Australien verbietet Kindern soziale Medien – ähnliche Forderungen in Deutschland
Als weltweit erstes Land hat Australien Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zugang zu bestimmten sozialen Medien per Gesetz verboten. Der Senat in „Down Under“ verabschiedete den Entwurf am Donnerstag, 28. November, wie die englischsprachige Ausgabe der Epoch Times mitteilte.
Australischer Senator hält Eingreifen der Regierung für angebracht
Sobald die Regelung in Kraft tritt, ist den jungen Australiern der Zugang zu Plattformen wie TikTok, Facebook, Instagram, Snapchat und Reddit verwehrt.
Die großen Techfirmen sind zudem angehalten, eine Technologie zur Überprüfung des Alters einsetzen, um die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen. Erlaubt sind hingegen weiterhin bestimmte Social-Media-Programme, darunter YouTube und Bildungs-Apps.
Die Mitte-Links-Labor-Regierung erreichte die Verabschiedung des Gesetzes mit Unterstützung der Mitte-Rechts-Liberal-National-Koalition in einem Blitzverfahren am letzten Sitzungstag des Parlaments in diesem Jahr.
Der liberale Senator Dave Sharma betonte im Senat, dass Eltern Unterstützung beim Umgang mit den sozialen Medien ihrer Kinder benötigen. „Ich glaube, dass Eltern dabei Hilfe benötigen, und deshalb denke ich, dass ein Eingreifen der Regierung angebracht ist“, sagte er.
Dies sei teilweise auch deshalb so, „weil Eltern mit der Allgegenwart von Telefonen und elektronischen Geräten zu kämpfen haben“. Den Vorschlag, Kindern das Telefon wegzunehmen oder sie nur mit einem ohne Apps auszustatten, halte er nicht für besonders realistisch.
Grüner Senator kritisiert das Gesetz als zutiefst fehlerhaft
Heutzutage erwarte man von den Kindern, dass sie erreichbar seien. Das, so Sharma weiter, gilt vorwiegend für Familien, in denen beide Elternteile arbeiten und oft nicht zu Hause seien, wenn die Kinder von der Schule kommen.
Der Senator räumte aber auch ein, dass die sozialen Medien für Kinder auch einen gewissen Nutzen haben. So bieten sie die Möglichkeit, mit Freunden in Kontakt zu bleiben. Das habe sich während der COVID-19-Pandemie gezeigt, als Kinder und Jugendliche nicht zur Schule gehen und ihre Kontakte nur durch Messenger-Plattformen und soziale Medien aufrechterhalten konnten.
Auch Menschen, „die geografisch oder sozial isoliert sind“, hätten über die virtuellen Angebote Möglichkeiten, eine Gemeinschaft aufzubauen, „die ihnen in der realen Welt vielleicht nicht zur Verfügung steht“, sagt Sharma.
Der Senator der Grünen, David Shoebridge, kritisiert den Gesetzentwurf als „zutiefst fehlerhaft“. Er sei ein Vorschlag, der von Leuten zu stammen scheine, „die noch nie im Internet waren“.
Arbeitsministerin Jenny McAllister erklärte in ihrer Parlamentsrede (Seite 112), die Regierung sei „zu dem Schluss gekommen, dass das Umfeld der sozialen Medien in seiner jetzigen Form nicht altersgerecht ist, bis ein Kind 16 Jahre alt wird“. Entscheidend sei, dass das Gesetz eine zwölfmonatige Umsetzungsfrist vorsieht, damit die „neue und weltweit führende Reform“ mit der notwendigen Sorgfalt umgesetzt werden kann.
Plattformen droht eine Strafe bis zu 50 Millionen australischen Dollar
Binnen der Jahresfrist sind soziale Medienplattformen nun verpflichtet, „angemessene Schritte“ zu unternehmen, um australischen Kindern und Jugendlichen die Einrichtung eines Kontos zu verwehren.
