Bäckereien und Handwerk kämpfen ums Überleben

Steigende Energiepreise, Inflation und hohe Rohstoffpreise treffen Bäckereien hart. Entlastungen kamen bisher nicht an – besonders Familienbetriebe haben zu kämpfen.
Titelbild
Frisch gebackenes Brot auf Schaufel in Bäckerei.Foto: JackF/iStock
Von 13. November 2022

Die Energiekrise wirkt sich nicht nur finanziell, sondern auch mental aus. Bäckermeister und Mitglied des Landesinnungsverbands für das Württembergische Bäckerhandwerk, Martin Reinhardt, berichtet über das Top-Thema unter den Kollegen: Wo kann man noch Energie sparen? „Wir haben drei Energieträger bei uns im Betrieb – Gas, Heizöl und Strom. Ab dem 1. Januar haben wir neue Gasverträge. Steigende Preise des Heizöls haben uns schon in den letzten Monaten sehr hart getroffen“, so der Bäckermeister gegenüber der Epoch Times.

Seit 1988 leitet er die Bäckerei Reinhardt, in welcher jeden Tag frische Backwaren angeboten werden. In den Jahren vor der Energiekrise habe es nie Probleme mit Energiepreisen gegeben. Die Sprünge in den Energiepreisen bezeichnet er als „Neuland“.

Sparen könne der Bäckereibetrieb nur bedingt. Die Beleuchtung wurde schon lange vor der Energiekrise auf LED-Technik umgestellt. Außerdem versuchen die Bäcker, die Öfen voll auszulasten, keine halben Öfen mehr zu backen, Nachbacken am Mittag zu vermeiden und Routen so zu planen, dass nur noch einmal gefahren werden muss. Nachteilig wirke sich das in erster Linie auf die Frische der Backwaren aus. Zweitens sei der Einsparungseffekt marginal. „Wir merken es fast nicht. Die monatlichen Abrechnungen des Stroms sind nur leicht gesunken.“

Energiepreise: Bisher keine Entlastungen für Handwerk

Mit dem dritten Entlastungspaket, welches Anfang September von der Bundesregierung vorgestellt wurde, sollen private Haushalte und Unternehmen um rund 65 Milliarden Euro entlastet werden. Unter anderem soll eine Strompreisbremse eingeführt werden. Außerdem soll es zum 1. Dezember Einmalzahlungen von 300 Euro an Rentner geben, das Kindergeld und der Kinderzuschlag werden zum 1. Januar angehoben und Studenten und Auszubildende erhalten eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro. Für den Dezember kündigte die Bundesregierung an, dass Gaskunden im Dezember keine Abschlagszahlungen leisten müssen. Der Staat wird diese bezahlen.

Und was ist mit dem Handwerk? Handwerksbetriebe seien bei den Hilfen zu wenig beachtet. Der Handwerkspräsident des Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, nennt das Entlastungspaket der Regierung für Handwerksbetriebe „eine Enttäuschung“. Ab März soll eine Gas- und Wärmepreisbremse gelten. Diese sieht eine Deckelung des Gaspreises von 12 Cent vor. Für Industrien soll die Gaspreisbremse hingegen schon ab Januar gelten. Weiter sagt er: „Es ist nicht nachzuvollziehen, dass die Dringlichkeit einer Unterstützung für unsere Handwerksbetriebe nicht berücksichtigt und mögliche Entlastungen erst zeitverzögert angegangen werden.“

Der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des deutschen Bäckerhandwerks betont: „Wir hoffen, dass unser Appell, auch für Februar und Januar auf die Abschlagszahlungen für Gaskunden zu verzichten, ernsthaft geprüft und schnell umgesetzt wird, um die Winterlücke für die Betriebe zu schließen.“

Der Bäckermeister kritisiert zudem: „Es muss von Gas, Strom und Heizung geredet werden.“ Eine Gaspreisbremse allein würde das Problem nicht beheben. Beim Strom habe sein Betrieb das Glück, dass der Vertrag noch zwei Jahre laufe. Bisher ist der durchschnittliche Strompreis im Jahresmittel 2022 um 15,5 Prozent höher als 2021. Für 2023 plant die Bundesregierung einen Strompreisdeckel bei 40 Cent. „Das ist immer noch zu hoch“, sagt Reinhardt. „Wir bezahlen momentan sechs Cent. 40 Cent wären das Sechs- bis Siebenfache, was man bezahlen müsste.“ Diesen Betrag müsste die Bäckerei auf die Kunden umlegen, was die bisherige Zurückhaltung der Kunden verstärken würde. Ein Bio-Brot beispielsweise kostet in Berlin bereits über sieben Euro.

