrik Konsumverzicht angaben, ist ein Rückgang des Haushaltseinkommens oder des Vermögens. Der Gesamtindex der Verbrauchernachfrage fiel auf einer Skala von 100 von 74 im Jahr 2019 auf 67,3 im Jahr 2024.

Vor dem Jahreswechsel hoben viele Onlinevideos diesen Trend des Sparens hervor. Sie zeigten leere Einkaufszentren oder einen einzelnen Passagier in einem Hochgeschwindigkeitszug. Auf der anderen Seite zeigten sie eine große Anzahl Reisender in grünen Zügen, die zu Familientreffen nach Hause fuhren.

Verzwicktes Marketing

Chinesische Internetnutzer berichteten über ein seltsames Phänomen. Nachdem sie mit viel Aufwand ein Ticket für den Hochgeschwindigkeitszug ergattert hatten, erwarteten sie einen vollen Zug. Die Waggons waren aber fast leer. Einer von ihnen berichtete das von einer relativ beliebten Strecke.

Ursache des Phänomens war die schwache Wirtschaft, kombiniert mit einer ungewöhnlichen Marketingstrategie. Li, der bei der Chinesischen Bahn arbeitet, offenbarte am 24. Januar gegenüber NTD, dem Schwestermedium der Epoch Times, einige Details.

Er bestätigte, dass die Menschen auf den meisten Zugstrecken die grünen Züge überfüllen und die Hochgeschwindigkeitszüge meiden. Dies habe mit den finanziellen Problemen der meisten Menschen zu tun, die sich die teureren Zugtickets nicht mehr leisten könnten.

Um trotzdem den Eindruck einer hohen Nachfrage zu erwecken, hat das Hochgeschwindigkeitsbahnsystem in diesem Jahr eine neue Marketingstrategie eingeführt. Es gibt nur eine sehr begrenzte Anzahl von Tickets zum Verkauf frei. So sollten die Verantwortlichen in der Branche das Bild einer starken Nachfrage vermitteln können. Damit könnten sie sich gegenüber ihren Vorgesetzten und der Öffentlichkeit als leistungsstark präsentieren.

Eigentlich hätten sie dadurch nur eine ziemlich peinliche Situation vertuscht, so Li.

Weniger Wanderarbeiter, geringere Nachfrage

Chinesische Wanderarbeiter, eine Gruppe von etwa 300 Millionen Menschen, die ihre ländlichen Heimatdörfer verlassen, um in Küstenstädten zu arbeiten, machen einen Großteil des Urlaubsreisevolumens aus. Doch die wirtschaftliche Abkühlung bedeutete weniger Arbeitsplätze.

„Das Wirtschaftsklima in China ist derzeit schwierig“, sagte Huang Xin (Pseudonym), leitender Angestellter eines Internetunternehmens mit Sitz in Shanghai, der chinesischen Ausgabe der Epoch Times.

„Städte wie Dongguan und Suzhou, in denen einst viele ausländische Unternehmen ansässig waren, haben […] die Abwanderung dieser Unternehmen erlebt […]. Viele kleine und mittlere inländische Unternehmen haben […] ihre Fabriken geschlossen.“

Wang Kai (Pseudonym), ein Wanderarbeiter aus der ostchinesischen Provinz Anhui, sagte der chinesischen Ausgabe der Epoch Times: „Früher konnte ich mit meiner Arbeit in Shenzhen genug verdienen, um über Neujahr nach Hause zu fahren und meine Familie zu sehen. Aber jetzt habe ich nach einem Jahr harter Arbeit nicht viel verdient.“

Er verriet, dass Menschen wie er um Jobs kämpften, die weniger als 20 Yuan (etwa 2,75 US-Dollar) pro Stunde einbringen, und es schwierig geworden sei, die Grundausgaben für Essen und Miete zu decken. Da am Ende des Jahres nur noch wenig Geld übrig sei, hätten viele wie er beschlossen, über die Feiertage nicht nach Hause zu fahren.

Dennoch sei seine Situation nicht die schlimmste. Er habe immerhin einen Job, an dem er festhalten könne. Jahrzehntelange Schuldenprobleme auf dem Immobilienmarkt und bei den Kommunalverwaltungen hätten schließlich Bereiche wie den Bausektor zum Erliegen gebracht.

Dem Wanderarbeiterbericht 2023 des National Bureau of Statistics Chinas zufolge waren im Jahr 2021 55,57 Millionen Wanderarbeiter in der Bauindustrie beschäftigt. Bis 2023 war diese Zahl auf 45,82 Millionen gesunken – ein Rückgang von fast 10 Millionen oder 17,5 Prozent in nur zwei Jahren.

Einige Chinesen haben in den sozialen Medien Videos von leeren Einkaufszentren und Food Courts geteilt und gefragt: „Wo ist die festliche Stimmung an den Feiertagen?“

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „China’s Sluggish Economy Casts a Shadow Over Lunar New Year Travel“. (deutsche Bearbeitung jw)



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