Unternehmen, die sich nicht daran halten, drohten hohe Bußgelder von bis zu 50 Millionen australischen Dollar (rund 30,8 Millionen Euro). So wolle man erreichen, dass diese die Altersbeschränkung auch ernst nehmen (Seite 7). Soziale Medienplattformen müssen auch eine Technologie zur Überprüfung des Mindestalters der Nutzer einführen. Wie sie das letztlich kontrollieren, schreibt ihnen das Gesetz nicht vor.
Die Vereinigung „Catholic School Parents Western Australia“ argumentierte ebenfalls, dass soziale Medien das Verhalten von Kindern beeinflussen könnten. „Eltern sind besorgt, dass Kinder und Jugendliche gegenüber einigen Inhalten, die sie sehen, desensibilisiert werden und dass dies zu einem verzerrten Verständnis ernster Themen führt“, sagten Vertreter der Interessengruppe.
Laut einer Umfrage der australischen Regierung unter 21.000 Personen hatten 87 Prozent ein Mindestalter für soziale Medien befürwortet.
Musk: Australien kontrolliert sein Volk
Auch X-Chef Elon Musk schaltete sich in die Debatte ein und reagierte auf einen Beitrag von Premierminister Anthony Albanese, der das Verbot anpries.
„Es scheint ein Hintertürchen zu sein, um den Internetzugang aller Australier zu kontrollieren“, schrieb Musk auf seinem X-Account. Dabei bezog er sich auf die mögliche Einführung eines digitalen Passes (digital ID) oder einer Altersüberprüfungstechnologie.
Wagenknecht für Altersbegrenzung in Deutschland
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sieht den Beschuss der australischen Regierung als Vorbild für eine Regelung in Deutschland. „Wir sollten unsere Kinder und Jugendlichen besser vor den Techkonzernen und ihren Social-Media-Plattformen schützen“, sagte sie dem „Tagesspiegel“.
Die Debatte, die in Australien geführt wird, „benötigen wir auch in Deutschland“. Gerade gegenüber den Jüngsten habe die Politik eine Schutzverantwortung, sagte Wagenknecht. „Dazu gehört die körperliche und psychische Gesundheit.“ Es gehe nicht darum, Jugendlichen das Smartphone wegzunehmen.
Aber immer mehr Kinder und Jugendliche leben in einem virtuellen Paralleluniversum. Sie entwickeln Abhängigkeiten, die Algorithmen der Konzerne treiben sie in Depressionen.“
WHO: Studie ist Anlass zur Sorge
Ende September 2024 hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die Anlass zur Sorge über die Auswirkungen sozialer Medien auf die psychische Gesundheit von jungen Nutzern gab. 2022 wurden dazu fast 280.000 junge Menschen im Alter von 11, 13 und 15 Jahren in 44 Ländern und Regionen in Europa, Zentralasien und Kanada befragt.
Zu den laut WHO wichtigsten Erkenntnissen gehört, dass elf Prozent der Befragten Probleme hatten, die Nutzung sozialer Medien zu kontrollieren. Dabei sind Mädchen mit 13 Prozent stärker betroffen als Jungen (neun Prozent). Mehr als ein Drittel (36 Prozent) der jungen Menschen gab an, ständig online mit Freunden in Kontakt zu stehen. Am häufigsten war das bei 15-jährigen Mädchen (44 Prozent) der Fall.
Etwas mehr als ein Drittel (34 Prozent) spielte täglich, wobei mehr als jeder Fünfte (22 Prozent) mindestens vier Stunden lang zockte. Ein problematisches Spielverhalten war bei Jungen (16 Prozent) mehr als doppelt so häufig wie bei Mädchen (sieben Prozent).
Altersgrenze: Keine Mehrheit bei anderen Parteien
Wo genau die Altersgrenze liegt und wie streng die Regeln ausfallen sollen, ließ Wagenknecht offen. „Klar ist: Die Digitalkonzerne haben daran mitzuwirken, technische Lösungen zu präsentieren, die die Nutzung durch Kinder und Jugendliche wirksam erschweren“, sagte die BSW-Chefin. Sie sieht das Thema als Aufgabe für die Zeit nach der Neuwahl. „Die nächste Bundesregierung muss ein Social-Media-Gesetz vorlegen, das in eine ähnliche Richtung wie [das von] Australien geht.“
Andere Fraktionen lehnen Wagenknechts Forderung ab, schreibt der „Tagesspiegel“. Nach Ansicht des medienpolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion, Thomas Hacker, löst eine Altersgrenze das Problem nicht. Vielmehr würden die Symptome „nur auf eine andere Alterskohorte“ verschoben. Ältere seien kaum besser auf den Umgang mit Desinformation, Gewalt und Hassreden im Netz vorbereitet. Ihnen müsse man Medienkompetenz vermitteln, sie müssten lernen, Verantwortung zu übernehmen.
„Statt Menschen auszusperren und so Probleme zu verschieben, sollte man die Rahmenbedingungen verändern und Verstöße gegen die Netiquette entsprechend sanktionieren“, meint Hacker und nannte als bereits existierendes Beispiel auf europäischer Ebene den „Digital Services Act“. Damit werden Betreiber von Plattformen unter anderem dazu verpflichtet, für mehr Transparenz und Meldemöglichkeiten zu sorgen. Auch illegale Inhalte sollen schneller gelöscht werden.
Der Kinder- und Jugendschutz sei ein Schwerpunkt bei der Umsetzung des Digital Services Act gewesen, meint die Vorsitzende des Ausschusses für Digitales der Grünen, Tabea Rößner. „Es wäre dagegen nicht sinnvoll, ein nationales Gesetz zu verabschieden“, meint sie. Bei Lücken müsse die EU nachbessern.
Gegen ein Verbot spricht sich auch die medienpolitische Sprecherin der Linken, Petra Sitte, aus. Dadurch würden Jugendliche spät und unvorbereitet mit Medien konfrontiert. Sie müssten den Umgang damit lernen und betonte zudem: „Natürlich benötigen wir einen wirksamen Jugendschutz im Internet.“
Verbote und Reglementierungen auch in anderen Ländern geplant
Auch in den USA bahnt sich möglicherweise ein Social-Media-Verbot für Kinder und Jugendliche an. Der künftige Präsident Donald Trump nominierte dieser Tage die Ärztin Janette Nesheiwat für das Amt des „Surgeon General“ (Generalärztin der Vereinigten Staaten). Sie ist eine entschiedene Gegnerin der Nutzung von sozialen Medien durch Kinder und Jugendliche. Gegenüber der „Washington Post“ sagte sie:
Meiner Meinung nach sollten die sozialen Medien für alle Teenager und Kinder verboten werden, weil sie nichts als Schaden anrichten.“
In einem Interview kurz nach dem Attentat auf Donald Trump Mitte Juli während einer Kundgebung in Pennsylvania brachte sie die Nutzung sozialer Medien mit Gefühlen der Einsamkeit und Feindseligkeit unter jungen Menschen in Verbindung. „Die sozialen Medien haben einen enormen negativen Einfluss auf alle Aspekte der Gesellschaft, insbesondere auf die jüngeren Generationen“, sagte sie damals.
Bereits im März 2024 hatte der republikanische Gouverneur Florida, Ron DeSantis, ein Gesetz unterzeichnet, das es unter 14-Jährigen verbietet, Accounts in Onlinenetzwerken zu eröffnen. Bei 14- und 15-Jährigen müssten die Eltern zustimmen.
In Italien drängt eine Gruppe von Pädagogen auf ein solches Verbot. Auch Spanien plant, das Mindestalter für die Nutzung sozialer Medien auf 16 Jahre festzulegen. Frankreichs Präsident Macron möchte Kinder unter 15 Jahren generell keine Smartphones nutzen lassen.
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