Ministerpräsidenten blockieren Rundfunkbeitragserhöhung – ARD und ZDF ziehen vor Gericht

Der Streit um die Erhöhung des Rundfunkbeitrags zwischen ARD, ZDF und den Länderchefs geht weiter. ARD-Chef Gniffke verteidigt die Verfassungsbeschwerde, während die Länder eine Beitragserhöhung bis 2027 ablehnen. ZDF fordert ausreichende Finanzierung trotz Reformen.
Der Rat will nicht um Rundfunkbeitrag rütteln.
ARD und ZDF sollen sich nach dem Willen der Politik radikal verändern. Eine Beitragserhöhung wurde abgelehnt. ARD und ZDF haben nun in Karlsruhe geklagt.Foto: Ulrich Schepp/ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice/obs
Von 27. Dezember 2024

Der Streit um die Erhöhung des Rundfunkbeitrags zwischen ARD, ZDF und den Länderchefs sind bislang nicht ausgestanden: ARD-Chef Kai Gniffke rechtfertigt im Interview mit dem „Handelsblatt“ den Gang vors Bundesverfassungsgericht, um eine Erhöhung der Beiträge durchzusetzen. Zum Ende seiner zweijährigen Amtszeit als ARD-Vorsitzender zeigt er sich überzeugt, dass diese Maßnahme notwendig ist, um die gesetzlichen Ansprüche der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu sichern. „Gesetze gelten für alle – auch für diejenigen, die sie gemacht haben“, betonte Gniffke.

Die von ZDF und ARD eingereichte Verfassungsbeschwerde richtete sich ursprünglich dagegen, dass die Bundesländer bislang keinen entsprechenden Beschluss für eine Erhöhung des Beitrags gefasst haben und damit eine fristgerechte Anhebung zum 1. Januar 2025 nicht mehr möglich ist, hieß es damals in der Pressemitteilung der öffentlich-rechtlichen Sender.

Beitragsfestlegung ein mehrstufiges Verfahren

Aktuell liegt der Rundfunkbeitrag bei 18,36 Euro im Monat. Das Verfahren für die Festsetzung des Rundfunkbeitrags, das alle zwei Jahre durchgeführt wird, ist ein mehrstufiger Prozess:

Zuerst melden die öffentlich-rechtlichen Sender den Bedarf an, der aus ihrer Sicht notwendig ist, um den Auftrag zu erfüllen. Dieser wird dann von der „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs“ (KEF) geprüft. Die KEF ist ein unabhängiges Gremium, das aus 16 Sachverständigen besteht. Nach Abschluss der Prüfung gibt die KEF ihre Beitragsempfehlung an die Länder. Danach sind die Länder am Zug: Die endgültige Beitragsfestsetzung erfolgt durch einen von den 16 Landesregierungen zu unterzeichnenden Staatsvertrag, dem dann auch alle 16 Landesparlamente zustimmen müssen.

Im Februar hatte die KEF die Anhebung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent auf 18,94 Euro empfohlen. „Für die Beitragszahlerinnen und -zahler bedeutet dies eine Steigerung um 0,8 % pro Jahr. Damit liegt die Beitragsentwicklung deutlich unterhalb der aktuellen und auch unterhalb der von der Europäischen Zentralbank angestrebten Inflationsrate“, erklärte der Vorsitzende der Kommission, Prof. Dr. Martin Detzel, damals, laut einer Pressemitteilung, bei der Übergabe des 24. KEF-Berichts an die Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, am 23. Februar 2024 in Berlin.

Für die Beitragsperiode 2025 bis 2028 hatte die Kommission einen „finanzbedarfswirksamen Aufwand“ von insgesamt 41,653 Milliarden Euro für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten anerkannt, was jährlich 10,413 Milliarden Euro entspricht. Im Vergleich zur vorherigen Periode bedeutet das eine Erhöhung um knapp drei Milliarden Euro.

Prof. Dr. Detzel erklärte damals, dass diese Summe notwendig sei, um den gesetzlichen Auftrag von ARD, ZDF und Deutschlandradio weiterhin zu erfüllen, wobei Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit berücksichtigt wurden, um die Belastung der Beitragszahler möglichst gering zu halten.

Gemeldeter Finanzbedarf stark zusammengestrichen

Ursprünglich hatten die Rundfunkanstalten einen Finanzbedarf angemeldet, der einen monatlichen Rundfunkbeitrag von 19,94 Euro erfordert hätte. Die Kommission kürzte diesen Bedarf jedoch um fast zwei Drittel, insbesondere durch Einsparungen bei Personal- und Programmkosten sowie durch höhere Ertragsschätzungen.

Die Länderchefs hatten sich im Oktober bei einem Treffen in Leipzig auf umfangreiche Reformen für die ARD und das ZDF verständigt. Ziel der Reformpläne sei es, effizientere Strukturen zu schaffen und Kosten einzusparen – auch mit Blick auf die Entwicklung des Rundfunkbeitrags, wurde die Entscheidung damals begründet. „Qualitativ aufwerten, quantitativ begrenzen“ laute das Credo, erklärte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) damals. Mit den Reformen soll die Struktur der öffentlich-rechtlichen Sender effizienter gemacht werden, hieß es damals. Eine Entscheidung zur Erhöhung der Beiträge wurde vertagt.

Für ARD-Chef Gniffke ist die Grundrichtung der Reformen nachvollziehbar: „Die Reduzierung der Radiosender auf das Wesentliche halte ich für richtig, auch wenn dies schmerzhaft für unser Publikum sein wird“, sagte er dem „Handelsblatt“.