Wohlstand schwindet, Unzufriedenheit steigt

Spar-Maßnahmen befürwortet auch Wirtschaftsprofessor Niko Paech. Seine Prognose ist, dass die Wirtschaft schrumpft beziehungsweise weniger wachsen wird. Er hofft nach eigenen Worten, „dass der Wohlstand sinkt, weil er ökologisch ruinös ist“ und fordert eine „gerechte Verteilung von Wohlstand“.

Der Großteil der deutschen Bevölkerung scheint dies allerdings anders zu sehen und nicht hinter den Sparmaßnahmen der Bundesregierung zu stehen. So befürchten laut einer Umfrage des mdr acht von zehn Personen einen Verlust ihres Lebensstandards und 54 Prozent sprechen sich für eine Heizgrenze in Arbeitsräumen aus. Für den Großteil der Bevölkerung sind die bisherigen Entlastungen nicht ausreichend. Eine Umfrage des SWR ergab, dass 73 Prozent der Bürger in Baden-Württemberg mit den bisherigen Bemühungen der Bundesregierung zur Entlastung der Bürger wegen steigender Preise weniger oder gar nicht zufrieden sind. 25 Prozent hingegen sind zufrieden oder sehr zufrieden.

Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium, Franziska Brantner (Grüne), glaubt nicht, dass es zu einem Schrumpfen der Wirtschaft kommen werde. Erstens würden die Hilfspakete verhindern, dass Betriebe und Industrien insolvent gehen – somit leisten sie in der Zukunft weiterhin ihren Beitrag für die Wirtschaft. Außerdem würden die erneuerbaren Energien ausgebaut werden, wodurch es zu einem nachhaltigeren, resilienteren Wohlstand komme und Deutschland nicht mehr von Energiezulieferern abhängig sei.

Weniger Kunden – höhere Kosten

Im Tagesgeschäft der Bäcker ist man nicht so optimistisch. Um von den Preisen unabhängig zu sein, würde auch Bäckermeister Reinhardt gerne Photovoltaikanlagen auf das Dach seiner Backstube bauen lassen. Die von ihm beauftragte Handwerksfirma habe allerdings 40 Aufträge vor seinem abzuarbeiten.

Steigende Energiepreise sind allerdings nicht das einzige Problem für Betriebe. „Anfangs war es so, dass bei uns die Rohstoffpreise explodiert sind“, erzählt der Bäckermeister und ergänzt, dass die Energiepreise zunächst nachrangig waren. Brot und Getreideerzeugnisse sind von September 2021 bis September 2022 laut Statistischem Bundesamt 18,7 Prozent teurer geworden. Molkereiprodukte und Eier stiegen um 29,1 Prozent, Speisefette und Speiseöle nahmen um 49 Prozent zu.

Die Inflation steht derzeit bei 10,4 Prozent und ist damit so hoch, wie noch nie. Gefühlt bewege sich die Inflation laut einer repräsentativen Umfrage der IU internationale Hochschule sogar auf 34 Prozent. „Die Inflation merken wir bei uns seit Mai“, erzählt Reinhardt. „Die Kunden kaufen in der Masse und Frequenz weniger bei uns ein. Das heißt, sie kommen anstatt siebenmal nur noch fünf oder sechsmal in der Woche zu uns. Außerdem kaufen sie zum Beispiel Brot und Brötchen, das Stück Kuchen sparen sie sich aber.“

Ein weiteres Problem seien außerdem höhere Kosten wegen des gestiegenen Mindestlohnes. Und: Die Bäckerei Reinhardt sei auf Aushilfen angewiesen – an welchen es mangelt. „In der Backstube sind wir sehr gut aufgestellt“, erzählt Reinhardt der Epoch Times. „Aber wir merken den Fachkräftemangel im Verkauf. Bestimmte Zeiten sind schwerer zu besetzen. Teilweise müssen wir in einem Café oder einer Filiale einen Ruhetag einlegen.“

Positiv in die Zukunft gehen

Steigende Energiekosten, hohe Rohstoffpreise und der Fachkräftemangel spielen zusammen und es sei derzeit keine große Besserung in Sicht, so der Bäckermeister. Er betont aber: „In jeder Krise steckt eine Chance. Wir versuchen Arbeitsabläufe zu optimieren und Arbeitsschichten attraktiv zu gestalten.“ Trotz der hohen Herausforderungen möchte er aus den Schwierigkeiten lernen. Dennoch sagt er, dass es im Moment ein schwerer Kampf ist.



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