Geld und Finanzen
EZB-Ratssitzung am Donnerstag: Leitzinsen dürften unverändert bleiben
Wie entwicklen sich die Leitzinsen weiter? Am 18. Juli gibt die EZB die neuen Daten bekannt. Fachleute rechnen nicht damit, dass sich dort groß etwas bewegt.

Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB).
Foto: Boris Roessler/dpa
Anfang Juni hatte die Europäische Zentralbank (EZB) erstmals seit knapp fünf Jahren wieder die Zinsen gesenkt – doch bei ihrer kommenden Sitzung am Donnerstag dürfte sie nach Einschätzung von Fachleuten nun wieder eine Pause einlegen.
Noch zu unvorhersehbar scheint die Entwicklung der Inflation, besonders im Dienstleistungsbereich. In einer beispiellosen Serie hatte die EZB ihre Leitzinsen zwischen Mitte 2022 und Oktober 2023 zehn Mal in Folge erhöht.
Aktueller Leitzins bei 4,25 Prozent
Zwischen Oktober und Juni legte die Notenbank dann eine Zinspause ein, bevor der EZB-Rat bei der vergangenen Sitzung entschied, die drei Leitzinsen um je 0,25 Prozentpunkte zu senken. Der zentrale Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB leihen können, liegt seither bei 4,25 Prozent.
Der Zinssatz zur kurzfristigen Beschaffung von Geld, der Spitzenrefinanzierungssatz, sank auf 4,5 Prozent. Der für Sparer relevante Einlagenzins verringerte sich auf 3,75 Prozent.
Dass nun bei den nächsten Sitzungen direkt weitere Zinsschritte folgen, hatte EZB-Chefin Christine Lagarde wiederholt in Frage gestellt. „Wir wissen, wo wir aktuell stehen, aber es wird weitere Hindernisse auf dem Weg geben“, sagte sie nach der vergangenen Ratssitzung Anfang Juni.
Die Zentralbanker würden sich auch in Zukunft auf die Daten zu Inflation, Aussichten und den Auswirkungen ihrer Geldpolitik verlassen und erst dann entscheiden, betonte Lagarde.
Werte deuten auf schwächeres Wachstum hin
Seit dem Juni-Treffen sind nach Ansicht des ING-Analysten Carsten Brzeski „nicht viele wichtige Daten veröffentlicht worden“. Die Werte, die es gibt, deuteten eher auf ein schwächeres Wachstum, eine niedrigere Gesamtinflation, aber eine „schleppende Kern- und Dienstleistungsinflation hin“. Das unterstrichen auch die „harten Daten“ aus dem Mai, die zeigten, dass die wirtschaftliche Erholung in der Eurozone an Schwung verloren habe.
Die Inflation im Euroraum lag zuletzt bei 2,5 Prozent, die Kerninflation ohne Nahrung, Energie, Alkohol und Tabak jedoch etwas höher bei 2,9 Prozent. Dienstleistungen waren sogar 4,1 Prozent teurer als im Vorjahresmonat.
Auch der Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib, erscheint die „Besonnenheit“ der EZB, voraussichtlich auf eine weitere Senkung zu verzichten, „angemessen“.
Für September erwartet sie dann aber einen weiteren Zinsschritt. „Wesentliche Voraussetzung ist jedoch, dass sich bis dahin die Anzeichen für eine Abschwächung des Lohnwachstums verdichten“, erklärte sie.
Um die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten auszugleichen, waren die Tariflöhne in der Europäischen Union und auch in Deutschland zuletzt deutlich gestiegen. „Das sorgt im arbeitsintensiven Dienstleistungssektor derzeit noch für überdurchschnittlichen Kostendruck“, so Köhler-Geib.
Brzeski erwartet bei der Sitzung am Donnerstag derweil keine Hinweise auf das weitere Vorgehen bei der übernächsten Sitzung im September. Das wäre „verfrüht, um nicht zu sagen unverantwortlich“, erklärte er. Für die EZB sei die Situation vor dem Treffen im September, vor dem es weitere Daten geben wird, nicht einfach: Einerseits kämpfe sie gegen die hartnäckige Teuerung, andererseits dürfe die Juni-Entscheidung nicht wie ein Fehler wirken. (afp/red)
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