Die Zahl der Hörfunkprogramme der ARD wird von 69 auf 53 sinken, auch der SWR muss zwei seiner acht Sender einstellen. Gniffke betont, dass diese Entscheidungen mit Bedacht getroffen werden: „Wir wollen eine kluge Hörfunkflotte aus Information, Kultur und regionaler Vielfalt zusammenstellen, die alle Zielgruppen erreicht.“ Dennoch warnt er: „Wenn man einmal einen Kultursender einstellt, ist er für immer weg.“

Gniffke widerspricht im Interview dem Vorwurf, dass die ARD Beitragsgelder ineffizient verwendet. „Unser Geld geht ins Programm. Aber um Programme zu machen, braucht es auch bestimmte Verwaltungstätigkeiten.“ Effizienzsteigerungen seien ein zentrales Ziel, weshalb künftig alle Verwaltungsprozesse der ARD auf einer einheitlichen Softwarebasis laufen sollen.

Gang zum Gericht ein „unerfreulicher Akt“

Am 12. Dezember kamen die Ministerpräsidenten das letzte Mal in diesem Jahr zusammen. Auch die Erhöhung des Rundfunkbeitrags war auf der Ministerpräsidentenkonferenz ein Thema.

Das Ergebnis: Die Höhe des Rundfunkbeitrags soll vorerst bei 18,36 Euro bleiben. Aus Sicht der Länder soll der Beitrag in den Jahren 2025 und 2026 nicht steigen. Das teilte die brandenburgische Staatskanzlei im Nachgang in einer Pressemitteilung mit. Ab 2027 soll die Finanzierung dann neu geregelt werden.

Die Länder gingen davon aus, dass mit der Entscheidung die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gesichert werden kann. Der Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDF sei damit die Grundlage entzogen, hieß es weiter von der Staatskanzlei Brandenburg.

Weiter hätten die Ministerpräsidenten und -präsidentinnen in Berlin Änderungen im Modell beschlossen, wie der Rundfunkbeitrag generell festgesetzt wird. Der Rundfunkbeitrag soll dabei nicht infrage gestellt werden. Es soll aber künftig eine Art Widerspruchsmöglichkeit der Länder geben. Das soll das Verfahren insgesamt vereinfachen, wenn der Beitrag nur geringfügig steigen soll.

Über den Gang von ARD und ZDF nach Karlsruhe waren die Ministerpräsidenten allerdings nicht erfreut. Wie das Rechtsportal LTO schreibt, fügten die Länder Bayern und Sachsen-Anhalt dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz eine Protokollnotiz hinzu. Sie wollen den Staatsvertragsentwurf zur Finanzierung des Rundfunkbeitrags erst dann unterschreiben und ihren Landtagen zur Anhörung zuleiten, wenn ARD und ZDF die Verfassungsbeschwerde zurücknehmen.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer sagte, laut LTO, nach der Ministerpräsidentenkonferenz, es sei Konsens unter den allermeisten Ländern gewesen, dass man die Verfassungsbeschwerde als „unerfreulichen Akt“ ansehe. Auch, weil die Sender nicht bis zum Ministerpräsidententreffen im Dezember abgewartet haben. Er riet ARD und ZDF vor dem Hintergrund der Ergebnisse, für sich selbst zu überprüfen, ob die Klage noch notwendig ist.

Nicht auf das verzichten, was gesetzlich zusteht

ARD-Chef Gniffke verteidigt allerdings im „Handelsblatt“ die Verfassungsbeschwerde. „Unsere Aufsicht erwartet, dass wir nicht auf Ressourcen verzichten, die uns gesetzlich zustehen“, so Gniffke. „Wir wollen, dass das Bundesverfassungsgericht die jetzigen Beschlüsse der Politik darauf überprüft, ob sie mit der Verfassung übereinstimmen.“

Gleichzeitig hebt Gniffke hervor, dass die empfohlene Beitragserhöhung um 58 Cent im Jahr 2025 eine reale Kürzung bedeute. „Die Erhöhung liegt weit unter den Inflationsraten der Vergangenheit und wird auch absehbar darunterbleiben.“

Ähnlich hatte sich auch ZDF-Chef Norbert Himmler nach Bekanntwerden des Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz geäußert. Wie „ZDFheute“ berichtete, begrüßte der Intendant das geplante neue Modell der Beitragsfestsetzung. „Wir begrüßen es sehr, dass die Länder sich heute auf ein neues Modell der Beitragsfestsetzung geeinigt haben ab 2027“, so Himmler. „Allerdings, was sie heute nicht entschieden haben, ist die Umsetzung der KEF-Empfehlungen ab Januar 2025 – und genau dagegen richtet sich unsere Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe.“

Himmler betonte weiter: „Das ZDF ist sehr reformbereit. Wir sind mitten in der größten Reformumstrukturierungs-Phase unserer Geschichte, sehr unterstützt auch von unseren Gremien.“ Allerdings braucht man eine ausreichende Finanzierung, „um die Qualität unseres Programms auch allen Zuschauerinnen und Zuschauern bieten zu können.“

75 Prozent der Deutschen finden Beiträge zu hoch

In diesem Zusammenhang dürfte die Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Nachrichtenportals „t-online“ von Anfang des Jahres interessant sein. Unter anderem wollten die Meinungsforscher wissen: „Ist die Höhe des Rundfunkbeitrags von monatlich 18,36 Euro Ihrer Meinung nach eher zu niedrig oder eher zu hoch?“

Drei Viertel (75 Prozent) der Deutschen gaben damals an, dass die Höhe des Rundfunkbeitrags von monatlich 18,36 Euro zu hoch sei. Rund ein Fünftel, exakt 19 Prozent, hielt die Höhe des Rundfunkbeitrags für genau angemessen. Nur vier Prozent der Befragten hielten ihn für zu niedrig.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion