Skandal um Prestigeprojekt: E-Fähre wird zum Millionengrab
In Schleswig-Holstein stehen der Landesbetrieb für Küstenschutz (LKN) und die schwarz-grüne Landesregierung in der Kritik. Grund dafür sind Mehrkosten in Millionenhöhe, die unzutreffende Einschätzungen bezüglich der „Missunde“-Fähren auf der Schlei verursacht haben. Es besteht der Verdacht, die Politik habe aus ideologischen Gründen eine funktionstüchtige Fähre durch ein „klimaneutrales“, aber nicht einsatzfähiges Prestigeprojekt ersetzt.
Aus Ersatzprojekt wurde deutlich teureres Großvorhaben
Wie der NDR berichtet, hatte 2019 eine Machbarkeitsstudie im Auftrag der Landesregierung der seit 2003 betriebenen Dieselfähre „Missunde II“ einen „überdurchschnittlich schlechten Zustand“ attestiert. Eine Sanierung, so das beauftragte Konstruktionsbüro Buchloh aus Rheinland-Pfalz, wäre gegenüber der Errichtung eines neuen Schiffs unwirtschaftlich.
Beides lasse Kosten von etwa 1,7 Millionen Euro erwarten. Die Studie selbst kostete damals 106.000 Euro.
Das Büro wurde auch umgehend mit der Planung einer neuen Fähre zwischen den Orten Missunde und Brodersby-Goltoft beauftragt. Ein Jahr später entwickelte es gemeinsam mit dem Land ein noch ehrgeizigeres Projekt. Die „Missunde III“ solle gleich größer dimensioniert sein als das Vorgängermodell.
Die neue Seilfähre solle doppelt so groß, vollelektrisch und mit Solardach ausgestattet sein, und sie soll sogar Reisebusse und Landmaschinen über die Schlei bringen können. Dies solle zeitintensive Umwege ersparen. Der Fahrpächter soll allerdings schon zu einem frühen Zeitpunkt darauf hingewiesen haben, dass diesbezüglich nur wenig Nachfrage bestehe und mit keiner deutlich höheren zu rechnen sei.
„Missunde II“ musste trotz angeblich schlechten Zustands in Betrieb bleiben
Der LKN räumte gegenüber NDR ein, dass es im Vorfeld keine Untersuchungen zur Verkehrsentwicklung gegeben habe. Derzeit befördere die Missunde-Fähre jährlich bis zu 120.000 Fahrzeuge und 50.000 Fahrräder über die Schlei. Der geplante Bau eines größeren Schiffs war nach Ansicht des Landes jedoch auch erforderlich, um die Fähre gegenüber Havarien widerstandsfähiger zu machen.
Im März 2021 war die größere Fähre beschlossene Sache, im Moment der Ausschreibung ging man von etwa 2,5 Millionen Euro an Kosten aus. Das wirtschaftlichste Angebot, das hereinkam, war jedoch eines für 3,3 Millionen von der Schiffswerft Barthel GmbH. Da die Fährerlaubnis für die „Missunde II“ im Oktober 2022 ablaufen sollte, sollte das neue Schiff zu diesem Zeitpunkt fertig sein.
Allerdings kam es nicht dazu. Mehrere Faktoren verzögerten eine rechtzeitige Inbetriebnahme. Erst dauerte der Umbau der Rampen länger als geplant, dann spielte das Wetter nicht mit – und aufgrund des Ukraine-Krieges seien elektrische Komponenten nicht lieferbar gewesen.
Den Betrieb aufrechterhalten musste die angeblich in einem „überdurchschnittlich schlechten Zustand“ befindliche „Missunde II“ aufgrund einer Ausnahmegenehmigung. Die Tragfähigkeit war aus Sicherheitsgründen bereits auf 7,5 Tonnen statt wie zuvor 22,5 Tonnen beschränkt worden.
Neue Fähre soll „Konstruktionsfehler“ aufweisen
Erst Anfang 2024 konnten die ersten Testfahrten der „Missunde III“ beginnen. Dabei stellte sich heraus, dass es Probleme beim Anlanden bei schlechten Witterungsbedingungen gab. Insbesondere bei starkem Wind und starker Strömung brauchte die Fähre einen breiteren Anleger. Diesen herzustellen, nahm noch einmal zusätzliche Kosten von rund 100.000 Euro in Anspruch. Dennoch fand am 31. Januar die Schiffstaufe statt – bis Mitte März wollte man die Fähre in Dienst stellen.
Die „Missunde II“ wurde hingegen schon im Februar für 17.000 Euro an einen dänischen Interessenten verkauft. Die unvorteilhaften Gutachten über den Zustand des Schiffs dürften diesem eine günstige Ausgangsposition verliehen haben, um den Preis zu drücken.
Unterdessen blieben die Anlegeprobleme der „Missunde III“ bei Windstärken von 3 aufwärts erhalten. Selbst die Optimierung der Rampen und Anlegestellen konnte die Herausforderung nicht beseitigen. Bald machte die Rede von „Konstruktionsfehlern“ die Runde.
Im April kaufte das Land nach mehreren Wochen des hinhaltenden Widerstands die „Missunde II“ infolge öffentlichen Drucks für vorerst 50.000 Euro zurück. In der Hoffnung, dass das Nachfolgemodell bis September 2024 funktionstüchtig ist, räumte man dem Eigentümer ein Rückkaufsrecht ein. Außerdem solle ab Herbst für den Fall, dass man die „Missunde II“ weiterhin benötigen würde, eine monatliche Miete von 5.000 Euro anfallen.
Gerichte sollen Verantwortung für „Missunde“-Debakel klären
Wie sich herausstellen sollte, wird sie benötigt – und deshalb bezahlte das Land dem dänischen Vertragspartner noch einmal 50.000 Euro, sodass das Schiff wieder dem LKN gehört. Neuer anvisierter Starttermin für die „Missunde III“ ist Ende 2025. Bis dahin soll das Dieselmodell weiterbetrieben werden und möglicherweise auch darüber hinaus. Sicherheitshalber hat das Land beim Bund eine verlängerte Betriebserlaubnis bis 2028 erwirkt.
Die Kosten für „Missunde III“ übersteigen bereits jetzt den ursprünglich kalkulierten Wert um 700.000 Euro. Wer für das Debakel die Verantwortung trägt, will das Wirtschaftsministerium rechtlich prüfen lassen. Anwohner sammeln derweil bereits Unterschriften für einen dauerhaften Weiterbetrieb des Dieselmodells.
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